Autor | Tereza Vanek |
Titel | Die Dichterin von Aquitanien |
Seitenzahl | 704 |
Verlag | Goldmann |
ISBN | 978-3-442-47226-0 |
Bewertung |
Inhalt
1162 in der Nähe von Paris: Marie ist zusammen mit ihrem Ziehvater in eher ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Statt sie wie ein normales Mädchen zu erziehen, hat Guillaume ihr Lesen, Schreiben und etwas Latein beigebracht, unnützes Wissen für eine fast mittellose junge Frau.
Doch Marie ist die uneheliche Tochter eines Edelmannes, dessen Namen sie nicht kennt, dessen Familie aber gelegentlich Geld für ihren Unterhalt schickt.
Als Guillaume unerwartet stirbt und Marie nicht weiß, wie es weitergehen soll, trifft ein Bote ein, der sie an den Hof ihres Onkels holen soll, zu Henri, dem Grafen von Anjou und dem englischen Thronfolger. Von einem Tag auf den anderen wird ihr Leben völlig auf den Kopf gestellt…
Meine Meinung
Wie man aus dem Nachwort des Romans entnehmen kann, ist über die Dichterin Marie de France fast nichts bekannt. Nicht einmal, dass sie zur Zeit Henris und Alienors gelebt hat, kann als sicher angesehen werden, auch wenn es wohl gute Gründe für diese Annahme gibt.
Somit ist die Marie, wie sie in diesem Roman beschrieben wird, reine Fiktion. Viele Ereignisse, die erwähnt werden, sind aber tatsächlich überliefert, weshalb diese Geschichte doch sehr authentisch wirkt, und ich kann mir gut vorstellen, dass das Beschriebene so oder ähnlich hätte passieren können.
Marie ist eine junge Frau, die aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen wird und deren Leben sich schlagartig ändert. Und so wundert mich ihr Verhalten, der versuchte Ausbruch aus dem goldenen Käfig, auch überhaupt nicht, genauso wenig wie ihre Schüchternheit Alienor gegenüber oder ihr Verhalten in Wales.
Auch die anderen Charaktere fand ich sehr überzeugend: Henri, der Onkel, mit dem sie sehr wenig zu tun hat und der sich ihr gegenüber distanziert verhält, Alienor, an deren Hof sie sich die meiste Zeit über aufhält, ihre Tante Emma, die sich jedem gegenüber unhöflich verhält und einige mehr. Sehr gut gefallen hat mir, dass die Beziehung zwischen Henri und Alienor über die Jahre betrachtet wird und die Auswirkungen der Änderungen offensichtlich werden. Die Aufstände der Söhne gegen den Vater werden beschrieben, aber auch die Ängste Alienors vor dem Alter. Gelegentlich wird von der Geschichte abgewichen, dies wird dann aber explizit im Nachwort erwähnt. Politik spielt hier eine nicht geringe Rolle, nimmt aber auch nicht so viel Raum ein, dass sie überwiegt. Man kann der Handlung ohne Vorwissen gut folgen, es schadet jedoch auch nicht, schon ein wenig über die Ereignisse zu wissen, um der Rahmenhandlung besser folgen zu können.
Die Dichtkunst nimmt eher wenig Raum ein. Erst in der zweiten Hälfte rückt sie stärker in den Mittelpunkt, beschränkt sich dabei aber meist darauf, dass die Inhalte der Gedichte der Marie de France nacherzählt werden. Die beiden Teile des Romans werden jedoch von überlieferten Gedichten im okzitanischen Original und in deutscher Übersetzung eingeleitet.
Auch eine Liebesgeschichte gibt es in diesem Roman, deren Darstellung mir ganz gut gefällt. Sie wirkt authentisch, nicht wie aufgesetzt. Als uneheliche Verwandte und Mündel des Königs kann Marie ihr Leben schließlich nicht selbst bestimmen, sondern muss sich seinen Wünschen beugen.
Das Ende kam mir dann jedoch ein wenig zu plötzlich, hier hätte ich noch mehr erwartet, es lief dann einfach zu glatt. Dafür fand ich den Epilog unnötig, auch wenn ein weiterer Handlungsstrang dadurch abgeschlossen wird.
Wie schon erwähnt bietet ein ausführliches Nachwort zusätzliche Informationen zur Geschichte, außerdem enthält das Buch eine Zeittafel, einen Stammbaum der Könige Englands sowie eine Karte der Handlungsorte zur Orientierung.
Fazit
Ein sehr schöner Roman über eine Frau, die durchaus so wie beschrieben gelebt haben könnte. Empfehlenswert für alle, die sich für Alienor von Aquitanien und das zwölfte Jahrhundert interessieren.