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Antonia Salomon – Die Heilerin vom Strahlenfels

AutorAntonia Salomon
TitelDie Heilerin vom Strahlenfels
Seitenzahl431
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-16990-0
Bewertung

Inhalt
Burg Strahlenfels, zu Beginn des 16. Jahrhunderts: Katharina von Velden ist die junge Frau des Ritters Thassilo von Wildenstein. Obwohl ihre Ehe schon seit vier Jahren besteht, sind sie noch nicht mit Kindern gesegnet. Für den Inquisitor Bonifatius von Ebenstatt, einen entfernten Verwandten Thassilos, ist dies ein Beweis dafür, dass Katharinas Heilkunst nicht gottgewollt ist, sondern sie eine Hexe sein muss.
Noch ist die Verfolgung von Hexen im Reich noch nicht weit verbreitet, und als Adelige genießt die junge Frau zusätzlichen Schutz. Doch Bonifatius setzt alles daran, um Beweise gegen sie zu sammeln…

Meine Meinung
Bei Die Heilerin vom Strahlenfels handelt es sich um den Debütroman von Antonia Salomon. Auf gut 400 Seiten widmet sich die Autorin dem Thema der frühen Hexenverfolgung im Nürnberger Raum sowie der Heilkunst im 16. Jahrhundert.
Dabei legt sie viel Wert auf die Beschreibung einzelner Anwendungsgebiete der Naturheilkunde. Dies ist zwar interessant, stellenweise war das aber etwas zu ausführlich, wenn mal wieder über einen ganzen Absatz erklärt wird, wie ein Kraut wirkt und wie es zubereitet wird. Bei solch ausführlicher Recherche hätte ich mir zudem gewünscht, dass nicht nur die medizinische Anwendung, sondern auch die Herkunft der Pflanzen recherchiert werden, denn zumindest die Pfefferminze gab es im 16. Jahrhundert nachweislich noch nicht.
Auch wenn die Heilkünste Katharinas in diesem Roman nichts mit Hexenkünsten zu tun haben, so könnte man die junge Frau dennoch als Hexe sehen, denn sie hat gelegentlich Vorahnungen, Träume, die sich schon bald als wahr herausstellen. Aber warum war es hier nötig, die Hauptperson mit diesen Fähigkeiten auszustatten? Reicht es nicht, dass sie eine normale Heilkundige ist, die ihre Künste selbstlos auch den Ärmsten zuteil werden lässt?
Und das ist auch eins der Probleme, die ich mit Katharina habe: Sie ist im Prinzip ein langweiliger Gutmensch, der eben hauptsächlich durch diese beiden Eigenschaften heraussticht. Wenn sie noch andere Eigenschaften hat, dann bleiben sie hier gut verborgen.
Ihr Mann Thassilo bleibt genauso blass. Man erfährt wenig über ihn, hauptsächlich, dass er ständig in den Kampf für seinen Kaiser zieht beziehungsweise ziehen muss und deshalb des Öfteren auf die Heilkünste seiner Frau angewiesen ist. Auch, dass er und seine Frau aus Liebe geheiratet haben, ist bekannt, und dass er sie unterstützt, wenn sie Menschen auch abseits ihres Kräuterwissens helfen will.
Der Inquisitor Bonifatius dagegen ist ein richtiger Bösewicht, der Hexen brennen sehen will. Was ihn aber zu diesen Taten treibt ist mir nicht klar geworden. Ist es der Ruhm, den er sich durch diese Verfolgungen erhofft, das Ansehen des Papstes, möglicherweise ein Aufstieg in der kirchlichen Hierarchie?
Insgesamt waren mir alle Charaktere zu platt, sie lassen sich fast alle eindeutig in gut und böse einteilen, Grauschattierungen gibt es kaum, und wenn, dann nur, weil die Menschen in ihre Rollen gezwungen wurden.
Der Schreibstil ist flüssig, stellenweise wird auch vor brutalen Beschreibungen, beispielsweise in Folterszenen, nicht zurückgeschreckt, nur um dann wieder durch die eingestreuten Informationen zur Naturheilkunde recht trocken zu werden.
Große Romantik sollte man hier übrigens nicht erwarten, dazu hätte der Roman wohl einige Jahre früher ansetzen müssen. So sind Thassilo und Katharina ein Paar, das sich zwar liebt, dessen Liebesbeziehung aber nicht im Mittelpunkt steht.
Die Handlung dieses Romans ist an sich interessant. Man erfährt, wie die Inquisition in Vertretung durch Bonifatius versucht, die Hexenverfolgung zu etablieren und dabei zunächst immer wieder scheitert, wie ihr Widerstand entgegengesetzt wird, aber auch, wie etliche Scheiterhaufen brennen. Dabei behandelt der Roman einen Zeitraum von etlichen Jahren, ohne jedoch Jahreszahlen zu nennen. Nicht nur muss man sich so ständig neu orientieren, wie viel Zeit nun zwischen den recht kurzen Kapiteln vergangen ist, auch zieht sich die Geschichte dadurch sehr, obwohl das Buch doch recht wenige Seiten hat. Der historische Hintergrund neben der Hexenverfolgung könnte auch interessant sein, doch leider bleibt dieser doch recht oberflächlich. Nur selten erfährt man beispielsweise, warum und gegen wen Thassilo nun in den Kampf ziehen muss, und wegen der fehlenden Jahresangaben war es mir zu mühselig, dies im Detail nachzuschlagen.
Leider gibt es auch keinerlei Zusatzmaterial, ein Nachwort, ob nun zum historischen Kontext oder über Heilpflanzen, ist genauso wenig vorhanden wie ein Glossar, eine Zeittafel, ein Personenregister oder eine Karte. Schade, dass der Verlag hier noch immer meint sparen zu müssen, wenn die Leser doch zumindest ein wenig Hintergrundinformation erwarten.

Fazit
Aus der Thematik hätte tatsächlich ein gutes Buch werden können. Doch an der Umsetzung scheitert es wie so oft. Ich bin mir nicht sicher, für wen dieser Roman gedacht ist, denn er ist weder über einen längeren Zeitraum spannend, weil er sich über so viele Jahre hinzieht, noch besonders informativ, denn dazu kratzen die Informationen nur an der Oberfläche, und auch große Romantik sollte man hier nicht erwarten.

Ricarda Jordan – Die Geisel des Löwen

AutorRicarda Jordan
TitelDie Geisel des Löwen
Seitenzahl623
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-16825-5
Bewertung

Inhalt
Kap Arkona, 1163: Vor der Insel Rujana wurde ein Schiff der Tempelritter gekapert. Zwei Überlebende sollen dem Gott Svantevit geopfert werden. Doch die dreizehnjährige Ranin Amra verhilft dem jungen Magnus, dem Neffen des dänischen Königs, zur Flucht. Ihr Einsatz ist allerdings nicht unbemerkt geblieben und hat schlimme Folgen für das Mädchen.
Fünf Jahre später: Wieder ist Magnus nach Rujana unterwegs, diesmal im Heer Heinrichs des Löwen. Das Ziel des Herzogs ist es, das Heiligtum auf Arkona zu zerstören und die Slawen zu christianisieren. All die Jahre hat Magnus Amra nicht vergessen können. Wird er sie nun wiedersehen?

Meine Meinung
Wer schon einmal auf Rügen war, wird bestimmt auch dem Kap Arkona einen Besuch abgestattet und auch davon gehört haben, dass hier früher mal ein Heiligtum der Ranen stand, das dem slavischen Gott Svantevit gewidmet war. Auch ich habe so ein wenig über die Geschichte der Insel erfahren.
Als ich also einige Monate später über diesen Roman gestolpert bin, musste ich ihn auch unbedingt lesen. Mich hat besonders interessiert, wie Ricarda Jordan sich das Heiligtum und die Verehrung des Gottes vorstellt und die Zerstörung des Tempels schildert.
Diese Schilderungen empfand ich als sehr interessant und in sich stimmig, sie nehmen allerdings nur einen kleinen Teil der Handlung ein, denn schon bald verlagert sich die Handlung an den Hof Heinrichs des Löwen. Während mir das Hofleben in seiner Darstellung ebenfalls glaubwürdig erschien, waren es gerade Amras Stellung und ihre Erlebnisse, mit denen ich so meine Schwierigkeiten hatte.
Sie ist die Tochter eines jüdischen Kaufmanns mit seiner slawischen Haushälterin. Er bekennt sich zwar nicht zu ihr, hat ihr aber viel Wissen vermittelt, so kann sie mehrere Sprachen sprechen und auch lesen und schreiben, auch ist sie sehr schlau und durchschaut die Tricks der Priester innerhalb kürzester Zeit. Zudem zieht sie mit ihren roten Haaren und grünen Augen die Aufmerksamkeit der Männer auch sich, selbst im Alter von dreizehn Jahren. Trotz ihrer Bildung ist sie schrecklich naiv, nicht nur zu Beginn, sondern auch noch Jahre später.
Wie aber gerät eine junge Frau, die offiziell nur die Tochter einer Haushälterin ist, an den Hof Heinrichs des Löwen, und noch dazu nicht als Magd, sondern als hochgestellte Geisel? Dieser Weg war mir dann doch etwas weit hergeholt. Und dass Amra, die ja so hübsch ist, es über die Jahre schafft, unberührt zu bleiben, erstaunt dann noch mehr. Hier wurde eine Heldin geschaffen, die alles kann, durch ihre Naivität aber immer wieder in Schwierigkeiten oder unglückliche Situationen gerät.
Magnus ist dann der passende Partner für sie, denn schon von Beginn an wird deutlich, dass er ihre große Liebe sein wird, obwohl sie doch nur ein paar Worte miteinander wechseln. Er ist natürlich ebenfalls gutaussehend, mit blonden Haaren und blauen Augen, dabei aber wesentlich weniger naiv, nachdem er erkennen musste, wie knapp er dem Tod entronnen ist. Als Ritter ohne Land ist er darauf angewiesen, bei seinen Herren im guten Licht dazustehen, und so entsteht hier genügend Konfliktpotential, um die Geschichte immer wieder voranzutreiben.
Auch andere Charaktere sind sehr stereotyp beschrieben, sei es nun der geldgierige, machtbesessene ranische Priester Muris, der gütige jüdische Kaufmann Baruch oder die verzogene Königstochter Mathilde, die klar in ihren Rollen als Freund oder Feind festgelegt sind.
Die Handlung selbst ist meist überwiegend spannend, wenn auch, wie bereits angesprochen, nicht immer glaubwürdig. Hier stand wohl eher die Liebesgeschichte im Zentrum, auch wenn der historische Hintergrund mir recht gut recherchiert erscheint und auch nicht uninteressant ist. Ich habe den Roman so innerhalb kurzer Zeit durchgelesen, einerseits angezogen von der doch recht spannenden Geschichte, andererseits aber auch wenig begeistert von den beschriebenen Abenteuern, die Amra hier erlebt.
In einem Nachwort geht die Autorin auch noch einmal auf die historischen Tatsachen und die Quellenllage ein, auf die Situation der Ranen, die Christianisierung der Slawen, aber auch auf Heinrich den Löwen selbst. Weiteres Zusatzmaterial ist nicht vorhanden, dabei wäre eine Karte der Gebiete um Vitt und Arkona zur damaligen Zeit schon sehr interessant gewesen.
Sprachlich ist der Roman wenig auffällig, der flüssige Schreibstil ermöglicht es, den Roman zügig zu lesen. Einige wenige slawische Namen sind gewöhnungsbedürftig und leicht zu verwechseln, dies geht jedoch weniger zu Lasten der Autorin.

Fazit
Wer hier mehr über die Ranen und die Geschichte Rügens lernen möchte, wird hier wahrscheinlich enttäuscht werden, weil dies doch eher kurz kommt. Wer sich dagegen von einer spannenden Liebesgeschichte unterhalten lassen und nebenbei ein wenig Hintergrundwissen über diese Zeit aufnehmen möchte, der ist mit diesem Buch sicher gut bedient.

Hannes Wertheim – Der Kapuzinermönch

AutorHannes Wertheim
TitelDer Kapuzinermönch
Seitenzahl543
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-25296-1
Bewertung

Inhalt
Thüringen, 1525: Nach der Schlacht bei Frankenhausen ist der Bauernführer Thomas Müntzer gefangen genommen, seine Anhänger vernichtend geschlagen worden. In den Wirren nach dem Krieg suchen einige Flüchtige in einem Stollen Zuflucht, wo sie auf Märthe treffen, eine hässliche Alte mit einer wunderschönen Stimme, die nicht nur im medizinischen Bereich großes Wissen vorweisen kann. Zusammen beschließen sie, das Werk Müntzers im Geheimen, als Gaukler verkleidet, fortzuführen.
Doch Claudius, einem falscher Dominikaner und Anhänger des Doktor Faustus, ist diese Gruppe ein Dorn im Auge, durchkreuzt sie doch immer wieder seine teuflischen Pläne…

Meine Meinung
Der Beginn dieses Romans, der schon vor längerer Zeit erschienen ist, ist sehr vielversprechend. Nicht nur finde ich den historischen Hintergrund des Bauernkrieges sehr interessant, auch die Recherche scheint sehr fundiert zu sein, was man immer mal wieder an kleinen Details erkennen kann. Während es zu Beginn wirklich um die Themen Bauernkrieg und Reformation geht, um die gefangengenommenen Bauern, das Leid, das der Adel über die Menschen niederen Standes bringt und das diese einfach so hinnehmen müssen, den brodelnden Widerstand, so verschiebt sich der Schwerpunkt der Geschichte bald in Richtung eines Katz-und-Maus-Spiels zwischen Claudius und Märthe und ihren Anhängern. Hier wird jemand gefangen genommen und befreit, dann der nächste, und immer wieder bringt sich jemand aus der Gruppe bei einem Befreiungsversuch in Gefahr. Dies zieht sich über einen nicht geringen Teil des Romans hin. Die Verlagerung der Handlung in die Stadt Köln macht den Wendepunkt in diesem Roman aus. Auch wenn das Leben in der Stadt noch so authentisch dargestellt ist, so hat es mir einfach kaum Spaß gemacht, immer wieder ähnliche Dinge zu lesen.
Ein weiterer Punkt, der mir nicht so zugesagt hat, sind die Visionen, die sowohl Märthe als auch Claudius haben. Auch der weiße Rabe Hesekiel, der nicht nur sprechen kann, sondern scheinbar auch noch weiß, was er wann zu sagen hat, und ein besonderes Gift, von dem ich bezweifle, dass es so etwas gegeben haben könnte, lassen den Roman doch stark in Richtung Fantasy kippen. Nun habe ich nichts gegen kleinere Ausflüge in diese Richtung, schließlich glaubten die Menschen zu dieser Zeit noch an Zauberei, doch war es mir hier einfach zu viel, das zusammenkam und das dem Roman die Glaubwürdigkeit genommen hat.
Während die Geschichte also vor sich her plätschert, streift sie noch andere Themen wie die Pest und Hexerei. Nach und nach steigert sie sich zu einem Höhepunkt, nur um dann völlig abrupt und halb offen zu enden. Mit dem Beginn des Romans hat das Ende kaum noch etwas zu tun, auch nicht mit der Mission, der sich die Freunde Märthes verschrieben haben.
Auch der Name des Romans ist ein wenig irreführend, denn der Kapuzinermönch Fresenius ist einfach nur Teil der Gruppe. Ein wichtiger zwar, schließlich war er früher im Krieg, weiß mit Sprengstoffen umzugehen und hat sich zudem noch eine gewisse Bildung angeeignet, doch ist er nicht der Anführer. Diese Rolle hat Märthe inne, die durch ihren gelegentlichen Blick in die Zukunft die Flüchtigen überhaupt erst zu einer Gruppe mit einem gemeinsamen Ziel zusammengeschweißt hat. Weitere Mitglieder sind der Graf Traubstedt, der auf Seiten der Bauern gekämpft hat und deshalb nicht nach Hause zurück kann, der Landsknecht Michael, dessen Frau ermordet wurde, der Bauer Rufus, der während der Schlacht seinen Arm verloren hat, der Geselle Hans, die Magd Katharina sowie der stumme Sebastian und seine kleine Schwester Marie. Für mich waren das fast schon zu viele Charaktere, zumal einige über weite Teile des Romans völlig unwichtig sind und einfach mitgeschleppt werden.
Die Gegenspieler der Gruppe, der falsche Mönch Claudius und sein Gefährte, der Ritter von Bogenwald, sind teuflisch böse, Claudius gibt auch geradewegs zu, seine Seele dem Teufel verschrieben zu haben. Im Gegensatz dazu kann man die Freunde Märthes allerdings nicht gerade als Heilige bezeichnen – zum Glück, sonst wäre das Buch wirklich langweilig geworden.
Der Schreibstil ist teilweise ein wenig auf alt getrimmt, auch kommt gelegentlich Dialekt vor, doch wird beides in Maßen eingesetzt, so dass dies nicht aufgesetzt wird und sich der Roman recht gut lesen lässt.
Gerne hätte ich von der Autorin (Hannes Wertheim ist ein Pseudonym der Autorin Sabine Werz) selbst gehört, was insbesondere von den Ereignissen in Köln den Tatsachen entspricht, aber ein erklärendes Nachwort oder sonstiges Zusatzmaterial war in den 1990ern einfach noch nicht üblich, so dass auch dieser Roman ohne diese auskommen muss.

Fazit
Der Roman beginnt interessant und spannend, lässt dann aber stark nach und driftet nach etwa der ersten Hälfte in ein Katz-und-Maus-Spiel ab, das mich dann nicht mehr so wirklich fesseln konnte. Schade eigentlich, denn der Ansatz war wirklich interessant. So ist der Roman einfach nur durchschnittlich.

Jonas Herlin – Krieger des Nordens

AutorJonas Herlin
TitelKrieger des Nordens
Seitenzahl479
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-7341-0189-2
Bewertung

Inhalt
Niederrhein, 842: Eine Horde Wikinger überfällt die Stadt Xanten und besetzt diese, unter ihnen der Jarl Grimr Schädelspalter mit seinen beiden Söhnen Olav und Thorbrand. Doch Grimr will mehr Beute machen und beschließt, mit seinen Leuten die Gruppe zu verlassen und nach Novaesium zu fahren. Durch die Unruhen im Reich, herbeigeführt durch den Erbstreit der Söhne Ludwigs des Frommen, können die Wikinger ungehindert den Rhein befahren.
Doch auch zwischen den Halbbrüdern Olav und Thorbrand herrscht Unfriede, denn Olav, der lieber plant als sich in einen unnötigen Kampf verwickeln zu lassen, möchte gerne die Nachfolge seines Vaters antreten, doch dieser scheint Thorbrand zu bevorzugen…

Meine Meinung
Krieger des Nordens ist der erste Roman von Jonas Herlin. Leider wird hier im Klappentext wieder extrem weit vorgegriffen, große Teile der erwähnten Handlung finden erst etwa nach der Hälfte des Romans, zum Teil erst wenige Seiten vor Schluss statt, weshalb ich dazu raten würde, den Klappentext nicht zu lesen!
Es handelt sich um einen dieser Romane, in denen die Themen Krieg und Eroberung, Missgunst und Verrat eine große Rolle spielen, während Romantik überhaupt nicht vorkommt. Zwar gibt es im Roman einige wenige Frauen, doch wird keine einzige mit Namen genannt.
Im Zentrum der Geschichte steht der Bruderzwist, wobei dieser hauptsächlich von einer Seite ausgeht.
Die Halbbrüder Olav und Thorbrand sind am selben Tag geboren, und da niemand sagen kann, wer der ältere ist, stehen sie in Konkurrenz um die Nachfolge ihres Vaters zueinander.
Thorbrand, der Sohn einer fränkischen Sklavin, der im Christentum unterwiesen wurde und auch die deutsche Sprache spricht, ist seinem Vater sehr ähnlich. Beide stürzen sie sich in den Kampf, wenn es denn gefordert ist, sie sind immer unter ihren Männern, doch Thorbrand lässt sich auch leicht erregen und ist dann in seinem Zorn nicht aufzuhalten. Olav dagegen ist bedächtiger, nachdenklicher. Er bestreitet seine Kämpfe lieber in den hinteren Reihen, um strategisch dort eingreifen zu können, wo es nötig ist. Obwohl seine Pläne oft aufgehen und er sich auf die Unterstützung der Sippe seiner Mutter verlassen kann, ist es doch die Anerkennung seines Vaters, die ihm fehlt.
Wider Erwarten ist es nicht Olav, der hier der Sympathieträger des Romans ist, sondern Thorbrand, der unter den intriganten Art seines eifersüchtigen Bruders gelegentlich zu leiden hat.
Neben den beiden Hauptpersonen gibt es noch zahlreiche Nebencharaktere, die nicht nur einen Namen, sondern tatsächlich auch Ansätze von Persönlichkeit haben, was man bei anderen Romanen dieser Art nicht immer vorfindet. Allerdings fand ich so manche Charaktereinführung ein wenig holprig und nicht ganz elegant gelöst.
Erfreulicherweise wird auf die Einteilung der Charaktere in gut und böse verzichtet, was auch den verwirrenden politischen Zuständen geschuldet ist.
In dem Roman gibt es, wie bereits erwähnt, zahlreiche Kämpfe. Diese sind oft recht kurz beschrieben und beschränken sich auf die wichtigsten Handlungen, dennoch sollte man blutigen Beschreibungen etwas abgewinnen können. Für meinen Geschmack waren manche der Kämpfe auch ein wenig zu glücklich, wenn dann sechs Männer gegen einen kämpfen und der einzelne Krieger gewinnt.
Den historische Hintergrund liefert der Bruderzwist unter den Erben Ludwigs des Frommen, in deren Länder die Wikinger einfallen. Hintergrundinformationen über die Zusammenhänge erfährt der Leser zusammen mit Thorbrand, allerdings fand ich Thorbrands Abenteuer, während dessen er diese Informationen erhält, ein wenig aufgesetzt, als würde diese Reise nur stattfinden, damit der Leser diese Informationen erhalten kann.
Während die politischen Zusammenhänge anscheinend recht gut recherchiert wurden, haben mich doch ein paar Ungereimtheiten und Fehler in anderen Bereichen enttäuscht, beispielsweise die teuren Glasfenster in den kleinen Klosterkirchen oder scharf gewürztes Essen, um Fäulnis zu überdecken.
Neben einem Nachwort zum historischen Kontext ist das Buch mit einer Karte ausgestattet. Leider ist diese so gestaltet, dass gerade die wichtigsten Handlungsorte genau in der Mitte und somit in der Falz des Buches liegen, so dass sie wenig hilfreich ist.

Fazit
Der Debütroman von Jonas Herlin ist nicht frei von Schwächen, insbesondere bei der Einführung der Charaktere und der Art und Weise, wie der historische Hintergrund dargestellt wird, kann dafür jedoch in anderen Bereichen punkten. Wer Romane von Bernard Cornwell und Robert Low mag, könnte auch hier seine Freude haben, wer jedoch zumindest ein wenig Romantik benötigt, sollte die Finger von diesem Buch lassen.

Nachtrag, ein knappes Jahr später: Ich habe kürzlich erfahren, dass Jonas Herlin ein Pseudonym des Autors Alfred Bekker ist. Bekker hat schon sehr viele Romane veröffentlicht, so dass alle meine Anmerkungen zum Debütroman Herlins hinfällig sind, auch Fehler wie die genannten sollten einem versierten Verfasser historischer Romane nicht unterlaufen. Hätte ich dies vorher gewusst, hätte ich eine andere Wertung gegeben, ich lasse die Rezension jetzt dennoch so stehen, wie sie ist, da sie meinen damaligen Eindruck widerspiegelt.

Vielen Dank an den Blanvalet-Verlag und Literaturschock für das Rezensionsexemplar!

Nicole Steyer – Das Pestkind

AutorNicole Steyer
TitelDas Pestkind
Seitenzahl591
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-51439-9
Bewertung

Inhalt
Rosenheim, 1648: Die siebzehnjährige Marianne hat es nicht leicht. Wie eine Magd schuftet sie in der Brauerei ihrer Ziehmutter, und von den Städtern erfährt sie nur Ablehnung uns Hass, ist sie doch die einzige Überlebende einer Pestepidemie einige Jahre zuvor und gilt als Unglücksbringer.
Als Marianne eines Tages zwei Männer belauscht, die den Tod ihrer Ziehmutter Hedwig planen, weiß sie nicht, an wen sie sich wenden kann, denn die Mönche des nahegelegenen Klosters haben durch den Krieg mit größeren Problemen zu kämpfen. Doch als Hedwig tatsächlich stirbt, wird deren Sohn Anderl des Mordes verdächtigt. Der Krieg nähert sich mit großen Schritten, und plötzlich findet sich Marianne im Tross der Schweden wieder…

Meine Meinung
Mit Das Pestkind hat Nicole Steyer einen Roman über das Ende des Dreißigjährigen Krieges geschrieben, über die Menschen, die unter dem Krieg leiden, wie auch denjenigen, die von ihm abhängig sind und die gar nicht wissen, wovon sie in Friedenszeiten leben sollen. Parallel dazu werden die Ermittlungen im Mordfall beschrieben, die durch die Mönche vorgenommen werden, um den unschuldigen Anderl zu entlasten.
Mir hätte es besser gefallen, wenn sich die Autorin auf den ersten Handlungsstrang konzentriert hätte, denn die Handlung um Anderl und Pater Franz fand ich einfach unnötig. Abgesehen davon, dass hier wieder bekannte Klischees bedient werden, ist das Ende stark konstruiert, zu viele Zufälle spielen hier mit hinein. Die Zeit und die Seiten hätten eher dafür genutzt werden können, mehr über Marianne zu schreiben.
Hier gibt es nämlich immer mal wieder Lücken von mehreren Wochen, was an sich ja nicht verkehrt ist, wenn nichts passiert, jedoch war mir alles, was hier geschehen ist, doch sehr oberflächlich gehalten. Freundschaften waren eben einfach entstanden, aber diese wurden nur erwähnt und nicht tiefer gehend beschrieben. Vielleicht ist das auch gut so, denn Freunde Mariannes leben gefährlich, und nicht selten sterben sie genauso schnell, wie sie in Mariannes Leben auftauchen. Ist dies die ersten paar Male noch erschreckend, nutzt sich dieser Schockmoment bald ab. Und selbst die obligatorische Liebesgeschichte leidet unter einer gewissen Oberflächlichkeit, ein romantisches Knistern ist nur ganz selten zu vernehmen. Grundsätzlich kann man sagen, dass mich Mariannes Erlebnisse, ihr Freud und Leid, kaum berühren konnten.
Dabei ist die Handlung selbst sehr interessant, denn das Leben im Tross ist nicht nur Kulisse, sondern man erhält schon tiefere Einblicke. Der Zusammenhalt im Tross, entstehende Freundschaften, die Hierarchien, die diese Freundschaften unterbinden wollen, und nicht zuletzt die Motive, die die Soldaten und Offiziere in den Krieg getrieben haben und die Kriegshandlungen selber werden beleuchtet.
Auch die Charaktere bleiben eher oberflächlich gezeichnet, die meisten kann man schon nach wenigen Sätzen ihrer Rolle als Freund oder Feind zuordnen, die sich im Laufe des Romans auch nicht verändert.
Mariannes Rolle als Opfer ist dabei klar definiert, sie ist immer rechtschaffen und muss trotzdem ständig leiden, so dass sie bald selbst daran glaubt, dass sie Unglück bringt.
Einen Teil ihres Unglücks, nämlich ihre Anwesenheit im Schwedentross, verdankt sie Albert Wrangel. Als Offizier im Regiment seines Bruders Carl Gustav fällt er dadurch auf, dass er exzessive Gewalt, besonders Frauen und Kindern gegenüber, ablehnt. Er will Krieg gegen Soldaten führen, nicht gegen Unschuldige.
Sehr negativ gezeichnet sind vor allem der Büttel August Stanzinger, der sich erpressbar gemacht hat, aber auch der Soldat Friedrich, der sich durch Grausamkeit gegenüber Frauen und Kindern auszeichnet und sich auch nicht zu fein ist, Alberts Verfehlungen dessen Bruder zu melden.
Der Schreibstil ist sehr flüssig gehalten, auf sprachliche Besonderheiten wird weitestgehend verzichtet, nur eine Französin bekommt eine grammatikalisch nicht korrekte Sprache in den Mund gelegt. Allerdings ist die Rede davon, dass sich die Deutschen, die aus unterschiedlichen Teilen des Landes kommen, aufgrund ihrer unterschiedlichen Dialekte kaum untereinander verständigen können, was durch die Schriftsprache nicht deutlich wird. Da eine Umsetzung dieser Dialekte in die Schriftsprache aber kaum möglich ist, ziehe ich diese Lösung allen anderen Möglichkeiten vor.
Das Buch weist recht wenig Zusatzmaterial auf, einzig ein kurzes Nachwort und ein kleiner Überblick über die historisch belegten Charaktere finden sich im Anhang. Eine Karte über die Route des Trosses und die letzten Kriegsschauplätze wären allerdings sehr hilfreich gewesen, und ich hätte gerne mehr darüber erfahren, was es mit dem tatsächlichen „Pestkind“ auf sich hatte, ob es tatsächlich die Rolle eingenommen hat, die hier beschrieben ist.

Fazit
Die Handlung um Marianne und den Schwedentross ist grundsätzlich sehr interessant, leidet jedoch unter der Oberflächlichkeit der Charaktergestaltung, die Krimihandlung ist dazu in meinen Augen unnötig. Einen eher seichten Roman mit Schwerpunkt auf der Liebesgeschichte sollte man hier nicht erwarten, für Interessierte am Dreißigjährigen Krieg könnte dieser Roman aber durchaus lesenswert sein.