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Michael Crichton – Gold

AutorMichael Crichton
TitelGold
OriginaltitelPirate Latitudes
ÜbersetzerUlrike Wasel, Klaus Timmermann
Seitenzahl367
VerlagGoldmann
ISBN978-3-442-47661-9
Bewertung

Inhalt
Port Royal, 1665: In den karibischen Kolonien der englischen Krone ist Piraterie streng verboten, Freibeuterei jedoch geduldet, sind gekaperte Schiffe gern gesehene Beute.
Als ein einlaufendes Handelsschiff Berichte über ein tief liegendes spanisches Kriegsschiff mitbringt, das vor einer Festung ankert, wittert der Gouverneur von Jamaika fette Beute und informiert Captain Hunter, einen gewieften Freibeuter. Dieser stellt eine Mannschaft mit besonderen Fähigkeiten zusammen, denn der Ort, an dem das Schiff gesichtet wurde, gilt als uneinnehmbar. Wie wird die Mannschaft vorgehen, und wird sie erfolgreich sein?

Meine Meinung
Der Roman Gold – Pirate Latitudes wurde im Nachlass Michael Crichtons gefunden und posthum herausgebracht. Doch auch wenn er wohl schon vor langer Zeit abgeschlossen wurde, kann ich verstehen, warum sich der Autor zu Lebzeiten gegen eine Veröffentlichung entschieden hat.
Es handelt sich hier um eine reine Abenteuergeschichte, in der nicht nur gegen die Spanier gekämpft wird und in der es fast nur um diese eine Kaperfahrt geht – Vorgeschichten und Ereignisse nach der Handlung werden angerissen, spielen aber über weite Teile keine Rolle. Der historische Hintergrund orientiert sich lose an den tatsächlichen Umständen der Freibeuterei in Jamaika, die beschriebenen Ereignisse werden aber kaum stattgefunden haben. Leider gibt es – möglicherweise den Umständen der Veröffentlichung geschuldet – kein Nachwort, das über die tatsächlichen Verhältnisse in der Karibik informieren könnte.
Auch sind nicht alle Handlungen logisch, es wird schon recht dick aufgetragen, denn egal, auf welche Schwierigkeit die Gruppe stößt, es stellt sich immer nur die Frage, wie sie gemeistert wird, und nicht, ob sie es überhaupt schaffen. Mit Menschenleben wird hier dennnoch nicht zimperlich umgegangen, viele Gegner oder auch Mannschaftsmitglieder sterben dann schon mal eher beiläufig.
Dabei greift Crichton sehr tief in die Stereotypenkiste, denn das Team, das hier zusammengestellt wird, besteht aus Typen, die weitestgehend genau eine Eigenschaft oder besondere Fähigkeit haben und somit eine bestimmte Funktion erfüllen. So haben wir hier natürlich mit Captain Hunter den Kapitän, den Kopf des Unternehmens, der klug genug ist, den Plan zu erstellen, daneben aber seiner Mannschaft gegenüber loyal ist und auch sonst nur viele gute Eigenschaften vereint. Daneben gibt es noch den Sprengstoffspezialisten, den stummen Kletterer und das Adlerauge, um nur ein paar zu nennen.
Dadurch, dass man weiß, um welche Eigenschaften es sich handelt, wird der Roman doch streckenweise recht vorhersehbar – zum Glück gibt es aber dennoch die eine oder andere Überraschung, sonst wäre es trotz all der Spannung doch irgendwann langweilig geworden.
Trotz der Vorhersehbarkeit konnte mich der Roman dann doch ganz gut unterhalten. Das Tempo ist hoch, auch durch viele kurze Kapitel, die zum Teil nur drei Seiten lang sind und auch schon mal mit Cliffhangern enden, die Handlung ist einfach gestrickt, das Personal eingeschränkt, so dass man kaum in Gefahr gerät, den Überblick zu verlieren. Ich bin nur so durch die Seiten geflogen und wollte immer wissen, welches Problem sich wohl als nächstes ergeben würde, denn dass es welche geben würde war zu erwarten.
Auch sprachlich ist der Roman nicht herausfordernd, sondern doch eher einfach gehalten, was dem Lesefluss zugute kommt. Gelegentlich gibt es einzelne spanische Wörter, die man aber nicht verstehen muss oder die aus dem Zusammenhang selbsterklärend sind.
Wie schon erwähnt ist kein Nachwort enthalten, eine Karte dient aber dazu, dem Leser einen groben Überblick über die Seereise zu bieten.

Fazit
Als Abenteuer- und reiner Unterhaltungsroman ist Gold – Pirate Latitudes gut lesbar und recht nett, jedoch sollte man in historischer und logischer Hinsicht keinerlei Ansprüche stellen, um das Buch genießen zu können. Sicher nicht der beste Roman von Crichton, weshalb ich nachvollziehen kann, warum er zu Lebzeiten des Autors nicht verlegt wurde.

Mac P. Lorne – Der Pirat

AutorMac P. Lorne
TitelDer Pirat
Seitenzahl656
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-51748-2
Bewertung

Inhalt
England, 1560: Schon mit zwanzig Jahren ist der junge Seemann Francis Drake ein Ausnahmetalent in seinem Fach, so dass ihm sein Kapitän Sam Richards verspricht, Drake sein Schiff zu vermachen.
Zwanzig Jahre später hat Drake alle Weltmeere befahren, einige Schiffe, die unter seinem Kommando standen, verloren, aber auch große Reichtümer gewonnen, als er auf der Rückreise nach England Gefahr läuft, von spanischen Schiffen aufgebracht zu werden. Nur ein Trick kann ihn, den gefürchteten El Draque, jetzt noch retten.
In England angekommen wird Drake gefeiert, die Spanier fordern allerdings seine sofortige Auslieferung. Um ihn außer Gefahr zu schaffen wird der Kapitän auf eine Mission geschickt, die die englische Seefahrt revolutionieren soll…

Meine Meinung
In diesem Roman beschäftigt sich Mac P. Lorne mit dem Leben des berüchtigten Piraten Francis Drake vom Zeitpunkt der Rückkehr seiner Weltumseglung bis zum Kampf mit der spanischen Armada, also dem Zeitraum, in dem Drake vom Glück verfolgt wurde und großes Ansehen erlangt hat. Gerne hätte ich etwas mehr über die frühen Jahre des Piraten oder auch von der großen Weltreise selbst erfahren, schließlich hat Drake hier viele Abenteuer erlebt, Schiffe und Männer verloren, Schätze gewonnen, gekämpft und gelitten. Leider wird auf diese Zeit nur rückblickend eingegangen, so dass man zwar in groben Zügen erfährt, was geschehen ist, aber ohne, dass man als Leser wirklich dabei ist.
Besonderes Augenmerk wird hier stattdessen auf die Abenteuer gelegt, die die Beziehung zwischen England und Spanien beeinflusst haben, doch auch die Reformen des Schiffsbaus der Engländer unter Mathew Baker und die des Bronzegusses unter Joachim Gans, die für England sehr wichtig waren, sind Themen, die hier aufgegriffen und auch für Laien verständlich erklärt werden. Zwar kann ich mir den Unterschied zwischen Galeeren, Galeonen und Galeassen noch immer nicht merken, doch komplizierte Segelmanöver oder auch der Vorteil von Bronzekanonen gegenüber denen aus Eisen oder die Schwierigkeiten des Gusses waren auch für mich zu verstehen.
Lorne beschreibt hier jedoch nicht nur verbürgte Unternehmen Drakes, auch einen Zeitraum, zu dem Drakes Aufenthaltsort unbekannt ist, füllt der Autor mit einer spannenden Episode, die allerdings mit diesem Hintergrund für meinen Geschmack etwas zu viel Raum einnimmt.
Der Schreibstil ist flüssig, auch wird man nach dem Prolog direkt ins Geschehen geworfen, so dass ich gleich von Beginn an mit Drake mitgefiebert hatte, obwohl mir sein Leben in groben Zügen bereits bekannt war.
Viele, wenn nicht die meisten der handelnden Personen sind historisch belegt. Schwarz-Weiß-Malerei oder eine sehr einseitige Darstellung von Personen ist mir nicht negativ aufgefallen. Einzig Drake wird hier sehr positiv beschrieben, wobei der Autor in seinem Nachwort erklärt, dass es sehr schwer war, Belege dafür zu finden, dass er auch negative Seiten hatte.
Und so wird Drake weitestgehend als sympathischer Mensch dargestellt, dem das Glück über weite Teile seines Lebens hold ist. Schlechte Seiten zeigt er kaum, sieht man von einer einzigen Tat ab, die sich vor dem Romangeschehen abspielt und von der man nur rückblickend erfährt, die aber große Auswirkungen auf Drakes weiteres Leben hat. Nicht nur wird der Seemann Drake hier gezeigt, auch als Privatmann lernt man ihn zumindest ein wenig kennen.
Eine weitere wichtige Person in diesem Roman ist Königin Elizabeth. Ihre Wankelmütigkeit, aber auch der Balanceakt, den sie eingehen musste, um die Herrscher verschiedener Länder nicht vor den Kopf zu stoßen und eine Heirat oder Kriege zu vermeiden, werden hier glaubwürdig beschrieben.
Wie man es heute von historischen Romanen erwartet ist auch dieses Buch mit Zusatzmaterial ausgestattet. Neben einem zehnseitigen Nachwort gibt es vorne im Buch ein Personenregister, das allerdings leichte Spoiler beinhaltet und das man aus diesem Grund nur bei Bedarf zurate ziehen sollte, eine Zeittafel zu den wichtigsten Punkten aus den Leben von Elizabeth I. und Francis Drake, ein Glossar, das insbesondere nautische Begriffe erklärt sowie eine Bibliografie.

Fazit
Ein lesenswerter Roman über eine sehr interessante Persönlichkeit, den ich all denjenigen ans Herz legen möchte, die sich auch nur ein klein wenig für Segelmanöver, den Kampf der Engländer gegen die spanische Armada oder eben die Person Francis Drake selber begeistern können, aber auch als Abenteuerroman lässt sich dieses Buch gut lesen.

Vielen Dank an Droemer Knaur für das Rezensionsexemplar!

Rebecca Gablé – Der Palast der Meere

AutorRebecca Gablé
TitelDer Palast der Meere
SerieWaringham Band 5
Seitenzahl956
VerlagLübbe Ehrenwirth
ISBN978-3-431-03926-9
Bewertung

Inhalt
England, 1560: Nachdem der Erbe des Hauses Waringham an den Pocken erkrankt und erblindet ist, soll sein Onkel, der vierzehnjährige Isaac, dessen Stelle als Erbe des Earls einnehmen. Doch Isaac fühlt sich auf Waringham nicht wohl, und so entschließt er sich, als blinder Passagier nach Frankreich überzusetzen und dort ein neues Leben zu beginnen. Doch hat er sich dazu das falsche Schiff ausgesucht, denn Kapitän Hawkins ist auf dem Weg nach Afrika…
Isaacs ältere Halbschwester Eleanor ist gar nicht begeistert, als die von Isaacs Flucht erfährt, ist sie doch als Vertraute und Auge der Königin eine vielbeschäftigte Frau. Besonders das Auftreten immer wieder neuer möglicher Heiratskandidaten für die Königin stellt sie vor eine besondere Herausforderung…

Meine Meinung
Der fünfte Band über die Familie Waringham beginnt knapp sieben Jahre nach dem Ende von Der dunkle Thron, so dass viele der Personen aus dem Hause Waringham bereits bekannt sind. Auch wenn Der Palast der Meere sehr gut als eigenständiges Buch funktioniert, würde ich empfehlen, den vierten Band zuerst zu lesen, um sämtliche Zusammenhänge besser verstehen zu können.
Hauptpersonen in diesem Roman sind Isaac und Eleanor, über deren Erlebnisse abwechselnd berichtet wird.
Isaac ist ein freiheitsliebender Junge an der Grenze zum Erwachsenenalter. Er lässt sich ungern vorschreiben, was er zu tun hat, und seine lose Zunge bringt ihn das eine oder andere Mal in Bedrängnis. Trotzdem ist er bereit, zu helfen, wenn Hilfe benötigt wird, auch wenn es ihm gelegentlich schlecht vergolten wird. Er ist eben ein typischer Waringham, ein Pferdenarr, auch wenn er nicht über die besondere Gabe der Familie verfügt.
Dagegen ist Eleanor mit ihrem Leben zufrieden. Bei Hofe ist sie eine der engsten Vertrauten der Königin, ist sie doch seit ihrer gemeinsamen Kindheit kaum längere Zeit von ihr getrennt gewesen. Sie genießt ihren Status als unverheiratete Frau, die sich keinem Mann unterordnen muss. Zudem verfügt sie über ein großes Spionagenetzwerk, um ihre Freundin immer bestens beraten zu können, und nicht selten ist sie selbst mitten im Geschehen.
Wie gewohnt kommt hier auch eine Vielzahl an historischen Persönlichkeiten vor. So trifft Isaac schon früh auf den noch jungen Francis Drake, und auch William Shakespeare hat einen frühen Auftritt, aber auch zahlreiche fiktive Charaktere treten in Aktion. Manche der Personen sind früh als Freunde oder Feinde der Hauptpersonen erkennbar, doch manches Mal trügt auch der Schein und die Gesinnung ändert sich im Laufe der Zeit.
An den vorherigen Romanen der Autorin über englische Geschichte hat mir besonders gefallen, dass man einerseits mit der fiktiven Hauptperson dicht am englischen Königshaus ist und dabei ist, wenn Geschichte geschrieben wird, man die politischen Zusammenhänge nahegebracht bekommt und man dadurch so einiges lernen kann, aber andererseits die Hauptperson auch ein eigenständiges Leben fernab des Hofes hat, eine eigene Geschichte, die es zu erleben gilt.
In diesem Roman ist dies aufgeteilt, mit Isaac erlebt man Abenteuer, mit Eleanor erfährt man, was politisch gerade wichtig ist. Gut 28 Jahre werden so in diesem Roman behandelt, in dem Freibeuterei, der Konflikt mit Spanien, Sklavenhandel oder auch die Bedrohung durch Mary Steward thematisiert werden. Dabei haben mir Isaacs Erlebnisse besser gefallen als Eleanors, weil ich das Gefühl hatte, dass bei Hofe meist nur über Politik gesprochen wird und Ergebnisse selten sichtbar sind, zudem sind es eher wenige Themen, die über die Jahre hinweg immer und immer wieder aufkommen.
Dabei sind es meist einzelne Episoden mit kleinen Spannungsbögen und Höhepunkten, weniger die eine große Geschichte, die es mit den Protagonisten zu erleben gilt. Immer wieder kommt es zu Zeitsprüngen, die bei einer so großen Zeitspanne kaum vermeidbar sind. Während die meisten dieser Sprünge passend waren und ich nicht das Gefühl hatte, viel verpasst zu haben, ist es gerade der letzte, der für mich zu lang war. Zu viel hat sich geändert, Kinder sind erwachsen geworden und haben eine eigene Persönlichkeit entwickelt, die ich so nie erwartet hätte.
Der Zeitpunkt für das Ende des Romans ist meiner Meinung nach nicht ideal gewählt. Zwar sind die meisten Handlungsstränge zu einem befriedigenden Ende gekommen, auf politischer Ebene dagegen ist wenig gelöst.
Einer meiner großen Kritikpunkte am vierten Band der Reihe war das zufällige, glückliche Auftauchen sehr vieler entfernter Warinham-Cousins. Zwar ist auch dieser Roman nicht frei von Verwandten, doch spielen die meisten von ihnen eher untergeordnete Rollen, so dass es mir hier nicht negativ aufgefallen ist. Dafür treten Mitglieder der Familien Durham und Helmsby, die in anderen Romanen der Autorin eingeführt wurden, etwas weiter in den Vordergrund.
Der Schreibstil ist gewohnt flüssig, an einigen wenigen Stellen war er mir ein wenig zu umgangssprachlich oder modern, weitestgehend habe ich mich aber an ihm nicht gestört.
Abgerundet wird der Roman wie gewohnt durch ein ausführliches Nachwort, in dem die Autorin auf Realität, Fiktion und Spekulationen eingeht. Auf ein Personenregister, das allerdings nicht alle Personen auflistet, wurde genauso wenig verzichtet wie auf Kartenmaterial.

Fazit
Auch wenn mit diesem Roman teilweise neue Wege beschritten werden und Waringham, das Heim vieler Generationen, in den Hintergrund rückt, gibt es dennoch viel Gewohntes. Wer die bisherigen Romane der Autorin mag, wird möglicherweise auch an diesem Buch seine Freude haben.

Vielen Dank an Bastei Lübbe und die Lesejury für das Leserunden-Exemplar!

Diana Norman – Die Piratenkönigin

AutorDiana Norman
TitelDie Piratenkönigin
OriginaltitelThe Pirate Queen
ÜbersetzerHanna Neves
Seitenzahl846
Verlagdtv
ISBN978-3-423-122986
Bewertung

Inhalt
London, 1587: Seit sie denken kann lebt Barbary mit ihrem Ziehvater Will in London. Sie ist Mitglied des Ordens, einer Organisation der Unterwelt. Um jedoch unbehelligt zu bleiben, gibt sie sich als Junge aus.
Eines Tages jedoch wird sie gezielt festgenommen – sie wird für den Enkel der irischen Piratin Grace O‘ Malley gehalten. Doch Barbary kann sich nicht an die Zeit erinnern, bevor Will sie aufgenommen hat, und da zudem davon ausgegangen wird, dass es sich bei dem Enkel der Piratin um einen Jungen handeln muss, glaubt sie nicht daran, dass sie wirklich Irin und Enkelin der Piratin sein könnte. Dennoch spielt sie die Posse zunächst mit…

Meine Meinung
Bei dem Klappentext hatte ich zunächst die Befürchtung, dass es sich hier um einen weiteren Hosenroman der seichten Sorte handelt. Doch war die Furcht hier unbegründet.
Da Barbary schon als Junge verkleidet lebt, seit die sich erinnern kann, dabei im Orden auch noch das Lügen und Betrügen gelernt hat, ist ihre Verkleidung durchaus glaubwürdig. Nicht ganz so glaubwürdig finde ich dagegen, dass in ganz London niemand zu wissen scheint, dass Barbary eben kein Jungenname ist. Weder im Orden noch bei Hofe zweifelt man jedoch an ihrer Männlichkeit.
Dass Barbary mit ihrer Jungenkleidung plötzlich auch alles Männliche ablegt und ganz zur Frau wird, kann ich mir nicht so richtig vorstellen, hier ging mir der Übergang zu abrupt. Dies könnte aber auch einfach daran liegen, dass in dem Roman zeitliche Angaben spärlich gesät sind, nur selten findet man einen Hinweis darauf, in welchem Jahr man sich gerade befindet oder wie alt Brabray im Moment ist. So konnte ich sehr oft nicht einschätzen, wie viel Zeit nun genau vergangen ist, und habe mich dann über einige Dinge wie die schnelle Fertigstellung eines Hauses gewundert.
Da Barbary ja aus politischen Gründen nach Irland geschickt wurde, spielt die englische Politik im Umgang mit den Iren und der englischen Besiedelung Irlands eine große Rolle. Zwar wurden einige Dinge von der Autorin vereinfacht dargestellt, wie sie in einem Nachwort erklärt, dennoch ist es nicht immer leicht, den Überblick zu behalten. Die Piraterie ist dabei aber eher nebensächlich.
Grace O’Malley wird hier als eine Frau dargestellt, die für Gefühle keine Zeit hat, für sie ist das Leben ein Geschäft. Diese Darstellung hat mir sehr gefallen, es war nicht überzogen, sondern einfach passend und glaubwürdig, ganz im Gegenteil zu ihrer Darstellung in Die Piratin von Manfred Böckl, die für mich eher wie eine Karikatur wirkt.
Barbary ist ein Mädchen, das es faustdick hinter den Ohren hat, sobald sie aber enttarnt ist ihre Schwierigkeiten hat. Wenn sie eine Rolle spielen kann fühlt sie sich sicher, weiß aber nicht, wer sie selbst wirklich ist.
Mit dem Ende des Romans bin ich nicht ganz glücklich, da es mir zu offen ist, doch denke ich, dass ein anderes nicht ganz so gut zum sonstigen Verlauf des Romans gepasst hätte. Von daher bin ich schon zufrieden

Fazit
Ein schöner Roman über eine junge Frau, die ihren Platz im Leben sucht. Wer gerne mehr über Irland zur Zeit Elizabeths I. wissen möchte sollte hier genauer hinschauen.

Manfred Böckl – Die Piratin

AutorManfred Böckl
TitelDie Piratin
Seitenzahl383
VerlagUllstein
ISBN978-3-548-23234-8
Bewertung

Inhalt
1599 auf Schloss Carrigahowly auf der Insel Clare: Grainne O’Malley, die berühmte und berüchtigte irische Piratin, ist gestorben. Neun Weggefährten der Frau treffen hier zusammen, um ihrer zu gedenken und um ihr Leben und ihren Tod zu feiern. Als Nachruf erzählt jeder der Männer eine Episode aus seinem Leben, in der Grainne eine wichtige Rolle gespielt hat, egal ob im positiven oder negativen Sinn. Zu Wort kommen Söhne und Bruder, Freunde und Mannschaftsmitglieder, aber auch Feinde der Piratin. Und nach jeder Erzählung wird ein Band, das die Männer mit Grainne verknüpft, der Piratin zurückgegeben…

Meine Meinung
Grainne O’Malley, auch Grace O’Malley oder Granuaille genannt, ist eine historische Persönlichkeit. Dennoch zögere ich, dieses Buch als biografischen Roman zu bezeichnen, zu übertrieben erscheinen mir so manche Darstellungen. Einige der beschriebenen Weggefährten scheinen zudem der Fantasie des Autors entsprungen zu sein, da sich ihr Leben in Biografien anders darstellt. So hat Grainne wahrscheinlich beide Ehemänner überlebt, und einen Sohn namens Padraic konnte ich auch nirgends finden. Auf ein erklärendes Nachwort, in dem hierauf Bezug genommen worden sein könnte, wird leider verzichtet. Nur in einigen wenigen Fällen klären Fußnoten darüber auf, dass eine Begebenheit tatsächlich so überliefert ist. Leider fehlen auch hier Quellenangaben.
Die beschriebenen Episoden fand ich größtenteils nicht sehr überzeugend in ihrer Darstellung. Warum die Wahl gerade auf diese gefallen ist, erschließt sich mir nicht, denn einige fand ich einfach nur langweilig. Möglicherweise handelt es sich aber gerade bei diesen um überlieferte Geschichten. Hier hätte ich einfach mehr erwartet, das Leben der Piratin hätte viel mehr hergegeben, aber einige wichtige Details ihrer Biografie, zum Beispiel ihre Zeit in englischer Gefangenschaft, wurden nicht einmal in einem Nebensatz erwähnt.
Der Erzählstil sagt mir auch nicht sonderlich zu. Hier sind mindestens angetrunkene, zum Teil aber wohl ziemlich besoffene Männer dabei, ihr jeweiliges denkwürdiges Erlebnis mit Grainne zu beschreiben. Diese Szenen sind teilweise einfach nur übertrieben geschildert, einige fand ich aber auch nur auf eine lächerliche Weise beschrieben. Einige der Weggefährten versuchen während der Erzählung, sich selbst ins rechte Licht zu rücken, machen sich dadurch aber auch einfach nur lächerlich. Wenn man in einer Episode außerdem auf fast jeder Seite einmal „Ich, Sir Henry Sidney“ lesen muss, ist dies auch ziemlich ermüdend. Über Verluste an Menschenleben wird genauso wenig ein Wort verloren wie über weitere Gefühle. Grainne selbst wird als extrem unsympathische, übermenschlich starke, überhebliche, dabei aber recht naive Person dargestellt, die tut, was sie will, egal, wie sehr sie dabei lügt und wer zu Schaden kommt. Es kann ja sein, dass sie wirklich so war, durch die Art der Beschreibung wirkt sie aber wie eine Karikatur, so dass ich sie nicht ernst nehmen konnte.
Die Szenen zwischen den einzelnen Kapiteln fand ich zum Teil eher unappetitlich, liegt doch die Leiche auf dem Tisch direkt neben dem Essen. Auf einige Beschreibungen hätte ich gut verzichten können.

Anmerkung
Der Roman ist auch unter dem Titel Die neun Leben der Grainne O’Malley erschienen.

Fazit
Als biografischen Roman über Graine O’Malley nicht zu gebrauchen, eher als reine Unterhaltungslektüre, sofern einem der übertriebene Erzählstil zusagt – mein Fall war er nicht. Wer mehr über die irische Piratin erfahren möchte, sollte wohl eher zu anderen Romanen oder Sachbüchern greifen.