Schlagwort-Archive: 19. Jh.

Andrea Schacht – Der Lilienring

AutorAndrea Schacht
TitelDer Lilienring
SerieRing-Trilogie Band 3
Seitenzahl476
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-36034-5
Bewertung

Inhalt
Köln, 2002: Endlich weiß Anita, wie sie ihren Valerius finden kann. Doch dann werden die Ermittlungen zum Unfalltod ihres Vaters wieder aufgenommen und Anita und Rose geraten in Verdacht, etwas damit zu tun zu haben, so dass Valerius sich zurückzieht. Und so überbrücken die beiden jungen Frauen die Zeit bis zum Ende der Ermittlungen mit der Analyse von alten Tagebüchern aus dem 19. Jahrhundert.
Köln, 1810: Marie-Anna hat die Wahl, ins Gefängnis zu gehen oder für den Sous-Préfet Romain Faucon in Erfahrung zu bringen, wer Schmuckstücke aus dem Bestand des Händlers Valerian Raabe stiehlt, um damit die revolutionären Strömungen zu unterstützen. Und so nimmt die gebildete Frau eine Stelle als Hauslehrerin an. Der Hausherr ist ihr aber ein großes Rätsel…

Meine Meinung
Der Lilienring ist der abschließende Band der Ring-Trilogie von Andrea Schacht. Wie schon die Vorgänger habe ich auch diesen Roman in den letzten gut fünfzehn Jahren mehrfach zur Hand genommen und das Lesen jedes Mal aufs Neue genossen.
Auch hier gibt es wieder eine Geschichte aus der Vergangenheit, die in eine Rahmenhandlung aus der Gegenwart eingebettet ist. Diese Rahmenhandlung schießt auch hier direkt an das Ende des zweiten Bandes an. Es gibt immer wieder mal mehr, mal weniger ausführliche Informationen darüber, was in den vorherigen Bänden passiert ist, dennoch würde ich auch weiterhin empfehlen, diesen dritten Band nur dann zu lesen, wenn man auch die Vorgänger kennt, denn es wird längst nicht alles erklärt. Liest man alle Bücher am Stück, wird man sich vielleicht an den Rückschauen stören, um die Erinnerung nach einer längeren Pause aufzufrischen sind sie jedoch genau richtig.
Im Vergleich zu den Vorgängern ist die Rahmenhandlung deutlich umfangreicher, denn in Anitas und Roses Leben passiert recht viel. Nicht nur wird der Fall um den Unfalltod des Vaters neu aufgerollt, auch in Liebesdingen wird hier geplant, und dieses Mal sind es handfeste Dokumente aus der napoleonischen Zeit, aus denen sich die Geschichte der Vergangenheit zusammensetzt.
Hier geht es um Marie-Anna de Kerjean, eine junge Bretonin niederen Adels, die eine hohe Bildung aufweist, durch die Umstände aber auf eine schiefe Bahn gerät. Als sie in eine Schlägerei verwickelt wird, wird sie gefasst, doch anstatt durch Haft bestraft zu werden, soll sie dem Sous-Préfet bei einem schwierigen Fall helfen.
Während die ersten beiden Ring-Geschichten eher vor sich hin plätschern und kaum echte Spannung aufkommt, geht es hier immerhin um die Aufklärung von Anschlägen, ein für sich genommen spannendes Thema. Und auch wenn sich ein Großteil der Handlung mit dem Alltag Marie-Annas sowie der anderen Frauen im Haushalt beschäftigt, so ist diese Spannung unterschwellig immer vorhanden: Wer hat die Schmuckstücke entwendet und aus welchem Grund, und ist der Dieb auch gleichzeitig derjenige, der die Anschläge in Auftrag gibt?
Die Seelenwanderung oder Wiedergeburt ist weiterhin ein zentrales Thema, wobei jedoch oft nicht ganz klar ist, wie sehr die Beteiligten nun daran glauben oder alles auf Zufall oder Schicksal schieben, doch wird es hier auch in den Passagen aus der Vergangenheit aufgegriffen.
Sprachlich kann auch dieser Roman an die Vorgänger anschließen. In der Gegenwart ist der Schreibstil weiterhin sehr locker, die Charaktere reagieren schlagfertig, auch die wörtliche Rede ist weiterhin sehr dominant vertreten, und manches Mal muss man sich schon sehr konzentrieren, um den Überblick darüber zu behalten, wer nun gerade spricht. Dies trifft weitestgehend auch auf die Vergangenheit zu, allerdings ist hier die wörtliche Rede um einiges steifer, was an den sprachlichen Gepflogenheiten dieser Zeit liegt: Es wird regelmäßig gesiezt, generell herrscht ein sehr formaler Umgangston, zudem finden sehr viele französische Begriffe Verwendung, wie es damals wohl üblich war, den Eindruck der distanzierten Sprache aber noch einmal verschärft.
Wer sich das Personenregister anschaut, kann erkennen, dass es wieder einmal Entsprechungen der Charaktere aus der Vergangenheit zu denen der Gegenwart gibt. Wieder sind die Charaktere nicht direkt übernommen, es gibt Unterschiede in Alter, Aussehen, Beziehungen zueinander, ihre Rolle ist jedoch immer recht ähnlich. Wer die ersten Bände kennt, wird hier Parallelen zu den Handlungen der früheren Zeitebenen beider Romane finden, insbesondere gegen Ende hin, diese zeigen jedoch genügend Unterschiede zu den vorhergegangenen Geschichten auf, um nicht langweilig zu werden.
Wie schon zuvor gibt es leider wenig Zusatzmaterial, einzig ein kurzes Vorwort und ein amüsant verfasstes Personenregister.

Fazit
Ein würdiger Abschluss der Trilogie, der den Kreis schließt. Dabei weist er in beiden Zeitebenen mehr Spannung auf als der Vorgängerband, ist aber in den Abschnitten, die in der Vergangenheit spielen, durch die sprachlichen Gepflogenheiten im 19. Jahrhundert doch deutlich steifer.

Dee Brown – Der Major

Autor Dee Brown
Titel Der Major
Originaltitel Kildeer Mountain
Übersetzer Willi Köhler
Seitenzahl 318
Verlag Knaur
ISBN 978-3-426-03018-9
Bewertung

Inhalt
Dakota, 1866: Der Bürgerkrieg ist vorbei, und ein Fort soll nach dem verstorbenen Major Rawley benannt werden, der einen berüchtigten Häuptling der Lakota-Sioux gefangen genommen haben soll.
Als der Journalist und ehemalige Kriegsberichterstatter Sam Morrison zufällig davon erfährt, wittert er eine interessante Geschichte und begleitet einige geladene Gäste auf ihrer Reise zu der Gedenkfeier im Fort. Doch deren Geschichten über Rawley widersprechen sich, so dass sich Morrison bald fragt, ob es sich hier nicht um zwei völlig verschiedene Männer handelt.
Und wer ist der Mann mit der Narbe und den hohlen Augen?

Meine Meinung
Der Autor Dee Brown ist vor allem durch sein Sachbuch Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses bekannt geworden, jedoch hat er auch diverse Romane geschrieben, unter ihnen Der Major.
Den historischen Hintergrund der Handlung bildet die Zeit des Sioux-Aufstands. Verpackt wird dies in ein Verwirrspiel um einen amerikanischen Offizier, der vielleicht, vielleicht auch nicht, der ist, der er zu sein vorgibt, und um die Suche nach der Wahrheit darüber, was am Kildeer Mountain wirklich geschah. Vorwissen über die Zeit oder das Ereignis ist nicht nötig, im Roman wird alles, was wichtig ist, erwähnt. Jedoch sollte man ein gewisses Interesse für die Thematik mitbringen und keinen typischen Western erwarten.
Die Geschichte wird über weite Teile als Ich-Erzählung aus Sicht eines Reporters erzählt, der verschiedene Personen in Gespräche über Major Rawley verwickelt. Diese Interviews folgen entsprechend nicht der chronologischen Abfolge der Ereignisse, und auch äußere Einflüsse führen dazu, dass einige Gespräche immer mal wieder unterbrochen oder abgebrochen werden und so der Informationsgehalt schwankt. Andere Gespräche dagegen sind so ausführlich, dass sich der Autor entschieden hat, diese aus Sicht eines personalen Erzählers zusammenzufassen, und manche beginnen in der einen Form und wechseln in die andere.
Ebenso verwirrend wie die gewählte Perspektive ist aber auch die Handlung an sich. Immer, wenn ich dachte, ich hätte nun verstanden, wer der Mann mit der Narbe ist oder was mit Rawley passiert ist, gab es neue Einblicke, die wieder alles geändert haben. Dies sorgt für eine gewisse Spannung, erfordert jedoch auch ein hohes Maß an Konzentration, und nicht alle Fragen werden eindeutig beantwortet.
Für ein Buch von gerade einmal 318 Seiten gibt es überraschend viele Personen, für die entsprechend wenig Raum für eine ausführliche Charakterisierung zur Verfügung steht. Dies ist aber auch nicht weiter schlimm, da jede Figur dem Zweck dient, der Person Rawley näher zu kommen. Dennoch erhalten sie genügend Persönlichkeit, um in ihrer Rolle glaubwürdig zu wirken.
Durch diese gewählte Erzählform, die Ich-Perspektive gepaart mit Interviews, bleibt jedoch zu allen Charakteren eine gewisse Distanz bestehen, die es mir schwer gemacht hat, eine Verbindung zu ihnen herzustellen oder in irgend einer Form mitzufiebern.
Da das Buch schon etwas älter ist – meine Ausgabe ist von 1992 – verwundert es nicht, dass es keinerlei Zusatzmaterial gibt. So bleibt offen, wie groß der Anteil an Fiktion nun tatsächlich ist.

Fazit
Bei diesem Roman handelt es sich nicht um einen typischen Western, sondern um ein Verwirrspiel vor dem Hintergrund des Sioux-Aufstands. Es ist kein Roman, den man mal eben so nebenher lesen kann. Er hat mich ganz gut unterhalten und mich auch ein wenig nachdenklich gemacht, war aber für mich kein Highlight.

Tanja Kinkel – Wahnsinn, der das Herz zerfrisst

Autor Tanja Kinkel
Titel Wahnsinn, der das Herz zerfrisst
Seitenzahl 277
Verlag Goldmann
ISBN 3-442-13179-0
Bewertung

Inhalt
Brighton, 1851: Augusta Leigh reist zu ihrer Schwägerin, um sich mit ihr auszusprechen, waren sie früher doch einmal Freundinnen. Doch der Mann, der sie beide verbindet, steht auch nach seinem Tod noch immer zwischen ihnen.
Ende des 18. Jahrhunderts: Augusta und ihr Halbbruder George werden nach dem Tod des Vaters schon als Kinder getrennt, Augusta wächst bei verschiedenen Verwandten, George, der einen verwachsenen Fuß hat, bei seiner temperamentvollen Mutter auf. Während das Mädchen sich jedoch an den jüngeren Bruder als Kleinkind erinnert, hat dieser nahezu keine Erinnerungen an seine Schwester, und jeglicher Kontakt wird von den Erwachsenen unterbunden. Erst Jahre später haben sie die Möglichkeit, sich richtig kennen zu lernen…

Meine Meinung
Tanja Kinkel ist ein Name, den man im Bereich der historischen Romane immer wieder hört. Wahnsinn, der das Herz zerfrisst ist neben Die Löwin von Aquitanien, dem zweiten Roman in diesem Doppelband, eines ihrer frühesten Werke.
Darin geht es um den berühmten englischen Dichter George Gordon, Lord Byron, und dessen Liebe zu seiner Halbschwester Augusta Leigh.
Dieser Roman ist nicht gerade einfach zu lesen. Schon von der ersten Seite an fand ich ihn recht trocken, was daran liegt, dass weitestgehend von außen erzählt wird, was geschieht, man wird als Leser nicht abgeholt und mit auf eine Reise genommen. Einblick in den Charakter der Personen bekommt man überwiegend durch Briefe, bei denen es sich um Übersetzungen von Originaldokumenten aus dem Nachlass der Personen handelt. Dies sorgt zwar für eine recht hohe Authentizität, diese Briefe lassen sich jedoch nicht gerade einfach lesen, da sie nicht nur in aus heutiger Sicht altertümlicher Sprache verfasst sind, sondern zudem noch diverse Abkürzungen enthalten.
Dadurch, dass Tanja Kinkel hier weitestgehend auf Ausschmückungen, Spekulationen und fiktive Charaktere verzichtet, wollte sich bei der Lektüre keinerlei Spannung einstellen. Dabei war mir Lord Byron als historische Person wie auch als Autor bis dahin weitestgehend unbekannt, gerade einmal den Namen hatte ich mal gehört. Wie mag es da erst Lesern ergehen, die mit der Biografie Byrons vertraut sind und somit noch nicht einmal von den Entwicklungen überrascht werden können?
Der Roman beginnt mit der Beschreibung der Kindheit von George und Augusta, ist dabei aber recht knapp gefasst. Die beschriebenen Szenen beschränken sich weitestgehend auf die Darstellung der Erziehung sowie auf Schlüsselszenen in ihrem Leben. Dadurch erscheint ihre Kindheit sehr episodenhaft, wirklich lebendig wird keine der beschriebenen Personen. Auch im späteren Verlauf des Romans konnte ich keinerlei Beziehung zu einer der Personen aufbauen, und ein Knistern zwischen den Hauptpersonen oder auch nur eine Andeutung dessen, was die beiden für einander empfunden haben könnten, konnte ich nirgendwo entdecken.
Deshalb fällt es mir auch sehr schwer, die Personen zu charakterisieren, eben weil ich kaum Persönlichkeit entdecken konnte, zu knapp sind alle Beschreibungen gehalten. Einzig Byron selbst fällt durch seine provokante Art auf.
In meiner Ausgabe, die neben diesem Roman auch Die Löwin von Aquitanien beinhaltet, sind als Zusatzmaterial ein Nachwort zur Authentizität des Romans, eine Bibliographie sowie ein Stammbaum der Byrons enthalten.

Fazit
Ich weiß nun, wer George Gordon, Lord Byron, war und wodurch er berühmt geworden ist. Gut unterhalten wurde ich jedoch bei dem Erwerb dieses Wissens nicht, vielmehr musste ich mich durch diese recht wenigen Seiten geradezu kämpfen. Ich würde dieses Buch wirklich nur Lesern empfehlen, die sich sehr für die Person Lord Byrons interessieren.

Michael Blake – Der Tanz des Kriegers

Autor Michael Blake
Titel Der Tanz des Kriegers
Originaltitel The Holy Road
Übersetzer Petra Kall
Serie Der mit dem Wolf tanzt Band 2
Seitenzahl 399
Verlag Bastei Lübbe
ISBN 978-3-404-15059-5
Bewertung

Inhalt
USA, 1874: Seit elf Jahren lebt Lieutenant John J. Dunbar unter dem Namen Der-mit-dem-Wolf-tanzt bei den Comanchen, zusammen mit seiner Frau, ebenfalls einer Weißen, und ihren drei Kindern. Die Lebensweise ihres Volkes ist ihnen fremd geworden und sie halten sich vor den Weißen verborgen.
Doch als eines Tages Siedler Die-sich-mit-der-Faust-behauptet sehen und sie vor den Indianern retten wollen, bleibt Der-mit-dem-Wolf-tanzt nichts anderes übrig, als wieder zu John Dunbar zu werden und sich auf die Suche nach ihr zu begeben.
Doch nicht nur für den ehemaligen Lieutenant bringt die Begegnung mit den Weißen Leid, denn ihre Lebensgrundlage, die Büffelherden, wird ihnen von den Weißen genommen. Ihnen bleibt die Wahl, sich den Bedingungen des Präsidenten in Washington zu beugen oder sich auf den Kriegspfad zu begeben. Welches ist die richtige Entscheidung?

Meine Meinung
Mit Der Tanz des Kriegers setzt der inzwischen verstorbene Autor Michael Blake seine Geschichte um den Soldaten und Krieger Der-mit-dem-Wolf-tanzt fort. War der erste Band aber noch eine Art Abenteuerroman über einen Aussteiger, der sich mit der Lebensweise der Comanchen vertraut macht, so handelt es sich hier um eine Geschichte um das Ende der freien Comanchen, in der es nicht nur eine Hauptperson gibt. Vielmehr kristallisieren sich hier schon recht bald mehrere Hauptpersonen heraus, zwischen denen der Autor immer wieder hin und her springt.
Da ist neben Der-mit-dem-Wolf-tanzt beispielsweise Der-viel-lächelt, ein junger Krieger, der gut mit Pferden umgehen kann, aber ansonsten wenig Bedeutendes vollbracht hat, der aber für die Enkelin von Zehn Bären schwärmt. Auch Weiser Vogel, der neugierige Medizinmann, der John Dunbar schon im ersten Band eine Chance eingeräumt hat und der sich sehr für die Lebensweise der Weißen interessiert, spielt wieder eine Rolle, und auch Wind im Haar, der Anführer der Lanzenträger und somit ein wichtiger Krieger des Stammes, soll nicht unerwähnt bleiben.
All diese Personen haben ihre eigenen Erlebnisse, die oft zusammenhängen, manches Mal aber auch nebeneinander her laufen, um sich dann wieder zu überschneiden. Manche dieser Charaktere lehnen sich zumindest an historischen Personen an, auch einige der Ereignisse haben so oder ähnlich stattgefunden, und insbesondere über das Schicksal des Stammes wird man nicht im Trüben gelassen. Und so ist die Handlung schon überwiegend traurig und teilweise sogar schockierend, obwohl doch eigentlich genügend darüber bekannt ist.
Das Buch ist in einer nüchternen, deutlichen Sprache verfasst, die kaum emotionale Tiefe zulässt, es wird sehr viel mehr beschrieben als gezeigt. Dies ist in Anbetracht der Handlung vielleicht auch nicht verkehrt, jedoch kommt so kaum eine Bindung zu den Charakteren zustande. Bis auf die Hauptpersonen bleiben die meisten sowieso sehr blass, sie handeln getreu ihren Rollen als Krieger, Vermittler oder „böse weiße Büffeljäger“. Über den Alltag der Comanchen erfährt man wie im ersten Band nur dann etwas, wenn es für die Handlung relevant ist. Auch wörtliche Rede findet man kaum, sehr oft nur hier und da mal einen Satz, ohne Antwort des Dialogpartners, echte Gespräche sind dagegen selten. Im Vergleich zum ersten Band ist diese Fortsetzung aber stilistisch schon besser geschrieben, die Sätze erschienen mir nicht ganz so abgehackt, was aber auch an der Übersetzung liegen kann.
Im Großen und Ganzen war mir der Roman zu kurz gefasst, eine Ansammlung von Episoden, die alle zu einem Punkt führen. Mehr Details über das Leben an sich, eine emotionalere Darstellung, die mehr als nur die äußere Sicht beschreibt, mehr als nur oberflächlich beschriebene Charaktere hätten aus der Handlung, die für sich genommen stimmig ist, einen guten Roman gemacht.

Fazit
Stilistisch besser als sein Vorgänger, jedoch durch die Konzentration auf mehrere verschiedene Hauptpersonen sehr zerpflückt, kann mich auch dieser zweite Band der Reihe nicht überzeugen, dazu ist die Erzählung einfach zu gestrafft, zu oberflächlich. Wer jedoch wissen will, wie das Leben von Der-mit-dem-Wolf-tanzt weitergeht, kommt um dieses Buch bisher nicht herum, denn eine mögliche Verfilmung lässt weiterhin auf sich warten.

Katherine Allfrey – Das Haus am Deich

Autor Katherine Allfrey
Titel Das Haus am Deich
Seitenzahl 157
Verlag dtv Junior
ISBN 978-3-423-70294-2
Bewertung

Inhalt
England zu Beginn des 19. Jahrhunderts: Die fünfzehnjährige Betsy Anne verlässt ihr ärmliches Elternhaus in Bristol, um künftig im Haus ihres Onkels und ihrer Tante zu leben. Wie eine eigene Tochter soll sie aufgenommen werden, mit allem, was dazu gehört.
Doch Tante Emma scheint das Mädchen gar nicht im Haus haben zu wollen und gibt sich große Mühe, sie zu vergraulen, aber Betsy Anne lässt sich nicht unterkriegen, denn dafür fühlt sie sich am Severn viel zu wohl.
Schon bald zeigt sich, dass nicht alles so ist, wie es scheint, denn nachts passieren manchmal merkwürdige Dinge.

Meine Meinung
Als ich dieses Jugendbuch vor vielen Jahren geschenkt bekommen habe, hat es mich eher weniger interessiert, habe ich doch zu dem Zeitpunkt schon meist wesentlich umfangreicherer Romane gelesen. Und so habe ich dieses Buch nach dem Lesen auch bald wieder vergessen. Neulich ist es mir wieder in die Hände gefallen, und weil ich mich so gar nicht mehr daran erinnern konnte, habe ich es mir nochmal genauer angeschaut.
Die Geschichte selbst ist sehr interessant. Geht es zunächst um das Einleben im „Schiefen Wind“, dem Haus am Deich, werden so nach und nach Fragen aufgeworfen, die dann auf den ersten zwei Dritteln doch wieder zugunsten des Alltags in den Hintergrund gedrängt werden. Somit liegt der Schwerpunkt dieses Romans schon sehr auf der Beschreibung des Lebens im frühen 19. Jahrhundert und weniger auf den geheimnisvollen Vorgängen.
Dass die Geschichte hier als Jugendbuch angelegt ist und nur wenige Seiten umfasst, ist dabei allerdings von Nachteil, denn dadurch werden viele Dinge nur oberflächlich angesprochen. Das Ende kommt zwar nicht völlig unerwartet, ist aber auch nicht vollständig stimmig, es kommt sehr abrupt und die Auflösung vieler Fragen erfolgt im Epilog, quasi im Nachschlag, statt im eigentlichen Romanteil. Gerne hätten einzelne Szenen deutlicher ausgebaut sein dürfen.
Auch die Charakterdarstellung leidet ein wenig unter der Kürze, denn für eine ausführliche Entwicklung ist nicht allzu viel Raum vorhanden. Es reicht aber aus, um zu erkennen, dass die Charaktere durchaus glaubwürdig, wenn auch recht einseitig, beschrieben sind.
Die Hauptperson und Identifikationsfigur ist hier die rothaarige Betsy Anne, ein Mädchen, das über die Monate erwachsen wird und lernt, die wichtigen Dinge von den unwichtigen zu trennen. Trotz ihrer schlagfertigen und leicht wilden Art ist sie ein Kind ihrer Zeit, kennt sich mit den Tätigkeiten im Haushalt aus und versucht nicht, aus ihrer Rolle auszubrechen.
Ihr Onkel Joe, ein wortkarger, aber liebenswerter Zeitgenosse, unterstützt das Mädchen, wo er nur kann, und versucht sein Versprechen, ihr ein Zuhause zu bieten, einzuhalten. Emma Ridley ist das ganze Gegenteil von ihm, schnell wird klar, dass sie etwas zu verbergen hat. Weitere wichtige Personen sind der alte Seebär Old Oliver, der mit der eingeschüchterten Haushälterin Mary Gibbs im Kapellenhaus wohnt, Tom, der Joe zur Hand geht, und der tolle Andy, ein Draufgänger, der Betsy Anne schnell gegen sich aufbringt.
Man merkt, dass die deutsche Autorin Katherine Allfrey lange Zeit im englischsprachigen Ausland gelebt hat, denn einige Satzkonstruktionen stammen aus dem englischen Sprachgebrauch und sind im Deutschen so nicht üblich, weshalb ich zunächst von einer schlechten Übersetzung ausgegangen bin. Sprachlich ist wenig davon zu merken, dass dieser Roman für jüngere Leser geschrieben wurde, abgesehen davon, dass einige wenige Begriffe in Fußnoten erklärt werden. Für ältere Kinder oder Jugendliche ist das Buch daher gut zu lesen, für jüngere ist es schon alleine aufgrund der doch sehr kleinen Schrift eher weniger geeignet. Eine genaue Altersempfehlung ist im Buch allerdings nicht zu finden.
Besonders negativ fällt wieder einmal der Klappentext ins Auge. Nicht nur ist der Name der Hauptperson falsch geschrieben, auch werden hier Informationen vorweggenommen und Teile des Inhalts falsch dargestellt, weshalb man ihn möglichst nicht beachten sollte.

Fazit
Die Geschichte ist recht interessant und bietet einen spannenden Einblick in das Leben im frühen neunzehnten Jahrhundert. Als Einstieg in die historischen Romane oder als kleiner Happen zwischendurch ist dieses ältere Jugendbuch einen Blick wert.