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Ursula Neeb – Die Rache der Hurenkönigin

AutorUrsula Neeb
TitelDie Rache der Hurenkönigin
SerieDie Hurenkönigin ermittelt Band 4
Seitenzahl349
VerlagUllstein
ISBN978-3-548-28603-7
Bewertung

Inhalt
Frankfurt zur Herbstmesse 1522: Zehn Jahre nach den letzten Mordfällen, in die die Hurenkönigin Ursel Zimmer involviert war, wird eine junge Frau brutal ermordet und wie die Schmerzensmutter Maria hergerichtet auf der Straße aufgefunden – zu einer Zeit, zu der sich die Anhänger Luthers und des katholischen Glaubens sowieso nicht über den Weg trauen heizt dies die Stimmung nur weiter auf, denn gegenseitige Anschuldigungen bleiben nicht aus.
Schon bald wird Ursel als Beraterin hinzugezogen, besitzt sie doch ein besonderes Gespür für Mordfälle. Doch dann geschieht ein weiterer Mord und Ursel ist persönlich betroffen…

Meine Meinung
Mit Die Rache der Hurenkönigin liegt der vierte und abschließende Band der Krimireihe um die ehemalige Hure Ursel Zimmer vor. Eigentlich hatte ich mir nach dem letzten Band, der mir schon nicht gefallen hat, vorgenommen, diese Reihe nicht weiter zu verfolgen, aber da man davon ausgehen kann, dass dies definitiv der letzte Band sein wird und ich Reihen gerne abschließe, habe ich mich doch durchgerungen, diesem Buch doch noch eine Chance zu geben. Mit 350 Seiten ist dieses auch nicht allzu umfangreich, sodass es nicht allzu viel Zeit in Anspruch genommen hat.
Dieser Band spielt also zehn Jahre nach dem Vorgänger, in einer Zeit des Umbruchs. Von Ursels Tätigkeit als Meisterin des Hurenhauses ist hier nicht mehr viel zu spüren, dieser Aspekt der Reihe wird zur Nebensächlichkeit, und auch die anderen Hübschlerinnen, die in den vorherigen Bänden eine mal mehr, mal weniger große Rolle gespielt haben, werden kaum noch erwähnt. Andere Dinge haben sich jedoch nicht verändert, und so ist Ursel weiterhin unverheiratet. Dass sie jedoch einen Lebensgefährten hat, dem sie seit Jahren treu ist, scheint weder ihrem noch seinem Ruf zu schaden – zu Beginn der Neuzeit für mich eigentlich unverständlich.
Der Lebensgefährte Ursels, der Gelehrte Bernhard von Wanebach, sollte ebenfalls aus den Vorgängern bekannt sein. Er steht zu seiner Geliebten, zeigt seine Zuneigung auch öffentlich und unterstützt sie in allen Belangen. Seit dem letzten Band hat er sich jedoch nicht weiterentwickelt, dort hat er plötzlich Seiten gezeigt, die ich eher einem trotzigen Teenager zugetraut hätte, und auch dieses Mal zeigt er eine merkwürdige Reaktion, die meiner Meinung nach nicht zu seinem Charakter passt und noch dazu eine sehr wichtige Rolle einnimmt.
Mit den meisten Nebencharakteren wie dem Dekan Cochläus und dem fallsüchtige Michel habe ich mich sehr schwer getan, sind sie doch sehr einseitig dargestellt und entsprechen den gängigen Klischees.
Nun könnte man meinen, dass der Einstieg in diesen Roman recht gut gelingen sollte, wenn kaum aus den Vorgängern bekannte Personen auftauchen oder diese keine wichtige Rolle einnehmen. Dies ist aber eher nicht so, denn immer wieder wird Bezug auf die alten Fälle genommen, dieser Mord und jene Person erwähnt und Ursel als kriminalistisches Wunder gepriesen, sie wird sogar dazu aufgefordert, ein Buch über ihre Ermittlungen zu schreiben. Und dann wird Ursel auch noch offiziell als Beraterin der „Polizei“ hinzugezogen. Hier war dann der Punkt erreicht, zu dem mir das alles zu überzogen, sogar nahezu albern wurde. Nicht nur, dass ich es ziemlich an den Haaren herbeigezogen finde, dass man auch nach so langer Zeit noch über Ursels Qualitäten als Ermittlerin redet, sondern generell, dass eine Frau ihres Standes, die in Unzucht lebt und alleine deshalb von der Gesellschaft gemieden werden sollte, so hochgelobt wird. Stutzig gemacht hat mich in dem Zusammenhang auch das Wort Polizei beziehungsweise Polizeiwache, denn diese Institution gab es noch nicht. Passender wäre hier der Begriff Büttel oder Stadtknecht gewesen.
Im Laufe der Ermittlungen gibt es diverse falsche Fährten, doch war mir klar, wer der Täter ist, nachdem er das erste Mal aufgetreten ist, und die falschen Fährten waren eigentlich als solche doch recht offensichtlich, ich hatte auf eine andere Entwicklung gehofft, und so war die Handlung doch insgesamt recht spannungsarm, was auch durch die hohe Brutalität der Morde nicht geändert werden kann.

Fazit
Vorhersehbar und spannungsarm, noch dazu mit sehr unglaubwürdigen Anspielungen auf die vorherigen Bände gespickt. Mir hat dieser Krimi nun überhaupt nicht gefallen und ich war froh, dass diese Reihe mit diesem Band wohl abgeschlossen sein wird. Nur etwas für Fans der Reihe.

Mac P. Lorne – Der Pirat

AutorMac P. Lorne
TitelDer Pirat
Seitenzahl656
VerlagKnaur
ISBN978-3-426-51748-2
Bewertung

Inhalt
England, 1560: Schon mit zwanzig Jahren ist der junge Seemann Francis Drake ein Ausnahmetalent in seinem Fach, so dass ihm sein Kapitän Sam Richards verspricht, Drake sein Schiff zu vermachen.
Zwanzig Jahre später hat Drake alle Weltmeere befahren, einige Schiffe, die unter seinem Kommando standen, verloren, aber auch große Reichtümer gewonnen, als er auf der Rückreise nach England Gefahr läuft, von spanischen Schiffen aufgebracht zu werden. Nur ein Trick kann ihn, den gefürchteten El Draque, jetzt noch retten.
In England angekommen wird Drake gefeiert, die Spanier fordern allerdings seine sofortige Auslieferung. Um ihn außer Gefahr zu schaffen wird der Kapitän auf eine Mission geschickt, die die englische Seefahrt revolutionieren soll…

Meine Meinung
In diesem Roman beschäftigt sich Mac P. Lorne mit dem Leben des berüchtigten Piraten Francis Drake vom Zeitpunkt der Rückkehr seiner Weltumseglung bis zum Kampf mit der spanischen Armada, also dem Zeitraum, in dem Drake vom Glück verfolgt wurde und großes Ansehen erlangt hat. Gerne hätte ich etwas mehr über die frühen Jahre des Piraten oder auch von der großen Weltreise selbst erfahren, schließlich hat Drake hier viele Abenteuer erlebt, Schiffe und Männer verloren, Schätze gewonnen, gekämpft und gelitten. Leider wird auf diese Zeit nur rückblickend eingegangen, so dass man zwar in groben Zügen erfährt, was geschehen ist, aber ohne, dass man als Leser wirklich dabei ist.
Besonderes Augenmerk wird hier stattdessen auf die Abenteuer gelegt, die die Beziehung zwischen England und Spanien beeinflusst haben, doch auch die Reformen des Schiffsbaus der Engländer unter Mathew Baker und die des Bronzegusses unter Joachim Gans, die für England sehr wichtig waren, sind Themen, die hier aufgegriffen und auch für Laien verständlich erklärt werden. Zwar kann ich mir den Unterschied zwischen Galeeren, Galeonen und Galeassen noch immer nicht merken, doch komplizierte Segelmanöver oder auch der Vorteil von Bronzekanonen gegenüber denen aus Eisen oder die Schwierigkeiten des Gusses waren auch für mich zu verstehen.
Lorne beschreibt hier jedoch nicht nur verbürgte Unternehmen Drakes, auch einen Zeitraum, zu dem Drakes Aufenthaltsort unbekannt ist, füllt der Autor mit einer spannenden Episode, die allerdings mit diesem Hintergrund für meinen Geschmack etwas zu viel Raum einnimmt.
Der Schreibstil ist flüssig, auch wird man nach dem Prolog direkt ins Geschehen geworfen, so dass ich gleich von Beginn an mit Drake mitgefiebert hatte, obwohl mir sein Leben in groben Zügen bereits bekannt war.
Viele, wenn nicht die meisten der handelnden Personen sind historisch belegt. Schwarz-Weiß-Malerei oder eine sehr einseitige Darstellung von Personen ist mir nicht negativ aufgefallen. Einzig Drake wird hier sehr positiv beschrieben, wobei der Autor in seinem Nachwort erklärt, dass es sehr schwer war, Belege dafür zu finden, dass er auch negative Seiten hatte.
Und so wird Drake weitestgehend als sympathischer Mensch dargestellt, dem das Glück über weite Teile seines Lebens hold ist. Schlechte Seiten zeigt er kaum, sieht man von einer einzigen Tat ab, die sich vor dem Romangeschehen abspielt und von der man nur rückblickend erfährt, die aber große Auswirkungen auf Drakes weiteres Leben hat. Nicht nur wird der Seemann Drake hier gezeigt, auch als Privatmann lernt man ihn zumindest ein wenig kennen.
Eine weitere wichtige Person in diesem Roman ist Königin Elizabeth. Ihre Wankelmütigkeit, aber auch der Balanceakt, den sie eingehen musste, um die Herrscher verschiedener Länder nicht vor den Kopf zu stoßen und eine Heirat oder Kriege zu vermeiden, werden hier glaubwürdig beschrieben.
Wie man es heute von historischen Romanen erwartet ist auch dieses Buch mit Zusatzmaterial ausgestattet. Neben einem zehnseitigen Nachwort gibt es vorne im Buch ein Personenregister, das allerdings leichte Spoiler beinhaltet und das man aus diesem Grund nur bei Bedarf zurate ziehen sollte, eine Zeittafel zu den wichtigsten Punkten aus den Leben von Elizabeth I. und Francis Drake, ein Glossar, das insbesondere nautische Begriffe erklärt sowie eine Bibliografie.

Fazit
Ein lesenswerter Roman über eine sehr interessante Persönlichkeit, den ich all denjenigen ans Herz legen möchte, die sich auch nur ein klein wenig für Segelmanöver, den Kampf der Engländer gegen die spanische Armada oder eben die Person Francis Drake selber begeistern können, aber auch als Abenteuerroman lässt sich dieses Buch gut lesen.

Vielen Dank an Droemer Knaur für das Rezensionsexemplar!

Sabine Weigand – Das Perlenmedaillon

AutorSabine Weigand
TitelDas Perlenmedaillon
Seitenzahl590
VerlagFischer
ISBN978-3-596-16359-5
Bewertung

Inhalt
Nürnberg, 1494: Der Goldschmied Heinrich Brandauer sieht in Niklas einen vielversprechenden Gesellen. Für seine Tochter Helena hofft er auf eine gute Partie, um so selbst gesellschaftlich aufsteigen zu können.
Doch die jungen Leute sind ein Paar, hoffen auf den Segen des Vaters. Als dieser aber erkennen muss, dass Helena ein Kind erwartet, wirft er Niklas aus dem Haus, und Helena muss ihr Kind heimlich zur Welt bringen.
Während der junge Goldschmied in die Welt hinaus zieht, soll Helena schnellstmöglich verheiratet werden.
Auch Anna, eine junge Frau, die in der Stadt ihr Glück gesucht hat und im Hurenhaus gelandet ist, hat es nicht gerade leicht. Ihr Trost ist ihre Wölfin, der sie blind vertrauen kann.

Meine Meinung
Das Perlenmedaillon ist der zweite Roman der Autorin Sabine Weigand. Wie schon in Die Markgräfin gibt es auch hier einen Handlungsstrang, der in diesem Jahrtausend spielt, jedoch rahmt dieser die Handlung in der Vergangenheit nur als Prolog und Epilog ein und wechselt sich nicht mit dieser ab. Diese wenigen Seiten fand ich absolut unnötig, weder wird dadurch die Spannung erhöht noch irgend etwas aufgeklärt. Man hätte sie auch einfach weglassen können, denn einen Mehrwert gibt es dadurch nicht.
Wieder einmal hat sich die Autorin an einer realen Person orientiert, deren Erlebnisse jedoch so weit an entscheidenden Punkten abgewandelt, dass eine ganz eigene Geschichte erzählt wird. Das ist insoweit legitim, da es sich um einen Roman handelt. Dass Sabine Weigand hier im Nachwort sogar erklärt, wo sie von den Fakten abgewichen ist, ist ein Service an den Leser. Irritiert hat mich jedoch, dass der Roman im Klappentext als „die wahre Geschichte der Helena Heller“ bezeichnet wird, wenn es doch keine historische Helena Heller gab. Dies laste ich dem Roman selbst nicht an, jedoch sollten dem Verlag solche Fehler und irreführenden Werbesprüche nicht passieren.
Im Zentrum des Romans steht eben jene Helena, die gegen ihren Willen das angesehene Ratsmitglied Konrad Heller heiraten muss. Ihr Leben wird schon bald zur Hölle, denn Konrad lässt seinen Frust gerne an ihr aus. Dennoch versucht sie, alleine mit dieser Situation zurecht zu kommen. Die zweite Hauptperson ist Niklas, der sich im fernen Venedig ein neues Leben aufbaut und dort sein Handwerk ausübt, seine Jugendliebe aber nie vergessen kann. Auch Anna, die Hübschlerin, die jede Gelegenheit nutzt, ihr Leben zu verbessern, spielt eine wichtige Rolle.
Alle drei Hauptcharaktere sind als Sympathieträger angelegt, Niklas und Helena zeigen aber kaum Persönlichkeit. Am besten hat mir Anna gefallen, weil sie sich nicht nur durch das definiert, was mit ihr passiert. Die drei geraten in Situationen, in denen sie unter den Einfluss von Personen gelangen, deren deutlichster Charakterzug die Bösartigkeit ist. Auch wenn nicht alles nur schwarz-weiß gesehen werden kann, so war mir diese Darstellung dennoch ein wenig zu platt.
Echte historische Personen tauchen übrigens auch auf. Besonders ist an dieser Stelle Albrecht Dürer zu erwähnen, der nicht nur in seiner Funktion als Künstler auftritt.
Die meiste Zeit über laufen die drei Handlungsstränge parallel nebenher, es gibt zwar Verknüpfungen wie Briefe und das besondere Perlenmedaillon, das hier und da mal auftaucht, davon abgesehen gibt es aber eher wenige Berührungspunkte, die auf mich manches Mal recht konstruiert gewirkt haben. Und so werden über große Teile des Buches drei Geschichten nebeneinander her erzählt, und erst am Ende laufen sie dann mehr oder weniger zusammen.
Dadurch, dass der Roman einen Zeitraum von etwa vierzehn Jahren abdeckt, ist jede Geschichte für sich genommen nicht gerade umfangreich, jedoch hatte ich nicht das Gefühl, als hätten sie stärker ausgebaut werden müssen. Dennoch konnten sie mich nicht alle über die gesamte Dauer des Buches fesseln, mal fand ich den einen Handlungsstrang, mal einen anderen interessanter, oft haben sie aber nur vor sich hin geplätschert und ich habe darauf gewartet, dass endlich etwas passiert. Spannung ist immer mal wieder aufgetreten, jedoch selten über einen längeren Zeitraum. Dabei ist Helenas Geschichte am prägnantesten, wird hier doch deutlich dargestellt, welche Rechte und Pflichten eine Ehefrau in Nürnberg doch hatte und inwiefern sie auf Unterstützung hoffen konnte. Stellenweise war das schon sehr bedrückend beschrieben. Das Ende mag für den einen oder anderen Leser unerwartet kommen, für mich war es jedoch weitestgehend stimmig, wenn es auch einer der Punkte ist, an denen die Autorin von der Biografie des historischen Vorbilds abgewichen ist. Ein anderes Ende dichter am Vorbild hätte mich jedoch auch nicht gestört.
Besonders auffällig an diesem Roman sind die bereits erwähnten Briefe sowie Aufzeichnungen für ein Buch. Diese sind nämlich so verfasst, wie Menschen in der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit geschrieben haben mögen, nämlich jenseits aller Rechtschreibregeln. Vielleicht soll dies einen Eindruck von Authentizität vermitteln, mich haben diese Abschnitte jedoch sehr gestört, lassen sie sich doch sehr schlecht lesen. Mir hätte es besser gefallen, wenn diese in ganz normalem, heutigen Deutsch geschrieben worden wäre. Irgendwann habe ich sie weitestgehend nur noch überflogen, da sowieso sehr selten Dinge erwähnt werden, die für die Handlung relevant sind.
Ebenso störend fand ich, dass in Niklas‘ Handlungsstrang immer wieder italienische Wörter eingeflochten wurden. Ich verstehe nicht, warum das nötig ist, die Charaktere würden doch durchweg Italienisch sprechen, was für den Roman einfach ins Deutsche übertragen wurde. Warum lässt man dann einzelne Wörter stehen?

Fazit
Das Perlenmedaillon ist in seiner Art schon ein wenig speziell, insbesondere das Stilmittel der Briefe scheint zu polarisieren. Mich konnte der Roman nicht völlig überzeugen, zu konstruiert war er an einigen Stellen, er war allerdings auch kein völliger Fehlgriff. Wer andere Bücher von Sabine Weigand kennt und mag wird möglicherweise auch hier seine Freude haben.

Antonia Salomon – Die Heilerin vom Strahlenfels

AutorAntonia Salomon
TitelDie Heilerin vom Strahlenfels
Seitenzahl431
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-16990-0
Bewertung

Inhalt
Burg Strahlenfels, zu Beginn des 16. Jahrhunderts: Katharina von Velden ist die junge Frau des Ritters Thassilo von Wildenstein. Obwohl ihre Ehe schon seit vier Jahren besteht, sind sie noch nicht mit Kindern gesegnet. Für den Inquisitor Bonifatius von Ebenstatt, einen entfernten Verwandten Thassilos, ist dies ein Beweis dafür, dass Katharinas Heilkunst nicht gottgewollt ist, sondern sie eine Hexe sein muss.
Noch ist die Verfolgung von Hexen im Reich noch nicht weit verbreitet, und als Adelige genießt die junge Frau zusätzlichen Schutz. Doch Bonifatius setzt alles daran, um Beweise gegen sie zu sammeln…

Meine Meinung
Bei Die Heilerin vom Strahlenfels handelt es sich um den Debütroman von Antonia Salomon. Auf gut 400 Seiten widmet sich die Autorin dem Thema der frühen Hexenverfolgung im Nürnberger Raum sowie der Heilkunst im 16. Jahrhundert.
Dabei legt sie viel Wert auf die Beschreibung einzelner Anwendungsgebiete der Naturheilkunde. Dies ist zwar interessant, stellenweise war das aber etwas zu ausführlich, wenn mal wieder über einen ganzen Absatz erklärt wird, wie ein Kraut wirkt und wie es zubereitet wird. Bei solch ausführlicher Recherche hätte ich mir zudem gewünscht, dass nicht nur die medizinische Anwendung, sondern auch die Herkunft der Pflanzen recherchiert werden, denn zumindest die Pfefferminze gab es im 16. Jahrhundert nachweislich noch nicht.
Auch wenn die Heilkünste Katharinas in diesem Roman nichts mit Hexenkünsten zu tun haben, so könnte man die junge Frau dennoch als Hexe sehen, denn sie hat gelegentlich Vorahnungen, Träume, die sich schon bald als wahr herausstellen. Aber warum war es hier nötig, die Hauptperson mit diesen Fähigkeiten auszustatten? Reicht es nicht, dass sie eine normale Heilkundige ist, die ihre Künste selbstlos auch den Ärmsten zuteil werden lässt?
Und das ist auch eins der Probleme, die ich mit Katharina habe: Sie ist im Prinzip ein langweiliger Gutmensch, der eben hauptsächlich durch diese beiden Eigenschaften heraussticht. Wenn sie noch andere Eigenschaften hat, dann bleiben sie hier gut verborgen.
Ihr Mann Thassilo bleibt genauso blass. Man erfährt wenig über ihn, hauptsächlich, dass er ständig in den Kampf für seinen Kaiser zieht beziehungsweise ziehen muss und deshalb des Öfteren auf die Heilkünste seiner Frau angewiesen ist. Auch, dass er und seine Frau aus Liebe geheiratet haben, ist bekannt, und dass er sie unterstützt, wenn sie Menschen auch abseits ihres Kräuterwissens helfen will.
Der Inquisitor Bonifatius dagegen ist ein richtiger Bösewicht, der Hexen brennen sehen will. Was ihn aber zu diesen Taten treibt ist mir nicht klar geworden. Ist es der Ruhm, den er sich durch diese Verfolgungen erhofft, das Ansehen des Papstes, möglicherweise ein Aufstieg in der kirchlichen Hierarchie?
Insgesamt waren mir alle Charaktere zu platt, sie lassen sich fast alle eindeutig in gut und böse einteilen, Grauschattierungen gibt es kaum, und wenn, dann nur, weil die Menschen in ihre Rollen gezwungen wurden.
Der Schreibstil ist flüssig, stellenweise wird auch vor brutalen Beschreibungen, beispielsweise in Folterszenen, nicht zurückgeschreckt, nur um dann wieder durch die eingestreuten Informationen zur Naturheilkunde recht trocken zu werden.
Große Romantik sollte man hier übrigens nicht erwarten, dazu hätte der Roman wohl einige Jahre früher ansetzen müssen. So sind Thassilo und Katharina ein Paar, das sich zwar liebt, dessen Liebesbeziehung aber nicht im Mittelpunkt steht.
Die Handlung dieses Romans ist an sich interessant. Man erfährt, wie die Inquisition in Vertretung durch Bonifatius versucht, die Hexenverfolgung zu etablieren und dabei zunächst immer wieder scheitert, wie ihr Widerstand entgegengesetzt wird, aber auch, wie etliche Scheiterhaufen brennen. Dabei behandelt der Roman einen Zeitraum von etlichen Jahren, ohne jedoch Jahreszahlen zu nennen. Nicht nur muss man sich so ständig neu orientieren, wie viel Zeit nun zwischen den recht kurzen Kapiteln vergangen ist, auch zieht sich die Geschichte dadurch sehr, obwohl das Buch doch recht wenige Seiten hat. Der historische Hintergrund neben der Hexenverfolgung könnte auch interessant sein, doch leider bleibt dieser doch recht oberflächlich. Nur selten erfährt man beispielsweise, warum und gegen wen Thassilo nun in den Kampf ziehen muss, und wegen der fehlenden Jahresangaben war es mir zu mühselig, dies im Detail nachzuschlagen.
Leider gibt es auch keinerlei Zusatzmaterial, ein Nachwort, ob nun zum historischen Kontext oder über Heilpflanzen, ist genauso wenig vorhanden wie ein Glossar, eine Zeittafel, ein Personenregister oder eine Karte. Schade, dass der Verlag hier noch immer meint sparen zu müssen, wenn die Leser doch zumindest ein wenig Hintergrundinformation erwarten.

Fazit
Aus der Thematik hätte tatsächlich ein gutes Buch werden können. Doch an der Umsetzung scheitert es wie so oft. Ich bin mir nicht sicher, für wen dieser Roman gedacht ist, denn er ist weder über einen längeren Zeitraum spannend, weil er sich über so viele Jahre hinzieht, noch besonders informativ, denn dazu kratzen die Informationen nur an der Oberfläche, und auch große Romantik sollte man hier nicht erwarten.

Hannes Wertheim – Der Kapuzinermönch

AutorHannes Wertheim
TitelDer Kapuzinermönch
Seitenzahl543
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-25296-1
Bewertung

Inhalt
Thüringen, 1525: Nach der Schlacht bei Frankenhausen ist der Bauernführer Thomas Müntzer gefangen genommen, seine Anhänger vernichtend geschlagen worden. In den Wirren nach dem Krieg suchen einige Flüchtige in einem Stollen Zuflucht, wo sie auf Märthe treffen, eine hässliche Alte mit einer wunderschönen Stimme, die nicht nur im medizinischen Bereich großes Wissen vorweisen kann. Zusammen beschließen sie, das Werk Müntzers im Geheimen, als Gaukler verkleidet, fortzuführen.
Doch Claudius, einem falscher Dominikaner und Anhänger des Doktor Faustus, ist diese Gruppe ein Dorn im Auge, durchkreuzt sie doch immer wieder seine teuflischen Pläne…

Meine Meinung
Der Beginn dieses Romans, der schon vor längerer Zeit erschienen ist, ist sehr vielversprechend. Nicht nur finde ich den historischen Hintergrund des Bauernkrieges sehr interessant, auch die Recherche scheint sehr fundiert zu sein, was man immer mal wieder an kleinen Details erkennen kann. Während es zu Beginn wirklich um die Themen Bauernkrieg und Reformation geht, um die gefangengenommenen Bauern, das Leid, das der Adel über die Menschen niederen Standes bringt und das diese einfach so hinnehmen müssen, den brodelnden Widerstand, so verschiebt sich der Schwerpunkt der Geschichte bald in Richtung eines Katz-und-Maus-Spiels zwischen Claudius und Märthe und ihren Anhängern. Hier wird jemand gefangen genommen und befreit, dann der nächste, und immer wieder bringt sich jemand aus der Gruppe bei einem Befreiungsversuch in Gefahr. Dies zieht sich über einen nicht geringen Teil des Romans hin. Die Verlagerung der Handlung in die Stadt Köln macht den Wendepunkt in diesem Roman aus. Auch wenn das Leben in der Stadt noch so authentisch dargestellt ist, so hat es mir einfach kaum Spaß gemacht, immer wieder ähnliche Dinge zu lesen.
Ein weiterer Punkt, der mir nicht so zugesagt hat, sind die Visionen, die sowohl Märthe als auch Claudius haben. Auch der weiße Rabe Hesekiel, der nicht nur sprechen kann, sondern scheinbar auch noch weiß, was er wann zu sagen hat, und ein besonderes Gift, von dem ich bezweifle, dass es so etwas gegeben haben könnte, lassen den Roman doch stark in Richtung Fantasy kippen. Nun habe ich nichts gegen kleinere Ausflüge in diese Richtung, schließlich glaubten die Menschen zu dieser Zeit noch an Zauberei, doch war es mir hier einfach zu viel, das zusammenkam und das dem Roman die Glaubwürdigkeit genommen hat.
Während die Geschichte also vor sich her plätschert, streift sie noch andere Themen wie die Pest und Hexerei. Nach und nach steigert sie sich zu einem Höhepunkt, nur um dann völlig abrupt und halb offen zu enden. Mit dem Beginn des Romans hat das Ende kaum noch etwas zu tun, auch nicht mit der Mission, der sich die Freunde Märthes verschrieben haben.
Auch der Name des Romans ist ein wenig irreführend, denn der Kapuzinermönch Fresenius ist einfach nur Teil der Gruppe. Ein wichtiger zwar, schließlich war er früher im Krieg, weiß mit Sprengstoffen umzugehen und hat sich zudem noch eine gewisse Bildung angeeignet, doch ist er nicht der Anführer. Diese Rolle hat Märthe inne, die durch ihren gelegentlichen Blick in die Zukunft die Flüchtigen überhaupt erst zu einer Gruppe mit einem gemeinsamen Ziel zusammengeschweißt hat. Weitere Mitglieder sind der Graf Traubstedt, der auf Seiten der Bauern gekämpft hat und deshalb nicht nach Hause zurück kann, der Landsknecht Michael, dessen Frau ermordet wurde, der Bauer Rufus, der während der Schlacht seinen Arm verloren hat, der Geselle Hans, die Magd Katharina sowie der stumme Sebastian und seine kleine Schwester Marie. Für mich waren das fast schon zu viele Charaktere, zumal einige über weite Teile des Romans völlig unwichtig sind und einfach mitgeschleppt werden.
Die Gegenspieler der Gruppe, der falsche Mönch Claudius und sein Gefährte, der Ritter von Bogenwald, sind teuflisch böse, Claudius gibt auch geradewegs zu, seine Seele dem Teufel verschrieben zu haben. Im Gegensatz dazu kann man die Freunde Märthes allerdings nicht gerade als Heilige bezeichnen – zum Glück, sonst wäre das Buch wirklich langweilig geworden.
Der Schreibstil ist teilweise ein wenig auf alt getrimmt, auch kommt gelegentlich Dialekt vor, doch wird beides in Maßen eingesetzt, so dass dies nicht aufgesetzt wird und sich der Roman recht gut lesen lässt.
Gerne hätte ich von der Autorin (Hannes Wertheim ist ein Pseudonym der Autorin Sabine Werz) selbst gehört, was insbesondere von den Ereignissen in Köln den Tatsachen entspricht, aber ein erklärendes Nachwort oder sonstiges Zusatzmaterial war in den 1990ern einfach noch nicht üblich, so dass auch dieser Roman ohne diese auskommen muss.

Fazit
Der Roman beginnt interessant und spannend, lässt dann aber stark nach und driftet nach etwa der ersten Hälfte in ein Katz-und-Maus-Spiel ab, das mich dann nicht mehr so wirklich fesseln konnte. Schade eigentlich, denn der Ansatz war wirklich interessant. So ist der Roman einfach nur durchschnittlich.