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Brigitte Riebe – Liebe ist ein Kleid aus Feuer

AutorBrigitte Riebe
TitelLiebe ist ein Kleid aus Feuer
Seitenzahl655
VerlagDiana
ISBN978-3-453-35226-1
Bewertung

Inhalt
Burg Scharzfels, 946: Eila ist die Tochter des Ritters Raymond, der im Dienst König Ottos steht. Als solcher ist der Ritter nicht oft auf seiner heimatlichen Burg anzutreffen, so dass Eila in seiner Abwesenheit große Freiheiten genießt. Sie verbringt ihre Zeit lieber außerhalb der Burg als mit ihrer verbitterten Mutter, die für sie keine Liebe zu empfinden scheint.
Doch dann taucht Roswitha, die Tochter eines Kampfgefährten Raymonds, auf der Burg auf. Obwohl sie etwa im gleichen Alter sind, sind die Mädchen doch grundverschieden, denn Rose saugt Wissen nur so auf, während Eila im Unterricht nur Zeitverschwendung sieht. Dennoch entwickelt sich zwischen den beiden eine tiefe Freundschaft…

Meine Meinung
Diesen Roman von Brigitte Riebe habe ich inzwischen zwei Mal gelesen, und beide Male habe ich mich am Ende gefragt, was ich da jetzt eigentlich gelesen habe, wovon die Geschichte überhaupt handelt. Bei den meisten Romanen lässt sich die Handlung in ein, zwei Sätzen kurz anreißen, hier fällt es mir sehr schwer, zu fassen, was genau im Mittelpunkt des Buches steht.
Am zutreffendsten wäre wohl, zu behaupten, dass es um das Erwachsenwerden einer jungen Ritterstochter im Umfeld König Ottos geht, um ihre Freundschaften, ihre Familie, die erste und die große Liebe, um politische Intrigen, in die das Mädchen hineingezogen wird. Es geht um ihren Vater, der ein großes Geheimnis hat, um ihre Mutter, deren Geheimnis nicht weniger groß ist, um den Schmiedejungen Lando, der sich in das falsche Mädchen verguckt, um König Otto, der von seiner Verwandtschaft unter Druck gesetzt wird. All dies bildet ein buntes Bild, bei dem es nicht an Spannung mangelt, das in seiner Gesamtkomposition aber auf mich nicht ganz stimmig erscheint.
Neben Angehörigen des Königshauses trifft Eila auch auf weitere historische Persönlichkeiten. Eine von ihnen ist ihre junge Freundin Rose, die als Dichterin Roswitha von Gandersheim in die Geschichte eingegangen ist. Allerdings ist über das Leben, insbesondere die Jugend, der historischen Roswitha quasi nichts bekannt, so dass auch sie hier weitestgehend als fiktive Figur gesehen werden kann. Zudem erscheint sie mir hier eher als ein Nebencharakter, sie tut, was man ihr sagt, und so verblasst sie neben der starken Eila schon recht bald.
Eila ist ein schwärmerischer, wankelmütiger Teenager, sie scheint selbst nicht zu wissen, was sie will. Mal ist es der Eine, in den sie sich verguckt, dann doch lieber der Andere. Sie ist hitzköpfig und spontan, dazu nicht immer die Liebenswürdigkeit in Person. Mich hat sie schon recht bald ziemlich genervt. Dann wiederum zeigt sie Facetten, die man gar nicht erwartet, wenn sie sich in die Dienste des Königs begibt.
Viele der anderen Charaktere meint man schon nach wenigen Seiten einschätzen zu können, und über weite Teile des Buches trifft diese Einschätzung dann auch zu. Gelegentlich, insbesondere zum Ende hin, zeigen sie dann aber auch mal andere Facetten, was die Geschichte auflockert. Nicht wenige haben aber etwas zu verbergen, was die Geschichte dann wieder unglaubwürdiger erscheinen lässt.
Der geschichtliche Hintergrund um König Otto ist durchaus informativ, ohne Vorwissen hatte ich aber beim ersten Lesen vor einigen Jahren meine Schwierigkeiten, die Rahmenhandlung zu verstehen und in dem geschichtlichen Zusammenhang zu sehen. Mit dem nötigen Wissen jedoch war auch dieser Aspekt verständlich.
Der Roman wartet mit umfangreichem Zusatzmaterial auf. Neben einer Karte und einem Stammbaum Ottos findet sich eine Literaturliste sowie ein sehr ausführliches historisches Nachwort, in dem die Autorin über Wahrheit und Fiktion aufklärt sowie weitere historische Hintergründe darlegt.

Fazit
Diesen Roman kann man lesen, man verpasst aber auch nichts, wenn man ihn nicht liest. Als Einstieg in diese historische Epoche würde ich dieses Buch keinesfalls empfehlen, wenn man jedoch eine nette Geschichte über das Erwachsenwerden im Frühmittelalter lesen mag, die durchaus zu fesseln weiß, kann hier gerne zugreifen.

Ricarda Jordan – Die Pestärztin

AutorRicarda Jordan
TitelDie Pestärztin
Seitenzahl636
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-15990-1
Bewertung

Inhalt
Mainz, 1330: Lucia wächst unter ungewöhnlichen Bedingungen auf: Ihre Tage verbringt sie im Haushalt der reichen jüdischen Familie von Speyer, zusammen mit ihrer Ziehschwester Lea, die am selben Tag geboren wurde wie sie und die ihr auch noch sehr ähnlich sieht. Dort wird sie unterrichtet und unterstützt, doch die Nächte muss sie als Tochter einer christlichen Mutter unter Christen verbringen.
Und so lebt Lucia zwischen den Welten, keiner Gemeinschaft fühlt sie sich zugehörig. Von den Christen wird sie wegen ihrer Verbundenheit zu den Juden abgelehnt, von den Juden wegen ihrer christlichen Herkunft nur geduldet.
Als sich David, der Sohn des Hauses, in Lucia verliebt, hat dies verheerende Folgen…

Meine Meinung
Mit dem Mittelalterroman Die Pestärztin hat die Autorin Christiane Gohl, die besser als Sarah Lark bekannt ist, ihren ersten Roman unter dem Pseudonym Ricarda Jordan herausgebracht. Der Titel dieses Romans ist jedoch ein wenig irreführend, denn als Pestärztin tritt Lucia nur einen recht kleinen Teil des Buches auf.
Vielmehr geht es eben um Lucia selbst, um ihre ungewöhnliche Jugend, ihr Interesse an der Medizin, aber insbesondere ihrer Vorteile und Probleme, die ihr Leben in zwei Welten mit sich bringt. Es gibt auch eine Liebesgeschichte, doch nimmt diese längst nicht so viel Raum ein und entwickelt sich in eine andere Richtung, als ich zunächst erwartet hatte.
Lucia ist eine recht interessante Person, wissbegierig, mit einer schnellen Auffassungsgabe. Sie spricht mehrere Sprachen und kann diese auch lesen. Sie kann anpacken und ergreift Gelegenheiten, die sich ihr bieten, beim Schopf. Für mich denkt und handelt die junge Frau schon ein wenig zu modern, aber nicht völlig unwahrscheinlich, wenn man ihre Kindheit betrachtet.
Ihre Ziehschwester Lea sieht sich dagegen als zukünftige Hausfrau und Mutter und interessiert sich deshalb für häusliche Dinge, mit Lucias Interesse an den Wissenschaften kann sie wenig anfangen.
Die wichtigste Bezugsperson in Lucias Kindheit und Jugend ist jedoch Al Shifa, eine maurische Sklavin, die für Lucia die Mutterstelle einnimmt und sie in ihrem Wissensdurst bestärkt, da sie selbst ebenfalls über eine sehr gute Bildung verfügt.
Während der Roman über weite Teile nicht nur unterhaltsam, sondern auch spannend war, hatte ich dennoch so meine Probleme mit ihm. So stellt sich mir als erstes die Frage, ob so ein Leben, wie Lucia es hier führt, überhaupt möglich gewesen wäre, nachts Christin, tags unter Juden, dazu noch von einer maurischen Haushälterin betreut und unterwiesen. Genau weiß ich es nicht, würde es aber eher unter dichterischer Freiheit verbuchen.
Doch auch wenn dies tatsächlich zugelassen worden wäre, gibt es noch einige andere Aspekte, die mir weniger gefallen haben. Die Pest mit ihrem Verlauf und Behandlungsmethoden wird hier mit einer Selbstverständlichkeit diskutiert, als ob diese Krankheit lange bekannt wäre, dabei war sie relativ neu, die letzte Pestwelle mehrere hundert Jahre zuvor wohl längst vergessen.
Auch lebt die Romanhandlung sehr vom Zufall, nicht nur ein Mal trifft die Hauptperson zufällig auf Personen, die ihr bekannt sind oder, in einer Situation, das Pferd kennen, das sie reitet. Das Ende selbst konnte mich auch nicht überzeugen, das ging mir alles zu glatt und war mir dann auch zu dick aufgetragen.
Andere Themen wie das Judenpogrom in Mainz oder die Pesterkrankungen werden dagegen sehr eindringlich dargestellt, diese Schilderungen fand ich überzeugend und sehr bedrückend. Dass Lucia dies nicht ohne Verluste übersteht war abzusehen, das Ausmaß jedoch hat mich zunächst doch überraschen können und war auch recht glaubhaft beschrieben
Zusatzmaterial sucht man in meiner Ausgabe leider vergebens. Durch ein Nachwort hätten zumindest ein paar der Fragen, die ich am Ende noch hatte, geklärt werden können, schade, dass der Verlag und die Autorin diese Chance nicht genutzt haben.

Fazit
Für mich war die Handlung zu sehr vom Zufall bedingt, manche Wendungen zwar zunächst unerwartet, im Großen und Ganzen war die Geschichte dann jedoch recht vorhersehbar. Trotzdem war das Buch nicht langweilig, und Lucias Leben zwischen den Welten, so unwahrscheinlich ich es halte, doch recht interessant.

Robert Low – Krone und Blut

AutorRobert Low
TitelKrone und Blut
OriginaltitelThe Lion at Bay
ÜbersetzerChristine Naegele
SerieDie Königskriege Band 2
Seitenzahl479
VerlagHeyne
ISBN978-3-453-41181-4
Bewertung

Achtung: Rezension enthält Spoiler zu Der Löwe erwacht
Inhalt
Schottland, 1304: Noch immer kämpft Schottland um seine Unabhängigkeit von England. Doch Robert Bruce, der Earl von Carrick, steht nun auf Seiten der Engländer, nachdem er sich einige Jahre zuvor König Edward unterworfen hat.
Doch insgeheim plant er noch immer, König seines Landes zu werden. Dafür benötigt er allerdings jede Unterstützung, die sich ihm bietet, und sei es durch ein besonderes Reliquiar, das sich plötzlich in Reichweite zu befinden scheint.
Seine Handlanger Henry „Hal“ Sientcler und Roger Kirkpatrick machen sich schon bald auf die Suche, und auch Bangtail Bob und der Hundejunge haben sich ganz der Sache verschrieben. Doch wie kann man die Unterstützung der Anhänger John Balliols gewinnen?

Meine Meinung
Schon den ersten Band dieser Trilogie habe ich mit verwirrend überschrieben, erst nach etwa der Hälfte war ich so richtig in der Geschichte drin, und gegen Ende wurde es dann auch richtig spannend. Ich hatte gehofft, dass Low dann auf demselben Niveau weitermacht und der zweite Band ungefähr dort ansetzt, wo der erste aufgehört hat.
Leider ist dies nicht der Fall und die gleichen Dinge, die ich schon zuvor bemängelt habe, treffen hier wieder zu.
Es beginnt damit, dass Robert Bruce auf Seiten der Engländer gegen William Wallace kämpft. Doch ob er es ernst meint oder ob er die Seiten nur zum Schein gewechselt hat wird nicht ganz klar. Sowieso verwendet Low wenig Energie darauf, die Motivation für die Handlung seiner Charaktere darzulegen, sie tun einfach Dinge, aber oft genug konnte ich einfach nicht verstehen, was das Ziel dahinter war.
So werden Kirkpatrick und Hal Sientcler auf die Suche nach besonderen Rubinen geschickt, und diese Suche nimmt einen nicht geringen Teil des Inhalts ein. Doch warum diese Edelsteine genau gebraucht werden, warum Robert sie unbedingt haben muss, dass deshalb solche Mühen aufgenommen wurden, war mir nicht klar. Das, wofür sie letzten Endes genutzt wurden, hätte man auch anders erreichen können. Im Nachwort wird dann erwähnt, dass diese Edelsteine eine Erfindung Lows sind. Diese vielen Seiten, die mit der Suche nach ihnen gefüllt wurden, hätten wesentlich besser genutzt werden können, um die Charaktere auszubauen oder einfach politische Zusammenhänge ausführlicher und dadurch verständlicher darzustellen.
Insgesamt sind die meisten Charaktere sehr oberflächlich gezeichnet, und wenn sie irgendeine Persönlichkeit besitzen, dann habe ich sie wohl überlesen. Bis auf Hal, der sich um seine große Liebe sorgt und alles tut, um sie aus den Klauen ihres Ehemannes zu retten, und den Hundejungen, der inzwischen fast ein Mann ist und noch immer Hunde über alles liebt, sticht keiner der anderen Charaktere durch irgendwelche besonderen Taten oder Eigenschaften heraus. Wenn einer von ihnen gestorben ist, womit man hier schon mal rechnen muss, hat mich das nicht berührt, es war dann eben einfach ein Mann weniger dabei, der sowieso austauschbar gewesen ist.
Doch auch die Gegner, besonders Malise Bellejambe oder Sir Robert Malenfaunt, sind austauschbar, ihre Motive für die Rache an Bruce und seinen Anhängern sind wenig ausgearbeitet.
An dem Schreibstil beziehungsweise der Übersetzung habe ich nichts auszusetzen, sie sind zweckmäßig und transportieren den Inhalt. Der jedoch konnte mich überhaupt nicht überzeugen, und oft genug musste ich mich regelrecht zwingen, das Buch zur Hand zu nehmen, zu ziellos hat die Geschichte vor sich herumgedümpelt, nur um, wie beim ersten Band, gegen Ende erst wirklich interessant zu werden.
An Zusatzmaterial bietet der Roman ein Personenregister, durch das man einen Überblick über die fiktiven und historischen Personen gewinnen kann. Allerdings wird einiges verraten, was über den Inhalt des Romans hinaus geht, weshalb ich denjenigen, die sich nicht mit der Geschichte Robert Bruce‘ auskennen, nicht empfehle, es genauer anzuschauen. Zudem gibt es eine Karte Schottlands und historische Nachbemerkungen, die einige Begebenheiten noch einmal genauer erklären und auch über Wahrheit und Fiktion aufklären.

Fazit
Leider konnte mich auch der zweite Band der Reihe nicht überzeugen, er hat mich sogar noch verwirrter zurückgelassen, als es der erste Band getan hat, und das, obwohl ich bereits mit den historischen Abläufen grob vertraut bin. Wem der erste Band gefallen hat, der wird wohl auch an diesem seine Freude haben, doch wer sich noch gar nicht mit der Geschichte Schottlands dieser Zeit auskennt, wird hier möglicherweise seine Schwierigkeiten haben, der Handlung zu folgen.

Vielen Dank an den Heyne-Verlag und das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!

Ulrike Schweikert – Das Siegel des Templers

AutorUlrike Schweikert
TitelDas Siegel des Templers
Seitenzahl604
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-36992-8
Bewertung

Inhalt
Pyrenäenpass, 1307: Der Ritter Kraft von Ehrenberg soll einen Tempelritter ermordet haben. Um Buße zu tun, wird er von seinem Beichtvater auf den Jakobsweg geschickt.
Als in Abwesenheit des Vaters merkwürdige Dinge geschehen und die Mutter tatenlos zusieht, entschließt sich das Edelfräulein Juliana, ihrem Vater zu folgen und nach Antworten auf ihre Fragen zu suchen. Um mögliche Verfolger abzuschütteln und die allgemeinen Gefahren zu reduzieren schneidet sie ihr Haar und reist als Junge. Gerne würde sie ganz alleine reisen, doch hat sich eine kleine Reisegruppe zusammengefunden, von denen einige Mitglieder sich recht merkwürdig verhalten und die sie nicht abschütteln kann…

Meine Meinung
Auf den ersten Blick erscheint Das Siegel des Templers als weiterer typischer Hosenroman. Wie bei den meisten Vertretern dieser Gattung werden Probleme, die sich durch diese Verkleidung ergeben, weitestgehend ignoriert, so dass die männlichen Begleiter der jungen Frau keinerlei Verdacht schöpfen. Dies hat mir einen guten Teil der Freude an dem Roman genommen, wird er dadurch doch recht unglaubwürdig.
Durch den ungewöhnlichen Aufbau gewinnt der Roman jedoch wieder ein wenig dazu, denn während die Reise auf dem Jakobsweg von den Pyrenäen bis nach Santiago chronologisch beschrieben wird, werden abwechselnd dazu Kapitel über Erlebnisse aus Julianas Vergangenheit erzählt, die mal viele Jahre zurück liegen, dann aber auch wieder kurz vor der Abreise spielen. Diese Erzählweise kann schon mal verwirren, zumal die Kapitel, die in der Vergangenheit spielen, im Präsens geschrieben sind, während für die spätere Reise die Vergangenheitsform gewählt wurde, jedoch werden so immer wieder aufgekommene Fragen im richtigen Moment beantwortet und die Spannung dadurch hoch gehalten, was durch eine rein chronologische Beschreibung nicht der Fall gewesen wäre. Es erfordert jedoch ein wenig Konzentration und einen Blick auf die Jahreszahl zu Beginn jedes Kapitels, um den Überblick nicht zu verlieren und jedes Puzzleteil an seinen Platz setzen zu können. Zusammengenommen ergeben sie ein grobes Bild darüber, was in der Vergangenheit wirklich geschehen ist und welche Rolle Julianas Vater in der ganzen Geschichte spielt.
Dagegen ist die Beschreibung von Julianas Reise zwar überwiegend spannend, gelegentlich aber auch langatmig erzählt. An manchen Stellen erscheint es mir, als ob die Autorin hier einen Reiseführer über den Jakobsweg im Mittelalter schreiben wollte, mit längeren Passagen, in denen einer der Reisegefährten die Stationen und Sehenswürdigkeiten des nächsten Abschnitts beschreibt. Mir war es etwas zu viel des Guten, das hätte man auch anders umsetzen können. So kamen mir die Reisenden wie Touristen vor, obwohl Juliana doch ihren Vater so dringend finden muss.
Stellenweise war der Roman vorhersehbar, doch immer mal wieder gab es dann, oft durch einen Blick in die Vergangenheit eingeleitet, eine neue Wendung, die ein ganz anderes Licht auf die Ereignisse geworfen hat.
So hatte ich zunächst das Gefühl, es hier doch sehr mit platten, stereotypen Charakteren zu tun zu haben. Da wäre natürlich zuerst Juliana, die locker als junger Mann durchgeht – darüber habe ich mich weiter oben schon ausgelassen. Obwohl sie in ihrer Kindheit viele Freiheiten hatte, kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass sie sich so problemlos in diese Rolle einfinden kann. In den Rückblicken sieht man sie jedoch als das verwöhnte Kind, das ihren Kopf oftmals durchzusetzen weiß.
Ihre Reisegruppe besteht aus zwei Kirchenmännern und zwei Rittern, und alle zeigen in irgend einer Form Interesse an Juliana, so dass sie das Gefühl hat, von allen Seiten bedroht zu werden. Doch nicht alles ist, wie es scheint, und so zeigt sich erst ziemlich am Ende, wer hier mit welchen Motiven auf die Reise gegangen ist. Auch das Ende selbst war so ganz anders als erwartet, was mich doch sehr gefreut hat, zeigt es doch, dass Ulrike Schweikert es nicht nötig hat, bekannten Schemata zu folgen.
Tempelritter selbst spielen in diesem Roman eine untergeordnete Rolle. Sie tauchen hier und da mal auf, abgesehen davon ist der Name des Romans allerdings eher irreführend. Es wird erst ganz zum Schluss deutlich, worum es eigentlich genau bei dem Mord zu Beginn geht und was es mit dem Siegel auf sich hat, wer sich mit der Geschichte der Tempelritter allerdings nicht auskennt, ist möglicherweise auf Aufklärung durch das ausführliche Nachwort angewiesen.
Der Schreibstil war überwiegend gut und flüssig zu lesen, manche Ausdrücke kamen mir jedoch regional geprägt vor und sind mir so in Büchern selten untergekommen. Auffällig ist zudem, dass Städtenamen oft in alter Schreibweise verwendet werden, die aktuellen Namen aber durch Fußnoten deutlich gemacht werden.
Neben dem Nachwort wird der Roman durch ein Personenregister, ein Glossar sowie ein Literaturverzeichnis ergänzt. Eine Karte, durch die man Julianas Weg nachvollziehen kann, fehlt leider – möglicherweise ist sie für diejenigen, die bereits mit dem Jakobsweg vertraut sind, unnötig, mir jedenfalls hätte sie sehr geholfen.

Fazit
Eine überwiegend fesselnde Rahmenhandlung und ein ungewöhnliches Konzept treffen hier mit dem typisch seichten Hosenroman zusammen. Heraus kommt eine Mischung, die ich zwar mit großer Spannung gelesen habe, die mich aber nicht völlig überzeugen konnte.

Michael Peinkofer – Das Buch von Ascalon

AutorMichael Peinkofer
TitelDas Buch von Ascalon
Seitenzahl846
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-16798-2
Bewertung

Inhalt
London, 1096: Der junge angelsächsische Dieb Conwulf spart eisern, um schon bald seine Geliebte Nia, eine walisische Sklavin an einem normannischen Hof, freikaufen zu können. Doch bevor es dazu kommen kann, stirbt Nia an den Folgen einer Vergewaltigung.
Conn schwört Rache, doch schon bald gerät er in große Gefahr, denn er wird Zeuge eines geheimen Gesprächs…
Zur gleichen Zeit in Köln: Die Juden der Stadt sind besorgt, weil es in Teilen des Landes zu Ausschreitungen gegenüber Glaubensbrüdern gekommen ist. Besonders Isaac ben Salomon fürchtet die Zukunft, wird er doch an ein vor langer Zeit gegebenes Versprechen erinnert…

Meine Meinung
Eigentlich hatte ich keine allzu hohen Erwartungen an diesen Roman, haben mich doch andere Bücher des Autors nicht gerade begeistern können. Umso sehr war ich am Ende überrascht, dass mir diese Geschichte doch sehr gefallen hat.
In dem Roman gibt es mehrere Handlungsstränge, um Conn, Isaac ben Salomon und seine Tochter Chaya, aber auch um Guillaume de Rein, den normannischen Adeligen, der Conns Hass auf sich gezogen hat, und auch ein Armenier kommt zu Wort. Über einen Großteil des Romans laufen diese Handlungsstränge parallel, nur gelegentlich gibt es Überschneidungen. Am Ende jedoch fügt sich alles zusammen.
Das Hauptthema dieses Romans ist der erste Kreuzzug. Die schlechte Versorgungslage und die mangelhafte Organisation werden genauso thematisiert wie die Unstimmigkeiten unter den Anführern des christlichen Heers, und auch die Zwistigkeiten zwischen den muslimischen Herrschern werden angesprochen.
Sehr oft sind es einzelne Episoden, die aneinander gereiht werden und zwischen denen immer mal wieder größere Zeitabstände liegen: Hier eine Belagerung, da ein kleiner Kampf, dort der Versuch, Nahrung zu erwerben oder zu erbeuten. Gelegentlich erfährt man in späteren Szenen, was für Folgen eine bestimmte Handlung hatte. Diese einzelnen Episoden, die sich über mehrere Jahre erstrecken, sind weitestgehend spannend und auch glaubwürdig beschrieben, Peinkofer scheut auch nicht davor zurück, liebgewonnene Charaktere sterben zu lassen. Nur gelegentlich haben einige sehr unwahrscheinliche Zufälle die Glaubwürdigkeit der Romanhandlung ein wenig getrübt.
Überspannt werden diese einzelnen Szenen durch das große Rätsel um das Buch von Ascalon. Worum es sich dabei handelt wird erst ziemlich zum Schluss erklärt, obwohl einzelne Charaktere schon sehr früh davon wissen. Hier geht es, wie ich es von Peinkofer kenne, wieder ein wenig in Richtung Fantasy, jedoch nicht so stark wie in anderen seiner Romane.
Die Darstellung der Charaktere ist mal mehr, mal weniger gut gelungen.
Conn gefällt mir, er ist der Sympathieträger des Romans. Er ist anpassungsfähig, macht aber auch mal Fehler und trifft auch schon mal die falschen Entscheidungen, seine Handlungen konnte ich jedoch immer nachvollziehen.
Die weibliche Hauptperson ist die Jüdin Chaya. Sie fällt ein wenig aus der Rolle, tritt sie doch über weite Teile des Romans als Mann verkleidet auf, wodurch das Reisen zwar sicherer für sie ist, insgesamt halte ich eine solche Verkleidung über so einen langen Zeitraum jedoch für wenig glaubwürdig.
Conns Gegenspieler ist der Normanne Guillaume de Rein, ein Sadist und Egoist. Seine Mutter hat Großes mit ihm vor, und zusammen vollführen sie viele Grausamkeiten. Leider sind die beiden sehr einseitig beschrieben, hier hätte ich mehr erwartet.
Doch es gibt andere wichtige Charaktere, die wesentlich vielschichtiger beschrieben sind, die Geheimnisse mit sich herumtragen, die nach und nach aufgedeckt werden.
Die Romanhandlung wird durch eine farbige Europakarte in der vorderen Klappe und ein Personenregister zu Beginn des Buches ergänzt. Zwar gibt es auch ein kurzer Nachwort, hier wird jedoch nicht auf die Historie eingegangen. Ich kann mir vorstellen, dass der Kreuzzug selbst recht authentisch beschrieben ist, doch inwiefern nun das Buch von Ascalon eine Erfindung des Autors oder Bestandteil jüdischer Überlieferung ist hätte ich schon gerne gewusst.

Fazit
Ein spannender Roman über den ersten Kreuzzug, ein geheimnisvolles Buch und eine gefahrvolle Reise. Mein Lesespaß wurde ein wenig durch einige einseitig beschriebene Charaktere und zu glückliche Zufälle getrübt, doch wurde dies an anderer Stelle wieder ausgeglichen. Wer gerne Abenteuerromane liest und sich für den Kreuzzug interessiert, könnte mit diesem Buch seine Freude haben.