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Lena Johannson – Die unsichtbare Handschrift

AutorLena Johannson
TitelDie unsichtbare Handschrift
Seitenzahl457
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-50909-8
Bewertung

Inhalt
Köln, 2011: Während der Bergungsarbeiten am Kölner Stadtarchiv stößt die Lübecker Restauratorin Christa Bauer auf ein Schriftstück aus dem 13. Jahrhundert, aus dem ihr die Worte „Lübeck“ und „Betrug“ ins Auge springen! Fasziniert zieht sie weitere Erkundigungen ein.
Lübeck, 1226: Esther führt ihrem Bruder Kaspar, einem Schreiber, den Haushalt, stellt für ihn Tinte her und besorgt ihm neue Aufträge. Doch sie hat ein Geheimnis: Auch sie kann lesen und schreiben, was Frauen ihrer Schicht allerdings nicht erlaubt ist.
Eines Tages belauscht Esther zufällig ein Gespräch, in dem eine mögliche Urkundenfälschung diskutiert wird, durch die der Stadt Lübeck neue Privilegien verschafft werden sollen…

Meine Meinung
Die Urkunde, die Friedrich II. im Jahr 1226 als Abschrift des Originals von Kaiser Barbarossa vorgelegt wurde, ist wohl tatsächlich um einige Punkte ergänzt worden. Wie dies jedoch zustande gekommen ist, kann nur vermutet werden, und so bleibt viel Freiraum für Spekulationen. Lena Johannson hat diesen Freiraum genutzt, um ein Verwirrspiel um den Austausch der Urkunde zu entwickeln.
Die Rahmenhandlung, in der die Restauratorin der Urkundenfälschung auf den Grund gehen will, hätte meiner Meinung nach nicht sein müssen. Gerne lese ich so etwas als Einleitung, um einen Bezug zu unserer Zeit zu schaffen, doch immer wieder zwischendurch von Christa zu lesen fand ich unnötig und hat mich regelmäßig aus der Geschichte gerissen. Zwar erhält man dadurch einen Bezug zur heutigen Zeit, aber die Tatsache, dass die Urkunde keine reine Abschrift darstellt, ist wohl schon wesentlich länger bekannt. Somit sollte dies für eine Restauratorin keine Neuigkeit sein.
Die Handlung im Mittelalter fand ich dagegen schon wesentlich interessanter. Die Stadt Lübeck wird anschaulich beschrieben, auch alltägliche Dinge gehören dazu. So wird deutlich, wie schmutzig die Straßen Lübecks sind: Eine Frau verrichtet in der Öffentlichkeit ihr „Geschäft“, und Trippen, Holzschuhe, die man sich unter die eigentlichen Schuhe schnallt, um nicht direkt mit dem Unrat in Kontakt zu kommen, werden erwähnt. Die Herstellung von Tinte wird genauso beschrieben wie die Schwierigkeiten, an Aufträge zu gelangen.
Andere Aspekte der Geschichte konnte ich mir allerdings weniger vorstellen, wie zum Beispiel, dass es Frauen aus Esthers Schicht unter Strafe verboten gewesen sein soll, Lesen und Schreiben zu können. Sie will schließlich einen Händler heiraten, soll es ihr da verboten sein, ihm bei der Arbeit zu helfen? Ebenso hatte ich meine Probleme mit dem Namen der Hauptperson, stammt er doch aus dem Alten Testament. Ich verbinde ihn eher mit jüdischen Frauen und kann mir nur schwer vorstellen, dass eine Christin auf diesen Namen getauft wurde.
Auch die Handlung selbst hat ein paar Fragen aufgeworfen. Kann Esther eigentlich auch Latein lesen und schreiben, um überhaupt einen eigenen Urkundentext entwerfen zu können? Es wird nur beschrieben, dass Esther Lesen und Schreiben lernt, nicht aber auch andere Sprachen. Welche Rolle spielt eigentlich die alte Frau? Und was haben die Kartoffeln auf dem Acker zu suchen? Ein so offensichtlicher Anachronismus sollte doch wohl zu vermeiden sein.

Fazit
Ich hatte ein wenig mehr erwartet. Den sehr interessanten Beschreibungen des mittelalterlichen Lübecks und der Geschichte um den Austausch der Urkunden stehen ein paar Plotlöcher und eine eher langweilige Rahmenhandlung gegenüber.

Corinna Neuendorf – Die Rebenprinzessin

AutorCorinna Neuendorf
TitelDie Rebenprinzessin
Seitenzahl538
VerlagUllstein
ISBN978-3-548-28171-1
Bewertung

Inhalt
Katzenburg an der Lahn, 1437: An den Ufern der Lahn stehen sich zwei Burgen gegenüber, deren Burgherren verfeindet sind.
Pünktlich zur Weinernte lässt der Graf von Katzenburg seine Tochter Bella Heim holen. Doch das Wiedersehen erfolgt anders als erhofft, denn Rudolph von Katzenburg würdigt seine Tochter kaum eines Blickes, während sie sich nach väterlicher Liebe sehnt.
Auch Gernot von Bärenwinkel schickt nach seinem Sohn Martin, der in Padua Rechtswissenschaften studiert: Er soll das Weingut auf der anderen Seite der Lahn während der Ernte ausspionieren, vermutet Gernot doch ein Geheimnis auf den Weinbergen des Kontrahenten.
Doch schon recht bald begegnet der als Knecht getarnte Martin Bella, die anhand ihrer Kleidung nicht als Tochter des Grafen zu erkennen ist…

Meine Meinung
Der Klappentext dieses Romans zeigt mal wieder eindrucksvoll, wie man es nicht machen sollte, denn er wimmelt nur so von Fehlern. Von einer schlechten Ernte ist die Katzenburg genauso weit entfernt wie Martin ein Geheimnis kennt…
Von Beginn an hatte ich eine Vermutung, wie dieser Roman wohl enden würde, und ich wurde auch nicht groß überrascht. Doch bei Romanen dieser Art, bei der offensichtlich eine Liebesgeschichte im Zentrum steht, ist in der Regel ja auch der Weg das Ziel, und dieser verläuft nicht immer schnurgerade.
Leider sind die Personen recht konturlos und recht eindimensional gezeichnet, die Bösen sind böse, die Guten gut, nur bei wenigen Personen ist die Zuordnung nicht ganz eindeutig. Die Tochter des Grafen ist gutaussehend und bescheiden und Martin sowohl gebildet als auch körperlich in der Lage, sofort als Knecht durchzugehen. Insbesondere Letzteres hat mich gewundert, müsste er doch eigentlich aufgrund seiner Studentenhände zwischen den Knechten, die täglich mit ihren Händen arbeiten, auffallen.
Die beiden Burgen Bärenwinkel und Katzenburg gibt und gab es nie, bei den in diesem Roman erwähnten Ereignissen und den meisten Personen handelt es sich um pure Fiktion, auch wenn er in die tatsächliche Geschichte eingebunden ist. Was den Tatsachen entspricht kann man dem Nachwort entnehmen.
Trotz der erwähnten Mängel hat mich dieser Roman doch noch recht gut unterhalten, da es immer wieder Wendungen gab. Die einfach gehaltene Sprache hat den schnellen Lesefluss nur unterstützt.

Fazit
Wer reine Unterhaltung sucht und Liebesgeschichten gegenüber nicht abgeneigt ist könnte hier fündig werden, mehr sollte man aber nicht erwarten.

Sabine Weigand – Die Markgräfin

AutorSabine Weigand
TitelDie Markgräfin
Seitenzahl477
VerlagFischer
ISBN3-596-15935-0
Bewertung

Inhalt
Plassenburg bei Kulmbach im Jahr 2002: Während Bauarbeiten im Kellerbereich wird das Skelett eines Säuglings gefunden. Der Kastellan der Burg ist von dem Fund fasziniert und versucht nun herauszufinden, wer die Mutter des Kindes gewesen und wie die Babyleiche an den Fundort gelangt sein könnte.
Ansbach, 1527: Barbara von Ansbach ist erst zehn Jahre alt, als sie aus politischen Gründen verheiratet wird.
Doch ihr Eheleben verläuft nicht glücklich, denn ihr erster Ehemann verstirbt früh, und auch die zweite Ehe bleibt unvollzogen.
Und so versucht sie, ihr Glück in ihre eigene Hand zu nehmen, doch hat sie die Rechnung ohne ihre Brüder gemacht, die weiter über sie und ihre Mitgift bestimmen wollen…

Meine Meinung
Markgräfin Barbara von Ansbach ist eine historische Person, sie hat tatsächlich gelebt. In einem recht ausführlichen Nachwort beschreibt Sabine Weigand, was über die Frau bekannt ist und ab welchem Punkt man nur noch über ihr Leben und ihren Aufenthaltsort spekulieren kann. Sie erwähnt aber auch, dass sie Barbaras Lebensdaten um mehr als fünfzig Jahre, also um mindestens eine Generation, in die Zukunft verschoben hat, um ein Ereignis, das in der Mitte des 16. Jahrhunderts spielt, mitaufnehmen zu können. Zwar bin ich durchaus der Meinung, dass ein Roman zunächst der Unterhaltung dienen soll und deshalb kleinere Anpassungen aus dramaturgischen Gründen durchaus legitim sind. Eine Verschiebung von Lebensdaten um eine ganze Generation finde ich dagegen sehr ungeschickt, da sich dadurch auch andere Probleme und Unstimmigkeiten ergeben.
So fällt direkt auf, dass die Frage der Konfession Barbaras schwer zu beantworten ist: Einerseits scheint sie protestantisch zu sein, andererseits will sie den Papst um Auflösung der Ehe bitten. Das will irgendwie nicht zusammen passen. Weitere Probleme ergeben sich daraus, dass auch die Lebensdaten anderer Personen oder die Zeiträume, in denen Kriege stattfanden, geändert werden mussten, um Barbaras Schicksal authentisch darzustellen.
Somit handelt es sich bei diesem Roman nicht um die wahre Lebensgeschichte der Barbara von Ansbach, sondern um die Geschichte einer fiktiven Barbara.
Der Teil des Romans, der in der Vergangenheit spielt, hat mir trotz des – zugegebenermaßen sehr großen – Kritikpunkts ganz gut gefallen. Barbara ist eine interessante Persönlichkeit, der übel mitgespielt wurde, von Menschen, die ihr eigentlich nahestehen sollten. Durch den zweiten Handlungsstrang wird leider sehr viel Spannung aus diesem Teil herausgenommen, da einfach schon zu viel verraten oder angedeutet wird, denn der Stand der Ermittlungen in der Gegenwart entsprechen in den wenigsten Fällen der chronologischen Handlung im 16. Jahrhundert.
Weniger gefallen haben mir die gelegentlich eingestreuten Briefe, die mich immer wieder aus der Geschichte gerissen haben. Mit ihrer altertümlichen Sprache sollen sie wohl authentisch wirken, doch da es sich nicht um echte Quellen handelt, finde ich sie einfach unnötig, auch wenn sie gelegentlich einen Einblick in Barbaras Gedanken ermöglichen.
Auch die Passagen, die im Jahr 2002 spielen, wären meiner Meinung nach nicht nötig gewesen. Ich fand sie im Vergleich zu Barbaras Geschichte langweilig, insbesondere dadurch, dass neben den eigentlichen Nachforschungen so viele unwichtige Handlungen beschrieben werden.

Fazit
Zu Unterhaltungszwecken ganz nett zu lesen und dabei auch spannend, auch wenn viel durch den Handlungsstrang in der Gegenwart verschenkt wird. Als Einblick in die Vergangenheit jedoch nur bedingt zu empfehlen.

Andrea Schacht – Das Spiel des Sängers

AutorAndrea Schacht
TitelDas Spiel des Sängers
Seitenzahl634
VerlagWeltbild
ISBN978-3-868-00557-8
Bewertung

Inhalt
Burg Langel im ausgehenden Mittelalter: Nach dem Tod des Burgherrn ist die Nachfolge ungeklärt, und so ruft der Ritter Ulrich von der Arken mehrere Parteien, die möglicherweise ein Anrecht haben, auf die Burg, um zu entscheiden, wem die Burg letztendlich zugesprochen werden soll. Der Minnesänger Hardo Lautenschläger wird bestellt, um die Anwärter allabendlich zu unterhalten. Doch ist dies der alleinige Grund, warum er auf die Burg bestellt wurde? Abend für Abend erzählt er eine Geschichte, die mehr ist, als sie zu Beginn zu sein scheint.
Als dann auch noch der Burgverwalter vom Söller stürzt, beschließt Ritter Ulrich, die Tore zu schließen, bis die Todesumstände geklärt sind…

Meine Meinung
Auf den ersten paar Seiten hatte ich ein paar Schwierigkeiten mit dem Roman. Dafür waren unter anderem der ständige Wechsel der Perspektive verantwortlich, denn die Geschehnisse wurden mal aus der Ich-Perspektive aus Sicht des Sängers, mal aus der 3. Person beschrieben. Zusätzlich gibt es noch eine Geschichte in der Geschichte, die von dem Sänger erzählt wird und kursiv dargestellt wird.
Ein anderer Grund für meine Startschwierigkeiten war, dass auf einen Schlag viele Personen eingeführt werden, bei denen ich mit der Zuordnung zu den einzelnen Parteien so meine Probleme hatte.
Doch schon nach ein paar Seiten war ich so richtig in der Geschichte drin, als schon die ersten Fragen aufgeworfen wurden: Warum wird der Sänger überhaupt gerufen? Kennt er jemanden auf der Burg? Was hat es mit seinem jugendlichen Helfer auf sich? Und ein Sänger mit rauer, unangenehmer Stimme, die die Zuhörer zusammenzucken lässt, scheint irgendwie auch wenig Sinn zu ergeben. Die Fragen werden aber alle Stück für Stück geklärt.
Als historisch wertvoll würde ich diesen Roman nicht bezeichnen, denn die Vergangenheit bildet eigentlich nur eine Kulisse für diese Kriminalgeschichte. Die Burg hat wohl tatsächlich existiert, wie die Autorin im Nachwort erklärt, doch die Personen sind erfunden. Allerdings repräsentieren sie ihre jeweiligen Stände recht gut und auch unterhaltsam, weshalb man sich schon vorstellen kann, dass diese Personen so gelebt haben könnten. Von Andrea Schacht erwarte ich aber auch weniger eine lehrende als eine unterhaltende Lektüre, und diese kann man hier auf jeden Fall finden. Die Auflösung des Falls geschieht mit viel Ironie, auf dem Weg dahin wird man immer mal wieder mit interessanten Wendungen konfrontiert.
Interessant fand ich, dass jedes Kapitel durch die Strophe eines Liedes eingeleitet wird, diese stammen aus der Feder verschiedener bekannter und unbekannter Sänger und Autoren aus dem Mittelalter, welche allerdings ins Hochdeutsche übersetzt wurden.

Fazit
Gut 600 Seiten leichte Lektüre für Zwischendurch, mit denen ich sehr viel Spaß hatte.

Barbara von Bellingen – Mord und Lautenklang

AutorBarbara von Bellingen
TitelMord und Lautenklang
SerieGret Grundlin Band 1
Seitenzahl269
VerlagEcon
ISBN3-612-25073-6
Bewertung

Inhalt
Köln, im Jahr 1500: Auf einem Turnier stirbt ein älterer Ritter scheinbar an einer Art Schlag. Nur wenige Tage später stirbt dessen Bruder während einer Jagd, und weitere Todesfälle in der Familie innerhalb weniger Tage sorgen für Aufsehen. Doch Gret Grundlin, Magd und Gehilfin eines Arztes, erkennt, dass es sich nicht um natürliche Todesfälle handeln kann, sondern dass sich jemand der Familienmitglieder entledigt.
Doch wie genau konnte dies geschehen, und wer kann der Schuldige sein?

Meine Meinung
Gret ist eine Person, wie man sie heutzutage oft in historischen Romanen vorfindet, die aber nicht hundertprozentig in ihre Zeit passen will. Sie hält sich für eine unscheinbare, graue Maus, dabei ist sie anscheinend hübsch, gebildet (schließlich ist sie in einem Kloster aufgewachsen und kann lesen), klug und wortgewandt, zuweilen auch noch frech und vorlaut und steht auf ihren eigenen Beinen.
Sie versucht auf verschiedenen Wegen, einen Beweis für die Morde zu finden, dabei gerät sie hin und wieder in Gefahr, aus der sie aber doch immer wieder entkommen kann, nicht selten durch Hilfe von Freunden.
Mir war leider schon nach dem ersten Todesfall klar, wer der Mörder ist, und so war die ganze Ermittlung für mich eher ein Hinterherstolpern, immer wieder hätte ich Gret am liebsten schütteln wollen, weil sie mal wieder etwas Dummes oder Gefährliches angestellt hat.
Der Erzählteil des Buches ist in Hochdeutsch verfasst, doch in der wörtlichen Rede wird je nach Bildungsgrad mehr oder weniger köl’scher Dialekt verwendet, der Medicus wirft zudem hin und wieder lateinische Begriffe ein. Dennoch bleibt der Krimi meist gut lesbar.

Fazit
Dieser historische Krimi hat mich, obwohl er extrem vorhersehbar ist, ganz nett unterhalten.