Autor | Thomas Ziebula |
Titel | Die Hure und der Spielmann |
Seitenzahl | 687 |
Verlag | Bastei Lübbe |
ISBN | 978-3-404-16997-9 |
Bewertung |
Inhalt
Stockholm, 1618: Kristina soll mit einem wesentlich älteren Mann verheiratet werden, um die Familie, die vor dem wirtschaftlichen Ruin steht, zu retten. Doch die junge Frau widersetzt sich und will zu ihrer Tante nach Prag fliehen.
Doch die Reise verläuft nicht wie geplant, denn das Schiff wird angegriffen und sie entkommt nur knapp dem Tod durch Ertrinken – nur um kurz darauf gefangen genommen zu werden.
Böhmen, 1618: Tonda ist von Herzen Musiker, auf seiner Panflöte kann er die schönsten Melodien zaubern. Doch sein Stiefvater verachtet den Jungen. In dem neuen Lehrer findet Tonda eine väterliche Bezugsperson.
Dann bricht ein Krieg aus, und Kristina und Tonda werden in die Wirren hineingezogen…
Meine Meinung
Nach Der Gaukler ist Die Hure und der Spielmann Thomas Ziebulas zweiter Roman, der während des Dreißigjährigen Krieges spielt. Die Romane verlaufen weitestgehend parallel, aus einigen Nebenfiguren des einen Bandes werden Hauptfiguren des anderen und anders herum. Es ist nicht notwendig, den ersten Roman zu kennen, ich würde aber dazu raten, ihn vorher zu lesen, denn Die Hure und der Spielmann umfasst einen größeren Zeitraum, man erfährt in Ansätzen, was mit den Hauptpersonen aus dem Gaukler nach dem Ende des Romans geschieht.
Kristina war mir bekannt und hat mich schon zuvor fasziniert. Hier erfährt man also, wie sie in die Wirren des Krieges hineingeraten und was ihr eigentliches Ziel ist. Kam sie mir am Anfang noch ein wenig wie ein trotzköpfiges, verwöhntes Kind vor, hat sich das nach und nach gegeben und sie wurde als starke Frau dargestellt, die sich in der kriegerischen Männerwelt so gut wie möglich behauptet.
Tonda dagegen war mir zu Beginn sehr sympathisch, war er doch der ungeliebte Stiefsohn, dessen Talent nicht beachtet wurde. Doch je länger er den Einflüssen von Franz ausgesetzt war, umso weniger mochte ich ihn, auch wenn ich verstehen kann, warum Tonda sich so entwickelt. Ähnlich erging es mir mit Franz, der am Anfang nett und verständnisvoll erschien, mit dem Verlauf des Romans aber immer unsympathischer wurde.
Die Charaktere sind überwiegend glaubwürdig und wenig stereotyp dargestellt. Jeder hat seine guten und schlechten Seiten und handelt aus nachvollziehbaren Gründen, auch wenn diese aus heutiger Sicht schwierig nachzuvollziehen sind. Auf kitschige Darstellungen wird verzichtet, vieles spielt sich eher zwischen den Zeilen ab und wird nicht explizit beschrieben. Dadurch bleibt viel Spielraum für Spekulationen.
Auch sonst ist der Roman sehr glaubwürdig. Im Umfeld der Hauptpersonen sterben Menschen, deren Tod beeinflusst das Leben von Tonda und Kristina maßgeblich. Manche Menschen verschwinden aus der Erzählung, ihr Schicksal ist ungewiss, wie es auch im wirklichen Leben passiert. Vielleicht tauchen einige von ihnen auch in einem weiteren Roman des Autors auf…
Auffällig ist auch hier, dass auf die Nennung einzelner Namen verzichtet wird. So wird beispielsweise ein Soldat nie beim Namen genannt. Dies hat mich zwischenzeitlich irritiert, sind es doch wichtige Personen.
Während ich beim Gaukler meine Probleme damit hatte, die zeitliche Orientierung zu behalten, weil Jahreszahlen sehr spärlich angegeben waren, sind hier die einzelnen Abschnitte mit genaueren Angaben überschrieben, was das Lesen sehr vereinfacht hat. Auch das Personenregister war eine große Hilfe.
Allerdings waren mir die zeitlichen Sprünge zum Teil zu groß. So wird beispielsweise über die Schiffsreise und die erste Zeit von Kristinas Gefangenschaft nur rückblickend und zusammenfassend berichtet, obwohl das doch ein wichtiges Ereignis und eine prägende Zeit ist.
Immer wieder erfährt man nebenbei etwas über den Verlauf des Krieges. Fand ich die einzelnen Stationen im Gaukler schwer durchschaubar, ist es mir hier leichter gefallen, den Überblick zu behalten. Dabei wird der Krieg in all seinen Facetten beleuchtet, ohne dass allzu sehr auf grausame Details eingegangen wird.
Auch hier gilt, dass man nach Möglichkeit den Klappentext nicht genau lesen sollte, da ziemlich viel aus späteren Abschnitten des Romans vorweggenommen wird, allerdings ist es hier nicht ganz so extrem wie bei Ziebulas Gaukler.
Fazit
War Der Gaukler noch eine große positive Überraschung für mich, hatte ich hier eigentlich fest damit gerechnet, dass dieser Roman mir gefallen würde. Und ich wurde nicht enttäuscht.
Wer sich über die Liebesgeschichte hinaus für das Thema des Dreißigjährigen Krieges interessiert kann hier gerne genauer hinschauen.
Vielen Dank an Bastei Lübbe und Lovely Books für das Leserunden-Exemplar!
Ach, wie schön, dass das Buch auch wieder gut ist – gut, ich rechnete auch fest damit, habe es schon im Regal stehen, aber es ist schön, es bestätigt zu bekommen. Ich freu mich schon sehr darauf, Kristinas Geschichte zu lesen (wenn ich endlich wieder zum Lesen komme jedenfalls, habe gerade eine nur zum Teil schreibbedingte Leseflaute). :-)
Hehe, Leseflaute kenne ich, die habe ich gerade (hoffentlich) hinter mir. Aber wenigstens ist dein Grund eher positiv.
Ja, freu dich auf das Buch! Mir hat es wirklich gut gefallen und es fehlt nicht viel zur vollen Punktzahl.