Schlagwort-Archive: Mittelalter

Daniel Wolf – Das Licht der Welt

AutorDaniel Wolf
TitelDas Licht der Welt
SerieVarennes-Saint-Jacques Band 2
Seitenzahl1152
VerlagGoldmann
ISBN978-3-442-48050-0
Bewertung

Achtung: Rezension enthält Spoiler zu Das Salz der Erde

Inhalt
Varennes-Saint-Jacques, Oberlothringen, 1214: Rémy Fleury kehrt nach Ende seiner Ausbildung in seine Heimatstadt zurück, um dort eine eigene Werkstatt als Schreiber zu eröffnen. Doch damit zieht er sich den Zorn des Abtes von Longchamps zu, der in Rémy einen Konkurrenten sieht, verfügt seine Abtei doch über ein Skriptorium, dessen Dienste sich die Mönche gut bezahlen lassen.
Vier Jahre später: Einige junge Männer Varennes dienen im Heer von König Friedrich II. bei der Belagerung von Amance. Angeführt wird die Schar Freiwilliger von Anseau Lefèvre, der seine Männer für eigenen Ruhm opfert. Als Michel Fleury nach dem Rechten sieht, macht er sich in Lefèvre einen Feind fürs Leben…

Meine Meinung
Wie schon in Das Salz der Erde erzählt Christoph Lode unter dem Pseudonym Daniel Wolf eine Geschichte, die viele Jahre umspannt. Auch wenn zwischen den beiden Romanen einige Jahre liegen, so sind die Verhältnisse doch weitestgehend unverändert, und man trifft auf viele alte Bekannte. Obwohl es nicht zwingend notwendig ist, den ersten Band der Reihe zu kennen, um die Handlung in Das Licht der Welt zu verstehen, so empfiehlt es sich dennoch, ihn vorher gelesen zu haben.
Dreh- und Angelpunkt des Romans ist mal wieder die fiktive lothringische Stadt Varennes-Saint-Jacques, die sich seit Beginn des ersten Bandes stark verändert hat. Zwar laufen immer mal wieder historische Personen durchs Bild, und reale Ereignisse haben einen Einfluss auf die Stadt, im Großen und Ganzen ist die Handlung aber fiktiv, so dass der Autor große Freiheiten hat, seine Handlung zu gestalten.
War im ersten Roman noch Michel die Hauptperson, nimmt diese Rolle hier Rémy ein, ohne jedoch seinen Vater komplett in den Hintergrund zu drängen.
Wer den ersten Band kennt, ist mit Rémys Persönlichkeit vertraut. Er ist ein Sturkopf, der seinen eigenen Weg geht, der keinen Sinn darin sieht, vor Autoritäten zu buckeln und sich durch seine eigenbrötlerische Art nicht nur Freunde macht. Mit seinem Vater verbindet ihn auch keine innige Liebe. Im Großen und Ganzen ist er dennoch ein liebenswerter Hauptcharakter, der im Gegensatz zu seinem Vater im ersten Band schon seine Ecken und Kanten hat.
Im Vergleich zu Rémy fällt jedoch rin Großteil der anderen Charaktere stark ab. So kann man die meisten mit ihrem ersten Auftreten in Gut und Böse einteilen. Und Böse bedeutet hier nicht nur, gegen Rémy oder Michel eingestellt zu sein, vielmehr zeigen etliche Charaktere eine solche Boshaftigkeit gegenüber ihrer Mitmenschen, dass es mir deutlich übertrieben vorkam. Insbesondere Anseau Lefèvre zeigt geradezu satanische Züge und zögert auch nicht, unbeteiligten Menschen Schaden zuzufügen, solange er einen Nutzen daraus zieht, und wenn es nur dem eigenen vergnügen dient.
Dadurch sind leider Teile der Handlung vorhersehbar. Geschickte Wendungen führen jedoch dazu, dass das Buch spannend bleibt, auch wenn man sich bereits auf eben diese engestellt hat. Manche Entwicklungen waren dabei logisch, andere erschienen mir doch recht weit hergeholt.
Die Handlung folgt im Großen und Ganzen einem roten Faden, der sich jedoch immer mal wieder in Kleinigkeiten und neuen Handlungssträngen verliert, so dass ich mich schon gelegentlich gefragt habe, worauf das alles hinauslaufen soll.
Die Sprache ist einfach und zweckmäßig, so dass man der Handlung problemlos folgen kann. Auch wenn die Personen mal in deutschen, mal in französischen Gebieten unterwegs sind, so wird doch auf die Verwendung französischer Begriffe weitestgehend verzichtet. Nur in Fällen, in denen es für die Handlung wichtig ist, wird überhaupt auf die Zweisprachigkeit hingewiesen.
Die Taschenbuchausgabe verfügt in der vorderen Klappe über eine farbige Karte der fiktiven Stadt Varennes Saint Jacques sowie einer weiteren Karte der Region Oberlothringen, ein ausführliches Personenregister, ein Glossar sowie ein Nachwort zum historischen Kontext und ist somit sehr gut ausgestattet.

Fazit
Ein spannender Roman, der insbesondere unter den stark stereotypen Charakteren leidet, der mich aber dennoch gut unterhalten konnte. Für Leser von Rebecca Gablé, Ken Follett oder Ildefonso Falcones einen Blick wert, jedoch empfehle ich, vorher den ersten Band der Reihe zu lesen.

Elizabeth Chadwick – Der scharlachrote Löwe

AutorElizabeth Chadwick
TitelDer scharlachrote Löwe
OriginaltitelThe Scarlet Lion
ÜbersetzerMonika Koch
SerieMarshal Band 3
Seitenzahl601
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-36904-1
Bewertung

Inhalt
Normandie, 1197: William Marshal, inzwischen etwa 50 Jahre alt, Earl of Pembroke und vierfacher Vater, ist einer der angesehensten Ritter Englands, der schon mehreren Königen treue Dienste erwiesen hat. Auch König Richard steht er stets zur Seite und hat dessen Krone mehrfach gegen Richards rebellierenden Bruder Johann verteidigt. Doch dann stirbt Richard, und Johann wird Englands neuer König – nicht zuletzt durch Williams Hilfe.
Dennoch fällt es dem Earl sehr schwer, Johann seine Treue zu beweisen, egal, was er versucht, ihm werden immer wieder Steine in den Weg gelegt, die es mit viel Diplomatie und Geschick zu umschiffen gilt. Dabei steht ihm seine Frau Isabelle de Clare treu zur Seite.

Meine Meinung
Dies ist Elizabeth Chadwicks zweiter Roman über das Leben William Marshals. Von etwa seinem fünfzigsten Lebensjahr an begleiten wir ihn über 22 Jahre bis zu seinem Tod.
Da es weder Personenregister noch Zeittafel gibt, Elizabeth Chadwick aber weitestgehend darauf verzichtet, Personen, die bereits aus Der Ritter der Königin bekannt sind, nochmal einzuführen und Ereignisse zu wiederholen, ist es empfehlenswert, diesen Band direkt im Anschluss an den Vorgängerband zu lesen, um den Überblick nicht zu verlieren. Und Personen gibt es nicht wenige!
Dabei werden die meisten, wie von der Autorin gewohnt, recht vielschichtig beschrieben. Selbst König Johann, der ja in Literatur und Film oft als der Erzbösewicht dargestellt wird, wird als der Mensch gezeigt, der er möglicherweise tatsächlich gewesen sein könnte. Die Motive für seine Taten, die William ein ums andere Mal in Bedrängnis bringen, sind stets für den Leser erkennbar und aus Johanns Sicht auch nachvollziehbar, auch wenn wenn ich oft über sie den Kopf schütteln musste, weil sie so unsinnig erschienen.
William selbst ist hier wie schon im Vorgängerroman der edle Ritter, der zu seinem einmal gegebenen Wort steht. Immer wieder gerät er durch seine ehrbare Haltung in Schwierigkeiten. Dennoch handelt er nicht nur aus altruistischen Motiven, vielmehr ist es auch sein Ziel, sein Vermögen und seinen Einfluss zu mehren, wenn auch im Gegensatz zu einigen seiner Standesgenossen eben mit meist ehrbaren Mitteln, und das, obwohl er bereits vom mittellosen Ritter zu einem der reichsten und mächtigsten Männer des Landes aufgestiegen ist.
Da William nun Familienvater ist, bleibt es nicht aus, dass es in diesem Roman eben nicht nur um Williams Leben im Dienste der Krone geht, sondern auch seine Familie weiter ins Zentrum rückt, mit all ihren Konflikten, die dies mit sich bringt. Einige seiner Kinder erscheinen dort wichtiger als andere, insbesondere seine Tochter Mahelt, der Chadwick später noch einen eigenen Roman gewidmet hat, sticht dabei heraus, aber auch seine Söhne William und Richard spielen eine wichtige Rolle. Romantik ist enthalten, doch sind William und Isabelle ja kein junges Paar mehr, und je älter sie werden, umso stärker tritt dies in den Hintergrund.
Doch dass das Familienleben einen wichtigen Punkt einnimmt bedeutet nicht, dass dafür die Politik vernachlässigt wird, denn selbst zurückgezogen in Irland gibt es Konflikte, die es zu lösen gilt.
Die Sprache ist weitestgehend beschreibend und einfach gehalten, so dass man der Geschichte gut folgen kann, ohne über die Bedeutung der Worte nachdenken zu müssen, und die Übersetzung ins Deutsche ist dabei gut gelungen – wenn man von der gleichzeitigen Übersetzung der Königsnamen absieht, aber dazu habe ich mich in den vorhergehenden Rezensionen schon zu Genüge ausgelassen.
Wie schon erwähnt enthält das Buch weder Personenregister noch Zeitleiste, dafür ist ein Stammbaum der Marshal-Familie enthalten, so dass man zumindest innerhalb dieser Familie den Überblick nicht verliert. Daneben sind noch drei grobe Karten sowie historische Anmerkungen zu finden.

Fazit
Elizabeth Chadwicks Stil mag nicht so emotional, so mitreißend sein wie der einiger ihrer Kollegen, doch habe ich oft mitgehofft, -gebangt und -gelitten. Der Autorin ist ein großartiges Portrait eines der größten Ritter des Hochmittelalters gelungen! Eine klare Leseempfehlung, jedoch sollte man vorher den ersten Band, Der Ritter der Königin, gelesen haben.

Elizabeth Chadwick – Der Ritter der Königin

AutorElizabeth Chadwick
TitelDer Ritter der Königin
OriginaltitelThe Greatest Knight
ÜbersetzerMonika Koch
SerieMarshal Band 2
Seitenzahl608
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-36903-4
Bewertung

Inhalt
Normandie, 1167: William Marshal ist der vierte Sohn von John FitzGilbert, Marshal von Heinrich II. Als solcher hat er keine Aussicht auf ein Erbe und muss seinen Platz in der Welt noch finden und sich hart erarbeiten. Als Knappe im Dienst von Guillaume de Tancarville, einem entfernten Verwandten, hat der Zwanzigjährige die bestmögliche Ausbildung erhalten, doch nach seinem Ritterschlag ist seine Zukunft ungewiss, auch wenn sein Können in der Schlacht und auf Turnierplätzen schon früh überzeugt.
Im Dienst unter seinem Onkel Patrick of Salisbury tritt er ins Gefolge von Königin Eleonore ein – ein Schritt mit großen Folgen!

Meine Meinung
Der Ritter der Königin, im englischen Original The Greatest Knight, ist der erste Roman, den ich von Elizabeth Chadwick gelesen habe, und er sollte nicht der letzte bleiben. Es handelt sich hierbei um den ersten von bisher zwei Bänden (ein dritter soll kommenden März in englischer Sprache erscheinen) über das Leben William Marshals, der es als zunächst mittelloser Ritter sehr weit gebracht hat. Sogar so weit, dass ich zunächst nicht glauben konnte, dass es sich hier eben nicht um einen fiktiven Romancharakter handelt, sondern um jemanden, der tatsächlich gelebt hat, auch wenn die Autorin einige Lücken in seiner Biografie zu füllen hatte. Inwieweit nun alles historisch korrekt ist kann ich nicht beurteilen, für mich erscheint die Handlung jedoch schlüssig und ist so spannend erzählt, dass ich dieses Buch auch zum wiederholten Mal kaum aus der Hand legen konnte.
Der historische Hintergrund wird durch Heinrich II., Königin Eleonore und deren Söhne gebildet, deren Konflikte untereinander und mit Adligen des Reiches, in die William schon bald hineingezogen wird. Vorwissen über diese Zeit ist nicht nötig, um den Roman genießen zu können, aber hilfreich, will man die Feinheiten aufnehmen. Neben dem politischen Hintergrund werden immer wieder zusätzliche Beschreibungen über den Alltag bei Hofe, die Kleidung, das Leben der Menschen eingeflochten, die dafür gesorgt haben, dass ich mir das Beschriebene sehr gut vorstellen konnte und ein regelrechtes Kopfkino abgelaufen ist, ohne dass es zu viele Informationen auf einen Schlag gewesen wären.
Chadwick stellt William Marshal als jemanden dar, der durch ein Erlebnis in jungen Jahren stark geprägt ist: Ihm geht Treue zu seinem jeweiligen Herrn über alles, und auch seine eigene Ehre ist ihm wichtig. Einen Schwur spricht er nicht leichtfertig aus, im Gegensatz zu manchen seiner Zeitgenossen. Da er zudem ein guter Kämpfer, sowohl in Turnieren als auch in echten Schlachten, ist, erscheint er hier schon fast übertrieben gut, edel und geschickt, dazu noch wortgewandt und gutaussehend. Negative Seiten sucht man beinahe vergeblich, denn seine Beschreibung als Vielfraß und Langschläfer sehe ich eher als spöttische Hänselei denn als echte negative Darstellung. Und dennoch kam er mir hier nicht wie ein Übermensch vor, sondern eben als Mensch seiner Zeit, der durch seine Erlebnisse und Mitmenschen geprägt ist. Wer mehr über Williams Jugend lesen will, kann darüber in Das Banner der Königin nachlesen, dies ist aber für das Verständnis nicht notwendig.
Es kommen eine Vielzahl an überwiegend belegt historischen Personen vor, so dass es nicht gerade einfach ist, den Überblick zu behalten – ein Personenregister ist leider in meiner Ausgabe nicht vorhanden, wäre hier aber hilfreich gewesen. An der Darstellung der wenigsten Personen habe ich etwas auszusetzen. Zwar sind einige Charaktere direkt bei ihrer Einführung als Gegenspieler und mögliche spätere Feinde Williams zu erkennen, aber diese Feindseligkeiten werden stets plausibel geschildert.
Sprachlich ist der Roman wenig auffällig. Er ist vielleicht nüchterner, nicht ganz so emotional gehalten wie die manch anderer Autorinnen, dies hat mich jedoch an keiner Stelle gestört. Auch die Übersetzung scheint gelungen, nur ist es, wie schon bei Das Banner der Königin, die Übersetzung einiger Namen, die mir sauer aufstößt. Warum müssen die Namen der Plantagenets eingedeutscht werden, wenn alle anderen Namen der englischen Version des Romans entsprechen?
Zusatzmaterial ist hier kaum vorhanden, einzig eine Anmerkung der Autorin über den historischen William Marshal und eine kurze Danksagung sind enthalten. Gegen ein Personenregister und eine Karte hätte ich nichts einzuwenden gehabt.

Fazit
Eine uneingeschränkte Leseempfehlung für Interessierte an englischer Geschichte dieser Zeit, spannend erzählt.

Elizabeth Chadwick – Das Banner der Königin

AutorElizabeth Chadwick
TitelDas Banner der Königin
OriginaltitelA Place Beyond Courage
ÜbersetzerMonika Koch
SerieMarshal Band 1
Seitenzahl543
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-37235-5
Bewertung

Inhalt
Normandie, 1130: John FitzGilbert ist der junge Marshal des Königs, der Herr über die Ordnung bei Hofe, verantwortlich für reibungslose Abläufe und für die Hofdirnen. Mit dem jungen Robert of Gloucester, dem unehelichen Sohn des Königs, verbindet ihn eine tiefe Freundschaft. Sorgen bereitet ihm jedoch der Blick auf die Zukunft, denn es gibt keinen direkten männlichen Thronfolger.
Als der König unerwartet stirbt, entbrennt ein erbitterter Kampf um die Nachfolge. Wem soll sich John anschließen, Matilda, der legitimen Tochter des Königs, auf die die Edlen des Landes eingeschworen wurden, die aber mit dem verhassten Geoffrey von Anjou verheiratet ist, oder einem Neffen des Königs, Stephan von Blois?

Meine Meinung
Während der Recherchen über William Marshal ist der Autorin Elizabeth Chadwick aufgefallen, dass auch das Leben dessen Vaters genügend Material für einen spannenden Roman bietet. Und somit ist Das Banner der Königin nun der nachgeschobene Auftakt der Reihe über die Familie Marshal.
Den geschichtlichen Hintergrund bildet die sogenannte Anarchy, der Bürgerkrieg Englands, in dem es um die Nachfolge Heinrichs I. geht. Als jemand, der eine hohe Position bei Hofe einnimmt, ist John FitzGilbert dicht am Geschehen, und somit verkommt der Krieg nicht nur zur Kulisse, sondern ist entscheidender Teil der Handlung. Oft genug ist er selbst involviert, nimmt an Kämpfen teil, ist beratend tätig, oder seine Familie wird mit in den Krieg hineingezogen. Dabei orientiert sich die Autorin an Fakten, sofern überliefert, und zaubert ein stimmiges Bild dieser Zeit, verpackt in einer Geschichte, die erfunden auch kaum spannender hätte sein können. Ein wenig Vorwissen über diese Zeit kann aufgrund der Fülle der Nebenpersonen nicht schaden, weil man sonst doch recht schnell den Überblick verlieren kann, ist jedoch kein Muss.
Neben den politischen Handlungen ist auch das Familienleben ein großer und wichtiger Bestandteil des Romans, man erfährt etwas über das Alltags- und Liebesleben der Edlen des Landes. Dieses ist im Vergleich nicht ganz so spannend, auch weil man schon recht früh erkennen kann, in welche Richtung es sich entwickelt. Nimmt man jedoch alles zusammen ergibt sich ein stimmiges Bild über das Leben dieser Zeit, das eben nicht nur aus Kampf und Politik, sondern auch aus den schönen Dingen und Alltäglichem besteht.
John FitzGilbert wird als ehrgeiziger Mann geschildert, der durch sein Vermögen, immer den Überblick zu behalten, schon sehr jung eine wichtige Position erworben hat, der aber auch schon mal skrupellos sein kann, wenn es um die Vermehrung seines Vermögens geht und der sehr viel auf seine Ehre gibt. Er ist eben nicht nur ein Gutmensch, sondern ein Kind seiner Zeit, und dennoch war er mir die meiste Zeit über sympathisch.
Weitere wichtige Personen sind Aline Pipard, Johns Mündel und Frau, deren Frömmigkeit stark übertrieben anmutet, aber für die damalige Zeit nicht ganz ungewöhnlich gewesen sein dürfte und die mit der Führung eines Haushalts gnadenlos überfordert ist, sowie Sybilla von Salisbury, ein junges Mädchen, das John aus der Ferne bewundert. Auch wenn es hier einige Charaktere gibt, die eher negativ dargestellt werden, gibt es keine reine Schwarz-Weiß-Zeichnung, jeder, auch John FitzGilbert, zeigt sich von mehreren Seiten und hat einen Grund für sein Handeln.
Die Sprache ist klar und einfach, die Übersetzung gut lesbar. Einzig gestört hat mich, wie auch bei anderen Romanen von Elizabeth Chadwick, das Durcheinander von übersetzten und nicht-übersetzten Namen. Warum muss der englische König unbedingt Heinrich heißen? Sein Schwiegersohn heißt doch auf weiterhin Geoffrey, wenn auch „von“ Anjou, anstelle von Geoffroy oder Gottfried.
Die Taschenbuchausgabe ist mit diversem Zusatzmaterial ausgestattet. So gibt es einige Karten, einen Stammbaum der Marshals, historische Anmerkungen sowie eine kurze Bibliographie.

Fazit
Ein lesenswerter Roman über die Anarchy, den ich allen Interessierten über diese Zeit ans Herz legen möchte und an dem ich neben der übersetzten Namen kaum etwas auszusetzen habe.

Rebecca Gablé – Von Ratlosen und Löwenherzen

AutorRebecca Gablé
TitelVon Ratlosen und Löwenherzen
Seitenzahl239
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-64242-7
Bewertung

Inhalt
Von 450 bis 1485, vom Zeitpunkt, zu dem die Römer England verließen und die Angeln die Insel zu bevölkern begannen, bis zur Schlacht von Bosworth, die das Ende der Rosenkriege markiert, so wird in England das Mittelalter definiert. Rebecca Gablé, die vor allen Dingen durch ihre England-Romane bekannt geworden ist, gibt hier einen kurzen Überblick über diese Zeit.

Meine Meinung
Sachbücher gehören eigentlich nicht zu meinem bevorzugten Lesestoff, viel lieber tauche ich durch Romane in vergangene Zeiten ein. Doch da ich bisher von Rebecca Gablé noch nicht enttäuscht worden bin, war ich auf dieses Buch doch sehr gespannt.
Die Autorin führt hier chronologisch durch das englische Mittelalter, erklärt, wie manche verzwickte Situation zustande gekommen ist, und während das Hauptaugenmerk zwar auf der regierenden Schicht liegt, so wird der Blick auf die normale Bevölkerung auch nicht vergessen.
Auch wenn dieses Sachbuch mit etwa 240 Seiten nicht gerade umfangreich ist, war ich doch etwas enttäuscht darüber, dass dem halben Jahrtausend, in dem England von Angelsachsen beherrscht wurde, und damit der Hälfte der Zeit, die als Mittelalter bezeichnet wird, nicht einmal dreißig Seiten gewidmet wird. Und während dieser wenigen Seiten geht es überwiegend um die Besiedelung beziehungsweise Eroberung des Landes durch die verschiedenen Völker, Sachsen wie Nordmänner. Auch wenn es da noch kein „Königreich England“ gegeben hat, wäre es doch interessant gewesen, mehr über diese Zeit zu erfahren. Erst König Alfred dem Großen wird mehr Aufmerksamkeit gewidmet, danach geht es direkt zu den Ereignissen über, die zu dem Einzug der Normannen in 1066 geführt haben.
Dafür bleibt für die besser dokumentierten Jahrhunderte nach 1066 mehr Raum. Nur ist es aber auch gerade diese Zeit, über die ich bereits recht gut Bescheid weiß und über die es eine große Auswahl an Romanen gibt – zu einigen Jahren und Ereignissen mehr, zu anderen eher weniger – weshalb ich wenig neue Informationen aus dem Buch ziehen konnte. Und leider bleibt die Autorin auch sehr auf England konzentriert, doch Geschichte eines Landes funktioniert nicht, ohne dass man auch einen Blick auf die benachbarter Länder wirft. So wird zwar immer mal wieder Bezug auf diese genommen, doch fehlt da oft der Gesamtzusammenhang, so dass der Überblick schnell verloren gehen kann, wenn man sich mit der Zeit wenig auskennt.
Der Schreibstil ist es jedoch, der dafür gesorgt hat, dass keine Langeweile aufkam, denn er ist spritzig und humorvoll, manche Formulierung hat mich zum Schmunzeln gebracht. Die eine oder andere Formulierung war mir dann allerdings doch zu locker und unpassend, wenn beispielsweise Alienor von Aquitanien als Skandalnudel bezeichnet wird.
Etwas verwirrt hat mich die Erwähnung von Artus. So wird ziemlich zu Beginn behauptet, dass es Belege dafür gibt, dass er sich den Angelsachsen in zwölf Schlachten entgegenwarf und zwölf Mal siegte (S. 12). Im späteren Verlauf wird jedoch gesagt, dass es Artus nie gegeben hätte (S. 150).
Wie man es bei einem Sachbuch erwarten kann, erhält auch dieses Buch diverse Zusatzmaterialien wie Karten von England und Frankreich, eine Zeittafel, einen Stammbaum der Könige ab Alfred dem Großen sowie zahlreiche Illustrationen, leider nur in Schwarz-Weiß. Diese Zusatzinformationen hätten gerne noch umfangreicher und detaillierter ausfallen können, insbesondere der Stammbaum englischer Könige ist doch sehr knapp gehalten und bietet kaum mehr als die direkte Abstammungslinie von Alfred dem Großen bis hin zu den Kontrahenten der Rosenkriege.

Fazit
Ein seriöses Sachbuch liegt hier nicht vor, aber das will dieses Buch auch gar nicht sein. Wer sich einen groben Überblick über das englische Mittelalter verschaffen will, insbesondere über die Könige von 1066 bis 1485, und sich dabei gut unterhalten wissen will, der macht mit diesem Buch wenig falsch. Wenn man sich dagegen schon recht gut mit der genannten Zeit auskennt, bietet dieses Buch wenig Neues.