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Tracy Chevalier – Das Mädchen mit dem Perlenohrring

AutorTracy Chevalier
TitelDas Mädchen mit dem Perlenohrring
OriginaltitelGirl with a Pearl Earring
ÜbersetzerUrsula Wulfekamp
Seitenzahl279
VerlagList
ISBN978-3-548-60434-3
Bewertung

Inhalt
Delft, 1664: Als ihr Vater nach einem Unfall sein Augenlicht und seine Arbeit verliert, muss die junge Griet die Familie finanziell unterstützen. Als Dienstmagd tritt sie in den Haushalt des Malers Johannes Vermeer ein. Neben anderen Tätigkeiten wie dem täglichen Gang zum Markt soll sie das Atelier des Künstlers sauber halten, ohne etwas im Raum zu verändern.
Diese Arbeit ist wie für sie geschaffen, weil sie ein besonderes Gespür für solche Dinge hat, zudem liebt sie es, den Entstehungsprozess der Bilder Vermeers zu verfolgen. Doch insbesondere Catharina, die Frau Vermeers, macht Griet das Leben schwer…

Meine Meinung
In diesem Roman beschäftigt sich Tracy Chevalier mit der Frage, wer das Mädchen auf dem bekannten Gemälde Vermeers gewesen sein könnte. Dazu entwickelt sie eine Geschichte um die fiktive Magd Griet.
Als Ich-Erzählerin wird dem Leser Einblick in Griets Gedanken und Gefühle gewährt, ohne dass zu sehr ins Detail gegangen wird. Man erfährt zwar grob, was die junge Frau von anderen Personen hält, jedoch behält sie einen Großteil der Gedanken und Gefühle für sich und viele Dinge werden nur angedeutet.
Auf den ersten Blick ist Griet ein gewöhnliches Mädchen, nicht gerade hoch gewachsen, aber mit großen runden Augen. Sie kennt ihren Platz in der Welt und scheint sich bald in ihr neues Leben einzugewöhnen, erledigt ihre Arbeit klaglos. Jedoch ist sie einerseits sehr einfühlsam, sie weiß, wann sie schmeicheln und wann sie unsichtbar sein muss, andererseits hat sie dennoch ihre Probleme im Umgang mit Menschen und eckt schon bald an. Ihr Gespür für Farben und Bildkomposition kommt ihr nicht nur bei ihren täglichen Aufgaben zugute.
Andere Personen bleiben doch sehr blass, da Griet sich mit den Gedanken über sie sehr zurück hält. Dabei ist auffällig, dass das Mädchen ihren Herrn nie beim Namen nennt, sondern bis fast zum Ende des Buches immer nur von „ihm“ spricht.
In dem Roman beschreibt die Autorin den möglichen Entstehungsprozess einiger Gemälde Vermeers, wobei sie auch moderne Forschung miteinbezogen hat. Die wenigsten der Bilder waren mir geläufig, so dass ich immer mal wieder das Buch zur Seite legen und im Internet nachschauen musste, welches Gemälde denn jetzt wieder beschrieben wird. Dies war dann doch recht umständlich, es wäre schön, wenn zumindest einige der Bilder im Buch auch abgedruckt wären, selbst wenn es nur in schwarz-weiß wäre.
Ein weiteres Thema, dass hier zumindest grob angerissen wird, ist die Kluft zwischen Protestanten und Katholiken in den Niederlanden. Immer mal wieder kommt die Konfession zur Sprache, so dass man ein Gefühl darüber bekommt, welchen Stellenwert Religion für die Menschen hatte.
Das Mädchen mit dem Perlenohrring ist Buch der leisen Töne. Es gibt wenige Überraschungen, denn dass Griet irgendwann gemalt werden würde, ist ja aufgrund des Titels schon klar, und auch sonst gibt es eher unterschwellige Spannung als große Paukenschläge. Man könnte auch sagen, dass die Handlung nur so vor sich hin plätschert, was mich aber keinesfalls gestört hat.
Mit nicht einmal dreihundert Seiten ist das Buch nicht gerade umfangreich, dennoch hat für mich alles gepasst. Dabei umfasst der Roman etwa zwei Jahre und endet recht abrupt. Während der Epilog, der einige Jahre später spielt, dann der Geschichte zu einem runden Abschluss verhilft, verlaufen einige der Handlungsfäden im Sande. Diese offenen Fragen sind nur glaubwürdig, schließlich kann eine junge Magd nicht alles wissen, und haben dazu geführt, dass ich mir über das Ende des Romans hinaus Gedanken über das Gelesene gemacht habe.
Die Inhaltsangabe im Inneren des Buches sollte man übrigens großzügig übersehen, denn sie strotzt nur so vor Fehlern.

Fazit
Dieses Buch der leisen Töne hat mich sehr berührt, für jemanden, der sich wenig für Kunst interessiert, dürfte der Roman aber stellenweise langweilig sein. Zudem lebt er eher von unterschwelliger Spannung. Wenn man sich darauf einlassen kann ist dieser Roman sehr empfehlenswert, wenn man dagegen deutliche Beschreibungen und viel Handlung braucht, sollte man eher die Finger von diesem Buch lassen.

Guido Dieckmann – Die Stadt der schwarzen Schwestern

AutorGuido Dieckmann
TitelDie Stadt der schwarzen Schwestern
Seitenzahl511
VerlagRoRoRo
ISBN978-3-499-25937-1
Bewertung

Inhalt
Oudenaarde, 1582: Die flämische Stadt wird nach einem Aufstand von den Spaniern eingenommen, die meisten Ratsherren hingerichtet. Einzig Frans Marx, ein alter, kranker Teppichweber, wird verschont. Schon bald verbreitet sich das Gerücht, dass die Familie Marx mit den Besatzern gemeinsame Sache macht, und besonders Griet, Frans‘ verwitwete Schwiegertochter, hat darunter zu leiden.
Doch während ihre angeheiratete Familie in Oudenaarde keine Zukunft mehr sieht, nutzt Griet die Gelegenheit, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Unterstützung erhält sie dabei von unerwarteter Seite. Doch schon bald gerät ihr kleines Unternehmen in große Schwierigkeiten…

Meine Meinung
Über den Achtzigjährigen Krieg wusste ich bisher recht wenig, einzig, dass es ihn gab und dass Glaubensfragen auch eine Rolle gespielt haben. Umso gespannter war ich auf dieses Buch, bietet es doch zumindest einen kleinen Einblick auf die Lebensumstände während des Krieges.
Die ersten Kapitel waren hier durchaus interessant, erfährt man doch ein wenig über das Leben der Menschen unter den spanischen Besatzern, über Schwierigkeiten und Willkür. Doch schon bald ändert sich die Richtung, und aus dem Roman wird vielmehr ein historischer Krimi, den ich hier so nicht erwartet hatte.
Leider ist dieser überwiegend vorhersehbar, denn auch wenn nicht direkt von Beginn an bekannt ist, womit Griet es hier zu tun hat, so war ich doch gedanklich immer mindestens zwei Schritte voraus. Und auch der Gegenstand, hinter dem alle her sind, spielt eigentlich für sich genommen keine große Rolle, vielmehr dient er alleine dazu, die Handlung voranzutreiben. Schade eigentlich, hier hätte man mehr daraus machen können.
Ein Großteil des Romans verbringen die Hauptpersonen mit dieser Suche, immer wieder werden hier Hintergrundinformationen zur Situation in den Niederlanden eingeflochten, so dass der historische Bezug nicht verloren geht. Diese sind allerdings nicht immer leicht zu durchschauen, manches Mal war ich mir nicht ganz sicher, welcher Fraktion nun die Bewohner der jeweiligen Stadt angehörten.
Die Hauptperson Griet ist eine zwar schüchterne, aber entscheidungsfreudige junge Frau, die trotz eines lahmen Arms bereit ist, ihr Leben selbständig zu meistern und dabei Verantwortung nicht nur für sich, sondern auch für ihren Sohn zu übernehmen.
Eine weitere Hauptperson ist Don Luis, ein Spanier mit niederländischen Wurzeln, der mehr über Griet zu wissen scheint, als er zugibt. Gerne steht er ihr zur Seite, kann Griet doch mit ihrem gelähmten Arm kaum alleine auf die Suche gehen, doch auch er hat eine Mission. Schnell wird klar, dass sich die beiden Hauptpersonen perfekt ergänzen, und so ist auch in dieser Hinsicht keine große Überraschung zu erwarten.
Neben den beiden offensichtlichen Hauptpersonen gibt es noch einige Nebencharaktere, welche aber überwiegend einzig in ihren festgelegten Rollen agieren und darüber hinaus kaum Entwicklung zeigen, erst in den letzten Kapiteln ändert sich dies ein wenig. Auch dies ist schade, unterstützt dies doch die Vorhersehbarkeit der gesamten Handlung.
Sprachlich ist der Roman wenig auffällig. Einzig einige niederländische Namen haben mir Schwierigkeiten bereitet, sind sie für mich doch eher ungewohnt.
In einem kurzen Nachwort geht der Autor auf den historischen Hintergrund ein und erklärt auch, was es mit diesem mysteriösen Gegenstand auf sich hat. Leider gibt es kein weiteres Zusatzmaterial, zumindest eine Karte wäre hilfreich gewesen, um die Grenze zwischen den einzelnen Fraktionen und Griets Reiseroute nachzuvollziehen.

Fazit
Ein Kriminalfall, dessen Auflösung kaum jemanden interessiert, eine Suche nach einem MacGuffin, der nur Leid zu bringen scheint. Kann man lesen, muss man aber nicht.