Autor | Tom Finnek |
Titel | Gegen alle Zeit |
Serie | London Band 2 |
Seitenzahl | 541 |
Verlag | Bastei Lübbe |
ISBN | 978-3-404-16812-5 |
Bewertung |
Inhalt
London, 1724: Mit einem Brummschädel und ohne Erinnerungen an den letzten Abend wacht Henry Ingram eines Morgens im Keller eines Londoner Ginhauses auf. Er weiß nur, dass er noch auf der Bühne gestanden und bei einer Aufführung der Bettleroper mitgewirkt hat – sogar sein Kostüm trägt er noch. Und so hält er auch die Kleidung der Personen um ihn herum für Kostüme, die Gebäude der Stadt für Kulissen, bis er nicht drumherum kommt, diese als echt zu akzeptieren. Doch das hieße, dass er durch die Zeit gereist sein muss, denn er ist ein Mensch des 21. Jahrhunderts!
Meine Meinung
In diesem Zeitreiseroman beschreibt Tom Finnek eindrucksvoll das Leben der Menschen der Unterschicht Londons im 18. Jahrhundert. Man kann den Unrat schon fast riechen, so anschaulich wird die Umgebung beschrieben. Die Hauptpersonen (bis auf Henry natürlich) sind historisch belegt, sie waren die Vorbilder für John Gays „The Beggar’s Opera“, die 1728 uraufgeführt wurde.
Der Roman ist in mehrere etwa gleich lange Abschnitte unterteilt, die mal die Erlebnisse von Henry, dann wieder die von Bess und anderen Personen beschreiben. Dabei erfährt der Leser in den Abschnitten nur die Sorgen, Probleme und Gedanken der jeweiligen Hauptperson. Was die jeweils anderen denken und tun bleibt offen bzw. wird in anderen Abschnitten thematisiert. So ist zum Beispiel in den Abschnitten um Bess Henrys Zeitreise kein Thema, schließlich weiß sie nichts davon.
Gelegentlich kommt es vor, dass Szenen mehrfach erzählt werden, und zwar in aufeinanderfolgenden Kapiteln aus verschiedenen Perspektiven. Dies ist aber keine bloße Wiederholung des schon Erzählten, denn durch die unterschiedlichen Sichtweisen der Charaktere und ihrer Gedanken setzt sich erst das komplette Bild zusammen. Die Handlung verläuft also nicht stur chronologisch, sondern springt gelegentlich kurz in der Zeit zurück.
Dieses Stilmittel gefällt mir sehr gut, weil man so einfach dichter an den Charakteren dran ist und als Leser nicht mehr weiß als die Hauptperson des jeweiligen Kapitels. So bin ich tatsächlich mehrmals überrascht worden, ohne, dass mir dies als künstlich herbeigeführt vorkam.
Die Personen sind auch nicht stereotyp, immer wieder konnte ich neue Facetten an ihnen entdecken, und bis auf vielleicht eine Ausnahme würde ich niemanden als ausschließlich gut oder böse sehen.
Ein Nachwort oder Personenregister gibt es nicht, dafür einen Anhang, in dem die wichtigsten Personen und Begriffe der Reihenfolge nach erklärt werden, sowie eine Karte Londons.
Fazit
Ein Zeitreiseroman, bei dem die Zeitreise in Henrys Abschnitten zwar immer wieder thematisiert wird, diese aber nicht aufgesetzt wirkt. Deshalb finde ich den Roman auch für diejenigen, die sonst weniger mit dieser Art Roman anfangen können, empfehlenswert.