Sabine Weiß – Das Geheimnis von Stralsund

AutorSabine Weiß
TitelDas Geheimnis von Stralsund
Seitenzahl624
VerlagBastei Lübbe
ISBN978-3-404-17146-0
Bewertung

Inhalt
Rügen, 1627: Zusammen mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester lebt Sina bei Mönchgut auf der Insel Rügen. Bisher sind sie vom Krieg, der schon neun Jahre tobt, verschont geblieben, und Sinas größte Sorge ist, dass ihr Vater, der Kapitän eines Handelsschiffs, auf See verunglücken könnte.
Dieses Mal jedoch bringen die Seeleute beunruhigende Neuigkeiten mit: Das kaiserliche Heer ist im Anmarsch!
Tausende Söldner werden auf der Insel einquartiert, auf der es weder genügend Nahrung noch ausreichend Brennstoff gibt. Und so lassen auch die ersten Übergriffe nicht lange auf sich warten… Ist eine Flucht nach Stralsund vielleicht doch die bessere Wahl?

Meine Meinung
Dieser Roman beginnt mit einem Paukenschlag, denn anders als gewohnt spielt der Prolog nicht zeitlich vor dem ersten Kapitel, sondern ein paar Monate später. Die beschriebene Szene ist nach etwa hundert Seiten einzuordnen. Am Anfang stehend wirkt sie sehr verwirrend, kennt man doch die handelnden Personen nicht und weiß nicht, was da eigentlich genau beschrieben ist. Dies ist ein geschickter Schachzug, denn so war ich gespannt, wie es überhaupt dazu kommen konnte.
Die ersten Kapitel dagegen sind eher beschaulich, sehr ausführlich beschreibt die Autorin das Leben auf der Insel und charakterisiert einzelne Personen. Ohne die spannende Szene zu Beginn hätte ich diese Beschreibungen wohl als langatmig aufgefasst, doch so hat es einfach gepasst.
Sina erscheint hier direkt als verantwortungsbewusste ältere Schwester an der Schwelle zum Erwachsenenalter, die aber auch gelegentlich noch kindliche Züge zeigt. Schiffe faszinieren sie sehr, und ein kleines Boot, das sie selbst repariert hat, ist ihr großes Geheimnis. Die kleine Dorthie ist ein kleines Kind, das schnell zu begeistern ist und sich auch an neue Situationen schnell gewöhnt.
Leif ist erster Steuermann auf einem Handelsschiff, eine verantwortungsvolle Position, die er sehr jung erreicht hat. Er hat dazu ein großes Herz und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.
So ganz ohne Stereotype kommt dieser Roman aber doch nicht aus, denn insbesondere in den Reihen der Söldner finden sich so einige Charaktere, die ohne offensichtlichen Grund einfach nur böse sind oder aber unmoralisch und niederträchtig handeln.
Schwerpunkt dieses Romans ist das Leben, das Leid der Menschen und die Liebe. Letztere spielt eine wichtige Rolle, ist aber nicht so dominant, dass sie alles andere überlagert, wie es in vielen anderen Romanen der Fall ist. Außerdem ist dies die Geschichte zweier Schwestern, die auf sich alleine gestellt sind und mit der Situation zurechtkommen müssen.
Während mir die Geschichte über weite Teile sehr gut gefallen hat, fällt das Ende hier leider ein wenig ab. Das war mir dann doch ein wenig zu viel, ohne den Epilog hätte mir der Roman möglicherweise besser gefallen.
Der historische Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges ist immer präsent. Die Gründe für den Krieg sind dabei nebensächlich, wichtig ist, was gerade in der Gegend passiert. So werden die Einquartierung der Söldner auf Rügen und die Belagerung Stralsunds anschaulich beschrieben, sie tragen wesentlich zur Handlung bei, verkommen also nicht zur Kulisse. Auch die Haltung der anderen Länder und der Hanse während dieses Konflikts wird anschaulich beschrieben. Vorwissen wird nicht benötigt, kann aber keinesfalls schaden.

Fazit
Mir hat dieser Roman überraschend gut gefallen, auch denn das Ende ein wenig überzogen ist. Dabei wird der historische Hintergrund überzeugend dargestellt, aber nicht haarklein beschrieben, die Liebesgeschichte nett ausgearbeitet, aber nicht zu dominant. Wer sich für das Thema interessiert, aber nicht allzu tief in die Wirren des Krieges einsteigen will, sollte hier einen Blick riskieren.

Vielen Dank an Bastei Lübbe und Lovely Books für das Leserunden-Exemplar!

2 Gedanken zu „Sabine Weiß – Das Geheimnis von Stralsund

  1. Birthe

    Hm. Da bin ich jetzt im Zwiespalt – einerseits ist natürlich alles, was im Dreißigjährigen Krieg spielt, erst mal reizvoll für mich, vor allem, wenn es in einer Gegend spielt, bei der ich nicht weiß, was da in der Zeit passiert ist, und wenn der Fokus hauptsächlich auf den Erlebnissen gewöhnlicher Menschen in der Zeit liegt (ist ja beides ein ähnlicher Ansatz wie bei meinem eigenen Romanversuch). Andererseits mag ich grundlos böse und fiese Charaktere überhaupt nicht, und überzogene Enden auch nicht …
    Naja, eigentlich habe ich natürlich eh noch viel zu viel auf dem SuB, was erstmal gelesen werden sollte.

    Antworten
    1. Rissa Beitragsautor

      Eigentlich geht mir das auch so, die Charaktere, egal ob gut oder böse oder einfach „normal“, brauchen einen Grund für ihr handeln.
      Hier finde ich es gar nicht so extrem wie in manch anderen Romanen, im Gegensatz zu den anderen, sehr gut ausgearbeiteten Personen ist es mir nur eben negativ aufgefallen, dass es gerade einige Menschen aus dem Heer der Kaiserlichen sind, sowieso schon politische Gegner, die sich dann auch noch menschlich grundlos böse oder unmoralisch verhalten. Aber wahrscheinlich reicht es schon, dass es eben Söldner bzw. Offiziere des Söldnerheers sind, um ihr Verhalten zu begründen…
      Und das Ende ist mir einfach ein wenig zu zuckersüß, betrifft aber wirklich nur die letzten paar Seiten. Trotzdem ist dadurch irgendwie das Gefühl, dass es halbwegs authentisch ist, verloren gegangen.
      Dafür, dass ich einen eher seichten Roman erwartet hatte, der in Richtung Iny Lorentz geht, hat mir dieser Roman eigentlich ganz gut gefallen. Aber zur Zeit interessiert mich das 17. Jahrhundert sowieso sehr.

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