Autor | Rebecca Gablé |
Titel | Die fremde Königin |
Serie | Otto der Große Band 2 |
Seitenzahl | 763 |
Verlag | Lübbe Ehrenwirth |
ISBN | 978-3-431-03977-1 |
Bewertung |
Inhalt
Garda, 951: Adelheid, die verwitwete Königin Italiens, wird von Berengar von Ivrea gefangen gehalten. Sie soll seinen Sohn heiraten, damit die Königswürde auf seine Familie übergeht, dabei war es Berengar, der ihren Mann vergiften ließ. Doch nach viermonatiger Gefangenschaft gelingt es ihr, aus dem Verlies zu fliehen und sich in Sicherheit zu bringen.
Hilfe erhält sie dabei von Gaidemar, einem Bastardsohn aus der Verwandtschaft König Ottos. Schon bald ist er von Adelheid fasziniert, die auch nach so langer Gefangenschaft ungebrochen und immer gefasst ist. Doch in Pavia wartet König Otto auf sie, um ihr ein Angebot zu machen, das sie kaum ausschlagen kann…
Meine Meinung
Die Romane der Autorin Rebecca Gablé stehen für mich für Bücher, die man kaum aus der Hand legen kann, gute Unterhaltung, eingebettet in die tatsächlichen historischen Begebenheiten, dass man so ganz nebenbei noch sehr viel über deutsche und englische Geschichte lernen kann. Und jedes Mal geht es mir wieder so, dass ich Romane dieser Autorin schneller durchlese als manch andere Bücher anderer Autoren, die nur halb so viele Seiten haben.
Man merkt, ich liebe diese Bücher. Dennoch soll dies kein reines Loblied auf sie sein, sondern eine kritische Betrachtung.
Der vorliegende Roman beschreibt die Zeit König Ottos von seiner Hochzeit mit Adelheid bis zur Kaiserkrönung, deckt also etwa elf Jahre ab. In dieser Zeit passiert sehr viel, es gibt Krieg innerhalb der Familie, aber auch mit den Ungarn, den Slawen und den Italienern, und eine der Hauptpersonen ist eigentlich immer mitten drin. Aber auch die Politik spielt eine große Rolle, denn die Herzöge des Reiches sind alle mit Otto verwandt und verschwägert, und auch die kirchliche Macht liegt zum Teil in den Händen der Familie, was nicht nur positive Seiten hat. Hier muss man schon mal ein wenig Konzentration aufwenden, um die Gründe für das Hin und Her über die Dauer des Buches nicht aus den Augen zu verlieren. Wer das nicht mag, ist mit diesem Roman wie auch mit Büchern der Autorin im Allgemeinen nicht gut beraten. Viele Ereignisse sind dabei bis heute überliefert, andere Informationen jedoch nur oberflächlich in den alten Texten enthalten oder sehr widersprüchlich, so dass das Gerüst der Romanhandlung durch die Historie zwar vorgegeben ist, jedoch auch noch genügend Freiraum für die Autorin vorhanden ist, der Phantasie freien Lauf zu lassen und die Handlung mit Leben zu füllen.
Dabei werden die meisten Charaktere aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Insbesondere Adelheid zeigt so viele verschiedene Seiten, dass ich selbst zum Ende hin nicht wusste, ob ich sie als Romanfigur mochte oder nicht, mal war sie mir richtig sympathisch, dann wieder eher das genaue Gegenteil. Sie ist eine sehr gute Politikerin, sehr darauf bedacht, Situationen zum Vorteil ihrer Familie auszunutzen, selbst wenn das bedeutet, ihrem Gatten Informationen vorzuenthalten. Dennoch hat sie auch eine sehr menschliche Seite, die besonders, aber nicht nur im Umgang mit ihren Kindern deutlich wird.
Eine weitere Hauptperson ist Gaidemar, ein fiktiver Charakter aus Ottos Familie. Wer schon den einen oder anderen Roman von Rebecca Gablé gelesen hat, weiß, wie sie ihre fiktiven Charaktere zeichnet: Sie sind in der Regel prinzipientreu und edel, stehen zu ihrem Wort, selbst wenn es sie in Schwierigkeiten bringt, und Freundschaften sind ihnen sehr wichtig. Und genau dies trifft auch auf Gaidemar zu, er ist eindeutig der Sympathieträger in diesem Roman, nur selten bricht er aus seiner Rolle aus, dann aber überrascht dies umso mehr. Dadurch, dass wir ihn erst als jungen Mann von gut zwanzig Jahren kennen lernen, erfahren wir nicht besonders viel über seine Vergangenheit. Er ist ein Panzerreiter, der in einer Ziehfamilie aufgewachsen ist. Er hadert mit seiner Herkunft als Bastard, insbesondere aber damit, dass er nicht weiß, wer seine Eltern waren, macht jedoch das Beste daraus. Im Vergleich zu den fiktiven Hauptcharakteren anderer Romane der Autorin steht jedoch ein wenig im Hintergrund, es ist nicht seine Geschichte, die im Mittelpunkt steht, vielmehr hatte ich den Eindruck, dass die Historie hier das Zentrum der Handlung biödet und Gaidemar nur einen bestimmten Anteil darin hat.
Auch nach inzwischen zehn historischen Romanen weiß ich noch nicht, ob ich es mag oder nicht, wie Frau Gablé ihre Helden zeichnet, denn eigentlich sind sie sich charakterlich zu ähnlich. Dann aber, wenn die fiktiven Hauptcharaktere stärker in den Hintergrund rücken wie hier, fehlt mir irgend etwas. Und so hätte ich hier gerne mehr über Gaidemar gelesen, vielleicht die eine oder andere Episode, die ihn näher beschreibt, um ihn von anderen Gablé-Charakteren zu unterscheiden.
Viele der Personen aus diesem Roman kommen bereits im vorhergehenden Band vor, darunter auch Ottos Bruder Heinrich von Bayern, der hier Henning genannt wird, um es dem Leser zu erleichtern, den Überblick über die ganzen Personen zu behalten. Zwar werden die meisten Charaktere auch hier wieder passend eingeführt, so dass man Das Haupt der Welt nicht zwingend gelesen haben muss, es erleichtert das Verständnis aber sehr, wenn man ihn kennt, schon alleine, um das Verhältnis Ottos zu seinen Brüdern nachvollziehen zu können, denn hier die ganze Vorgeschichte nachzuerzählen hätte einfach den Rahmen gesprengt.
Der Schreibstil ist so, wie man es auch von anderen Romanen der Autorin kennt, nämlich flüssig zu lesen. Komplizierte Sachverhalte werden leicht verständlich dargestellt, Kampfszenen so beschrieben, dass man erkennt, wie brutal der Krieg war, ohne dass dies jedoch ausgemerzt wird. Gleiches gilt für die enthaltene Liebesgeschichte, die sich zwar im Buch findet, aber eben nicht den Hauptteil der Geschichte ausmacht. Auch auf glückliche Zufälle, die die Handlung gerade noch rechtzeitig drehen, verzichtet die Autorin weitestgehend, nur eine Szene gegen Ende könnte man als solchen bezeichnen, ich fand die Situation jedoch schlüssig.
An Zusatzmaterialien wird auch hier nicht gespart. Neben einem ausführlichen Nachwort findet man hier auch wieder ein Personenregister, in dem die wichtigsten Personen enthalten sind, sowie eine farbige Karte und einen Stammbaum der Ottonen, auch ein paar hübsche Illustrationen zu Beginn jedes größeren Abschnitts sind enthalten.
Fazit
Wer schon mit anderen Romanen von Rebecca Gablé wenig anfangen konnte, wird hier wenig Neues finden. Wer sich jedoch für ihre Art, in die Vergangenheit einzutauchen, begeistern kann, wird sich auch hier wieder für viele Stunden an sein Buch gefesselt sehen. Auch wenn dieser Roman vielleicht nicht der beste der Autorin ist, konnte er mich wieder sehr gut unterhalten.
Vielen Dank an die Lesejury für das Leserunden-Exemplar!