Autor | Claudia Kern |
Titel | Das Schwert und die Lämmer |
Seitenzahl | 480 |
Verlag | Blanvalet |
ISBN | 978-3-442-37439-7 |
Bewertung |
Inhalt
Winetre, Ostern 1212: Nach dem Tod ihres Mannes möchte die Magd Madlen eine Pilgerfahrt nach Köln unternehmen, doch einen Tag vor der geplanten Abreise wird ihr die Teilnahme untersagt. Kurzerhand beschließt sie, das Verbot zu ignorieren.
In Köln erlebt sie Schreckliches. Noch völlig aufgelöst trifft sie auf den charismatischen Knaben Nicolaus, dem ein Engel erschienen sein soll. Nicolaus ruft zu einem friedlichen Kreuzzug der Armen und Unschuldigen auf, um das Heilige Land zurückzuerobern.
Madlen schließt sich dem Kreuzzug an und gehört schon bald zum inneren Kreis des Jungen. Doch während die Kreuzfahrer zu Beginn noch viel Unterstützung erfahren, schlägt ihnen mehr Misstrauen und Ablehnung entgegen, je weiter sie sich von Köln entfernen…
Meine Meinung
Mit diesem Roman beschreibt Claudia Kern ein Ereignis, das als Kinderkreuzzug in die Geschichte eingegangen ist. Sie erzählt sehr glaubwürdig und eindringlich aus Madlens Sicht, wie sehr vor allem die Menschen niederen Standes damals in ihrem Glauben – und Aberglauben – verhaftet waren und Dinge als wahr akzeptierten, über die wir heute nur den Kopf schütteln würden.
Zusammen mit ihren Söhnen gehört Madlen zum inneren Kreis des „Propheten“ Nicolaus, als Frau ist sie die Vernunft, das Gewissen des Kreises, aber gleichzeitig ist sie nicht in alle Entscheidungen involviert, und im Verlauf des Romans wird sie immer weiter an den Rand gedrängt. So erfährt der Leser einerseits nicht nur am Rande, wie sich der Kreuzzug entwickelt und Entscheidungen getroffen werden, andererseits werden schwerwiegende Entscheidungen nicht Madlen angelastet, die von sich als einfache Frau denkt, die ja als Magd keine allzu große Bildung aufweist und in ihrem Leben bisher nie aus ihrem Heimatort herausgekommen ist. Ihre Sprache und somit auch die Sprache des Buches ist recht einfach gehalten, was ihrem Bildungsstand entsprechen sollte. Sie glaubt vieles, was ihr von vermeintlich gebildeteren Menschen erzählt wird, selbst wenn es sich nur um Gerüchte handelt, was das eine oder andere Mal zu Missverständnissen oder Streit führt.
Dadurch, dass wir das Geschehen aus Madlens Sicht erleben, ist der Blick auf den Gesamtverlauf doch recht eingeschränkt. Man bekommt nur mit, was sie erfährt, was sie selbst erlebt, sieht und denkt. Einerseits ist man so als Leser zwar direkt im Geschehen, andererseits fehlt der Überblick darüber, was am Rand geschieht, außerhalb von Madlens Sichtfeld.
Die Handlung des Romans orientiert sich an den überlieferten Quellen, von denen heute einige als glaubwürdig, manche wiederum als unplausibel gesehen werden, insgesamt ist die Quellenlage jedoch mehr als nur dürftig. Ich kann mir jedoch vorstellen, dass es tatsächlich so oder ähnlich gewesen sein könnte.
Wer sich mit dem Thema schon einmal beschäftigt hat weiß, wie der Kreuzzug möglicherweise geendet hat. Denjenigen, die sich damit nicht auskennen, will ich nicht die Spannung nehmen, indem ich das Ende vorwegnehme. Jedoch sollte man darauf gefasst sein, in diesem Roman mit viel Gewalt in Berührung zu kommen, und so sind ein Selbstmord, eine versuchte Vergewaltigung und eine Tötung in Notwehr gleich zu Beginn des Romans nur der Auftakt zu einer Reihe von Gräueltaten, Unfällen und anderen Todesarten, die mich immer wieder haben froh sein lassen, heute und nicht im 13. Jahrhundert zu leben.
Auch die Obrigkeitswillkür, der die einfachen Menschen damals ausgesetzt waren, die Stellung und Einstellung der Kirchenmänner und des Adels, wird hier thematisiert. Es wird gezeigt, wie die Menschen die Hierarchien als gottgegeben akzeptiert haben und wie schwer es ist, aus diesen auszubrechen.
Ein Nachwort zum Verlauf der Kinderkreuzzüge, insbesondere zur Quellenlage und zu Dichtung und Wahrheit hätte sich hier sehr angeboten, doch leider gibt es außer einer Karte kein Zusatzmaterial.
Fazit
Eine eindringliche Geschichte um den deutschen Kinderkreuzzug, die aber durch die Erzählweise nur einen eingeschränkten Blick zulässt, dafür am Ende eine glaubwürdige These zur Engelserscheinung abgibt. Als Einstieg in dieses Thema ist der Roman gut zu lesen, wer sich jedoch bereits ein wenig auskennt, wird wenig Neues erfahren.