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Dagmar Trodler – Die Waldgräfin

AutorDagmar Trodler
TitelDie Waldgräfin
SerieWaldgräfin Band 1
Seitenzahl608
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-35616-4
Bewertung

Inhalt
Grafschaft Sassenberg in der Eifel, 1065: Auf einem herbstlichen Jagdausflug fällt dem Freigrafen ein Wilddieb in die Hände. Dieser schweigt jedoch beharrlich auf alle Fragen, selbst unter der Folter.
Als jedoch Alienor, die ältere Tochter des Grafen, zu Weihnachten dem Gefangenen aus Barmherzigkeit einen Besuch abstattet, erkennt sie, dass er Normannisch spricht, die Sprache ihrer verstorbenen Mutter.
Als ihr Vater dies erfährt, sieht er eine Möglichkeit, doch noch an Informationen zu gelangen: Als Sklave soll der Fremde künftig Alienor dienen, wenn sie ihn über seine Herkunft aushorcht. Schnell wird klar, dass er kein Christ ist, und so will die Grafentochter nichts mit ihm zu tun haben…

Meine Meinung
Der Konflikt zwischen zwei Religionen, dem Christentum, wie es im Mittelalter praktiziert wurde, und dem nordischen Götterglauben, ist in diesem Roman ein sehr großes Thema. Alienor als Ich-Erzählerin macht kein Geheimnis daraus, wie sehr sie in ihrem Glauben fixiert ist und welche Bedenken sie im Umgang mit ihrem heidnischen Sklaven hat. Manches Mal hätte ich sie schütteln können, so naiv, wie ihre Vorstellungen waren. Und so war es auch gelegentlich nervig, wenn sie ihrem Sklaven mal wieder das Wort verboten hat, weil er eine ihr unbequeme Wahrheit ausgesprochen hat, oder wenn sie vor den unsinnigsten Dingen Angst hatte. Andererseits kann man erkennen, wie nach und nach ihr Glaube in den Grundfesten erschüttert wird, eine Entwicklung, die mir dann doch sehr gefallen hat.
Auch sonst ist Alienor eine schwierige Person. Einerseits störrisch und wild, andererseits nicht in der Lage, sich den Dienstboten gegenüber durchzusetzen. Dass ihr Vater sie gelegentlich in er Öffentlichkeit herunter putzt, macht es nicht leichter. Und so wundert mich nicht, dass sie manchmal Dinge tut, die nicht zwingend logisch erscheinen.
Etwas schwer getan habe ich mich mit der Tatsache, dass dem Sklaven, der Hans genannt wird, innerhalb nur weniger Wochen, in denen er von der Folter gesund gepflegt wird, die deutsche Sprache so gut beigebracht wird, dass er sich ohne Schwierigkeiten verständigen kann. Das ging mir einfach zu schnell, selbst wenn es sich bei Hans um ein Sprachgenie handeln sollte. Andererseits wundert es mich überhaupt, warum er in der Sprache unterwiesen wurde, denn eine Verständigung in normannischem Französisch war ja durchaus möglich.
Auch damit, dass Hans schwer verwundet in der Lage ist, Heldentaten zu vollbringen, hatte ich so meine Probleme. Besonders glaubwürdig finde ich dies nicht.
Stellenweise anstrengend fand ich das Buch durch einzelne Wörter und Sätze in fremden Sprachen, egal ob Französisch, Latein, Nordisch oder Hebräisch. In der Reihenfolge, in der sie im Buch auftauchen, werden sie in einem Glossar übersetzt. Da es dort aber keine Angaben zur Seitenzahl gibt, muss man genau im Blick haben, welchen Begriff man als letztes nachgeschlagen hat, sonst ist man nur noch am Suchen.
Trotz all dieser Kritikpunkte hat mir der Roman doch sehr gut gefallen. Die Liebesgeschichte ist trotz aller Widrigkeiten glaubwürdig dargestellt, ich fand sie einfach nur wunderschön, und auch das Ende hat mich überzeugen können und erscheint mir dabei nicht an den Haaren herbeigezogen.

Fazit
Für mich ein wunderschöner Debutroman, den ich trotz seiner Mängel immer mal wieder gerne zur Hand nehme. Es ist aber auch kein Roman für Jedermann. Empfehlenswert für diejenigen, die gerne mal einen Roman mit Liebesgeschichte lesen, sich dabei aber nicht von häufigen Diskussionen um den wahren Glauben abschrecken lassen.

Andrea Schacht – Die Lauscherin im Beichtstuhl

AutorAndrea Schacht
TitelDie Lauscherin im Beichtstuhl
Seitenzahl478
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-36263-9
Bewertung

Inhalt
Kloster Knechtsteden, 1502: Mirza ist eine dreifarbige Katze, die bisher bei der alten Moen gelebt hat. Doch kurz nach deren Tod wird sie von dem Gärtner Meiko aufgegriffen und ins nahegelegene Kloster gebracht, wo sie die Bibliothek vor Mäusen schützen soll. Mit dem Bibliothekar Pater Melvinius versteht Mirza sich ausgezeichnet, doch Meiko ist ihr ein Rätsel, da er mehr zu sein scheint, als er vorgibt.
Doch nicht nur er scheint ein Geheimnis mit sich herumzutragen, auch Meister Clemens, ein Maler, der mit der Ausschmückung der Basilika beauftragt wurde, legt ein merkwürdiges Verhalten an den Tag…

Meine Meinung
Bei diesem Roman handelt es sich um einen historischen Fantasyroman mit Krimi-Elementen, der aus Sicht einer Katze beschrieben wird, die auch die Hauptrolle spielt und wesentlich zur Handlung beiträgt. Man sollte also keinen allzu ernsten Roman erwarten, aus dem man viel über vergangene Zeiten lernen kann. Schließlich ist die Erzählerin eine Katze, die sich einfach nur mit ihrem Umfeld beschäftigt. Und so dient das 16. Jahrhundert hauptsächlich als Kulisse, nur durch wenige Gespräche zwischen den Menschen erhält man eine geschichtliche Einordnung.
Mirza ist eine noch nicht allzu alte Katze, die sehr neugierig ist und gerne Rätsel löst. Sie kann die Sprache der Menschen verstehen, auch wenn sie nicht immer alle Zusammenhänge erkennt, schließlich legen sich die Menschen mit ihren Regeln selbst Steine in den Weg. Und so erfährt sie nach und nach, wozu Geld dient und was Sünde ist. Auf eher ironische Weise werden Verhaltensmuster der Menschen aus kätzischer Sicht beschrieben, während Mirza selbst eher der Natur folgt und so ein wenig über den Katzenalltag plaudert, über Rolligkeit, tägliche Routen, Reviermarkierungen und Gefahren, wie sie für Katzen allgegenwärtig sind. Auch über die unterschiedlichen Geschmacksrichtungen der Mäuse aus Kräutergarten, Apfelscheune und Bibliothek wird berichtet. Obwohl die Beschreibungen aus dem Katzenalltag recht nett beschrieben sind und ich gelegentlich schmunzeln musste, war es mir dann manchmal zu viel, auch durch diverse Wiederholungen.
Zu Beginn verhält sich Mirza also durchaus so, wie man sich das Leben einer normalen Katze vorstellt. Im späteren Verlauf weicht sie jedoch nach und nach davon ab und verhält sich zunehmend menschlicher, sie mischt sich in die Belange der Menschen ein und versucht, deren Probleme zu lösen. Die Darstellung finde ich durchaus gelungen, für einen Fantasyroman ist es auch durchaus passend.
Schon etwa ab der Mitte des Romans wird ein weiterer Fantasyaspekt hinzugefügt, der nach und nach mehr Raum einnimmt und mir gegen Ende dann doch etwas zu viel war.
Einen echten historischen Krimi darf man hier nicht erwarten, da viele der Rätsel schon recht bald zumindest im Ansatz geklärt werden, auch wenn die große Auflösung natürlich am Ende erfolgt. Die paar wirklichen Straftaten, die hier begangen werden, sind aber schon zu Beginn gelöst, da Mirza anwesend ist, als sie begangen oder geplant werden. Spannend finde ich den Roman trotzdem, schließlich wollte ich wissen, welche Geheimnisse die einzelnen Personen umgeben und wie die Menschen die Dinge auffassen, die Mirza schon lange weiß.

Fazit
Ein Katzenroman vor historischer Kulisse, der recht gut unterhält und auf humorvolle Weise geschrieben ist. Wer diese Art von Katzenromanen mag, könnte durchaus seine Freude an diesem Roman haben.

Neal Stephenson – Quicksilver

AutorNeal Stephenson
TitelQuicksilver
OriginaltitelQuicksilver
ÜbersetzerJuliane Gräbener-Müller und Nikolaus Stingl
SerieBarock-Trilogie Band 1
Seitenzahl1147
VerlagGoldmann
ISBN978-3-442-46183-7
Bewertung

Inhalt
England, Mitte des 17. Jahrhunderts: Wenn es nach seinem Vater, einem Puritaner, ginge, sollte Daniel Waterhouse Priester werden. Dieser interessiert sich aber viel mehr für die Mathematik und die Naturphilosophie. Schon bald freundet er sich mit seinem Studienkollegen Isaac Newton an, der immer öfter in seiner eigenen Welt zu versinken scheint.
Mitteleuropa, zur gleichen Zeit: Jack Shaftoe ist ein Tunichtgut, wie er im Buche steht, ein Landstreicher, Betrüger, gelegentlich auch Soldat und bald darauf Deserteur, wie es ihm gerade gelegen kommt. Durch die Syphilis ist er nicht immer klar im Kopf.
Während eines Kriegszugs gen Wien trifft er auf Eliza, die als Sklavin bei den Sarazenen lebt…

Meine Meinung
Dieser Roman besteht aus drei Büchern. In dem ersten geht es um Daniel Waterhouse und die Naturphilosophie, im zweiten um Jack und Eliza und um Handel, im dritten Buch dann um Daniel und Eliza und Politik.
Der Schreibstil ist dabei wenig konsequent. Mal wird einfach nur spannend erzählt, welche Abenteuer die Hauptpersonen erleben, mal ernst, mal humorvoll beschrieben. Dann wiederum gibt es seitenlange Beschreibungen der Forschungen, die von Newton oder der Royal Society durchgeführt werden, die ich nicht selten einfach nur langweilig fand. Einige Szenen sind in Form eines Theaterstücks oder eines Protokolls geschrieben, und insbesondere im dritten Buch gibt es viele Briefe. Ein Kapitel endet sogar mitten im Satz, so dass ich zunächst gedacht habe, dass es sich um einen Fehldruck handelt. Man kann sich also nie sicher sein, was einen auf der nächsten Seite erwartet.
Mit der Geschichte Englands im 17. Jahrhundert kenne ich mich wenig aus, insbesondere, was die diversen religiösen Strömungen angeht. Und so war es für mich nicht immer leicht, den Handlungen insbesondere im ersten Buch zu folgen. Ausführliche Fußnoten helfen ein wenig, für mich waren sie jedoch nicht ausreichend, so dass ich mich über das Buch hinaus informieren musste.
Und so war insbesondere das erste Buch für mich sehr schwer und eher langweilig zu lesen. Die nächsten beiden Bücher sind dagegen wesentlich ansprechender, obwohl auch diese ihre drögen Passagen hatten. Jacks Beschreibungen seiner Abenteuer sind gelegentlich etwas wirr, was aber wohl auch gewollt ist, denn seine Syphilis in einem späten Stadium sorgt dafür, dass er nicht ganz Herr seiner Sinne ist. Allerdings ist seine Geschichte hier nicht zu Ende erzählt, sie hängt ein wenig in der Luft und wird seine Fortsetzung wohl im zweiten Band, Confusion, finden.
Eliza ist eine Person, aus der ich nicht schlau werde. Sie stammt aus dem fiktiven Land Qwghlm, ist sehr gewitzt und vollführt einen ungeheuren Aufstieg, der wenig glaubwürdig ist. Doch scheint dieser Roman in einer Art alternativer Geschichte zu spielen, da es neben dem fiktiven Land Qwghlm eben auch andere Dinge gibt, die einfach als Tatsachen aufgestellt werden, die ich mir aber schwer vorstellen kann. Leider gibt es kein Nachwort, in dem der Autor über Abweichungen von der tatsächlichen Historie informiert hätte.

Fazit
Bei diesem Buch handelt es sich um einen Wälzer, der sich mit einigen verschiedenen Themen beschäftigt, keinen einheitlichen Stil aufweist und mit einem offenen Ende aufwartet. Wer leichte Lektüre für Nebenbei sucht, ist hier völlig falsch. Man sollte sich schon für einige der Themen interessieren, sonst wird man diesen Wälzer möglicherweise schon bald gelangweilt zur Seite legen.

Derek Meister – Rungholts Ehre

AutorDerek Meister
TitelRungholts Ehre
SerieRungholt Band 1
Seitenzahl544
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-37484-7
Bewertung

Inhalt
Lübeck, 1390: Der fünfzehnjährige Daniel ist Lehrling bei dem Händler und Ratsmitglied Rungholt und in dessen jüngste Tochter Mirke verliebt. Die erwidert seine Liebe, doch soll sie in wenigen Tagen mit Attendorn, einem wohlhabenden Händler und ehemaligen Bürgermeister der Stadt, verlobt werden.
Bei einem ihrer heimlichen Treffen stoßen Daniel und Mirke auf eine Leiche, die in der Trave treibt – ausgerechnet mit diesem Mann ist Daniel am Vorabend vor Zeugen aneinander geraten! Und so entschließt er sich, sein Heil in der Flucht zu suchen, wird aber sofort als Täter festgesetzt.
Um die Ehre seines Hauses wiederherzustellen, mischt sich Rungholt in die Ermittlungen ein, doch erweist sich dies als schwieriger als angenommen…

Meine Meinung
Bei diesem ersten Band einer Reihe handelt es sich um einen typischen Mitelalterkrimi. Neben dem Mordfall, der das direkte Umfeld des Ermittlers betrifft, spielen auch persönliche Dinge mit in die Handlung des Romans hinein. Dies sind in diesem Fall die Vorbereitungen für die Verlobungsfeier, die Umgestaltung des Hauses sowie einfach Zahnschmerzen des Protagonisten, aber auch Einblicke in seine Vergangenheit, die nicht direkt mit der Ermittlung zu tun haben, füllen die Seiten. Dies führt zu einer eher gemächlichen Ermittlungsarbeit – an einigen Stellen sogar zu gemächlich für mein Empfinden, steht Rungholt doch unter starkem Zeitdruck.
Zudem finde ich es unverständlich, dass die Vorbereitungen für die Verlobung einfach so weiter verlaufen, wenn ein Mitglied des Haushalts, noch dazu jemand, der in Rungholts Augen der Braut nahesteht wie ein Bruder, kurz vor der Hinrichtung steht. Ich hätte eher erwartet, dass eine Verschiebung zumindest in Erwägung gezogen wird, stattdessen wird einfach so getan, als wäre nichts passiert.
Rungholt ist zudem nicht unbedingt der Mensch, den man sich in der Rolle des Ermittlers vorstellt. Mit knapp fünfzig Jahren und etwa drei Zentnern Gewicht ist er kaum in der Lage, körperliche Anstrengungen zu bewältigen, zudem ist er kurzsichtig und verlegt regelmäßig seine Brille. Auch seine Persönlichkeit kann dies nicht ausgleichen, er ist aufbrausend und wird schnell handgreiflich, wenn etwas nicht nach seinem Willen geschieht. Ereignisse in seiner Vergangenheit haben ihn stark geprägt und beeinflussen ihn noch immer. Andererseits verfügt er über einen wachen Verstand sowie Vorwissen über Verhörmethoden, welches er ebenfalls in seiner Vergangenheit erworben hat. Auf die Vergangenheit wird nur andeutungsweise eingegangen, man erhält eine grobe Vorstellung darüber, was er erlebt haben könnte, doch aufgeklärt werden die Ereignisse nicht.
Die Krimihandlung ist relativ spannend beschrieben. Zwar bekommt man als Leser recht bald einen möglichen Täter präsentiert und weiß in dem Moment mehr als Rungholt, die Motive jedoch bleiben sehr lange unklar, zudem gibt es immer wieder interessante Wendungen. Andererseits gibt es gelegentlich Logiklöcher. So halte ich es für unwahrscheinlich, dass ein Händler aus Lübeck einen anderen, der zudem Ratsmitglied ist, nicht zumindest einmal gesehen hat. Selbst bei etwa 19.000 Einwohnern, die zu diesem Zeitpunkt in Lübeck gewohnt haben dürften, sollten Gildebrüder einander oberflächlich kennen.
Größtenteils ist der Roman in Hochdeutsch gehalten, nur gelegentlich wird Dialekt eingebunden. Einer der Freunde Rungholts wirft auch gerne mit lateinischen Sprichwörtern um sich. Ein Glossar hilft bei der Übersetzung, meist habe ich allerdings diese Sätze einfach ignoriert.

Fazit
Ein unterhaltsamer Krimi, der in seiner Handlung aber nicht immer schlüssig ist.

Claudia & Nadja Beinert – Die Herrin der Kathedrale

AutorClaudia & Nadja Beinert
TitelDie Herrin der Kathedrale
SerieUta von Ballenstedt Band 1
Seitenzahl767
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-51404-7
Bewertung

Inhalt
Ballenstedt, 1018: Mit zwölf Jahren wird Uta beinahe Opfer einer Vergewaltigung, woraufhin ihr despotischer Vater, der Graf von Ballenstedt, sie der Unzucht bezichtigt, sie verbannt und fast zu Tode prügelt. Als sie einige Tage später aus der Ohnmacht erwacht, wird sie auf Veranlassung der Mutter zum Kloster und Damenstift Gernrode gebracht, wo sie fern des väterlichen Zorns aufwachsen soll. Doch als die Mutter kurze Zeit später stirbt, verdächtigt Uta ihren Vater, etwas mit deren Tod zu tun zu haben, und schwört sich, für Gerechtigkeit zu sorgen.
Im Kloster fühlt sie sich bald wohl, nicht zuletzt wegen der Arbeit in der Schreibstube. Einige Mitschwestern machen Uta jedoch das Leben schwer…

Meine Meinung
Bei diesem Buch handelt es sich um den Debütroman der Schwestern Claudia und Nadja Beinert. Leider merkt man es ihm an, dass es sich um ein Erstlingswerk handelt, denn er zeigt einige Schwächen.
So leidet Uta in gewissen Situationen unter Stottern, was aber nicht konsequent umgesetzt wurde. So geschieht dies immer nur dann, wenn es für die Handlung gerade wichtig ist. Zudem besitzt Uta schon in sehr jungen Jahren ein fotografisches Gedächtnis, was Texte angeht, doch für die Handlung ist diese Fähigkeit fast völlig irrelevant.
Die Autorinnen haben bewusst auf anachronistische Begriffe wie Tee oder Monat verzichtet, stattdessen wird von Aufgüssen und Mondumdrehungen geredet, und auch auf das lateinische Wort Reliquie wird zugunsten des deutschen Wortes Überbleibsel verzichtet – diese letzte Entscheidung wiederum kann ich nicht nachvollziehen, da das lateinische Wort für uns heute eindeutig ist und meines Wissens damals ebenso gebräuchlich gewesen sein sollte, die deutsche Übersetzung dagegen fremd wirkt und nicht zu passen scheint. Die verwendete Sprache, insbesondere in der wörtlichen Rede, erscheint recht altertümlich, so dass es eine Weile gedauert hat, bis ich mich daran gewöhnt hatte und richtig in das Buch eintauchen konnte.
Interessant fand ich die Einbettung historischer Texte, die mit Fußnoten kenntlich gemacht wurden, in den Romantext, auch wenn ich manches Mal das Gefühl hatte, dass sie nicht ganz passen.
Auch die Handlung konnte mich nicht völlig überzeugen, spielen doch zu viele missgünstige Personen mit hinein, und nicht immer sind alle Entscheidungen logisch. So wäre es schon zu Beginn ein Leichtes gewesen, dem Vater mitzuteilen, dass es für die Blutung eine Erklärung abseits des Beischlafes gibt, schließlich wurde Uta mehrere Tage lang gepflegt, da hätte dies irgend jemandem auffallen müssen. Und die Hildesheimer Schwestern scheinen ohne Grund einfach gemein zu sein. Uta dagegen ist mir zu naiv, immer wieder traut sie den Falschen, dabei sollte sie über die Jahre langsam dazugelernt haben.
Da der Roman eine Handlung von etwa zwanzig Jahren umfasst, bleiben zeitliche Sprünge nicht aus. Leider werden diese nicht weiter kenntlich gemacht, so dass es abgesehen von den Jahreszahlen zu Beginn jedes Abschnitts kaum Hinweise auf die vergangene Zeit gibt. Und so habe ich mich manches Mal gewundert, dass weniger oder mehr Zeit vergangen ist, als ich angenommen hatte.
Im Anhang befinden sich Informationen über die wenigen Details, die über die historische Uta von Ballenstedt und deren Geschwister bekannt sind sowie Hinweise darauf, wo die Autorinnen von den Fakten abgewichen sind und wo sie ihrer Phantasie freien Lauf gelassen haben.
Während ich der Meinung bin, dass ein historischer Roman in erster Linie unterhalten und erst danach informieren soll, finde ich doch, dass sich Autoren, was ihre historischen Charaktere betrifft, so weit wie möglich an die Quellen halten sollten. Gegen Vereinfachungen oder kleinere Anpassungen aus dramaturgischen Gründen habe ich nichts, wohl aber gegen die Änderung der Lebensdaten von Personen, die für die Hauptperson wichtig sind, um mehrere Jahre.

Fazit
Der Roman ist durchaus unterhaltsam, sobald man sich einmal an die Sprache gewöhnt hat. Wer ihn als bloße Unterhaltung sieht, könnte seine Freude damit haben. Wer allerdings wie ich Wert darauf legt, dass Fakten nicht zu sehr zugunsten der eigenen Romanhandlung verdreht werden, könnte enttäuscht werden.

Vielen Dank an den Knaur-Verlag und Vorablesen für das Rezensionsexemplar!