Elizabeth Chadwick – Die Rose von Windsor

AutorElizabeth Chadwick
TitelDie Rose von Windsor
OriginaltitelThe Time of Singing
ÜbersetzerNina Bader
SerieBigod Band 1
Seitenzahl573
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-37707-7
Bewertung

Inhalt
Franglingham Castle, England, 1173: Roger Bigod ist der erstgeborene Sohn des Earl of Norfolk. Doch dieser erkennt die Leistungen seines Sohnes nicht an, demütigt ihn immer wieder. Als Roger den Auftrag erhält, eine Abtei zu plündern, um den Kampf des jungen Königs zu unterstützen, widersetzt er sich dem Befehl und läuft zur Partei Henrys II. über. Als sein Vater allerdings wenige Jahre später besiegt und gedemütigt stirbt, beginnt ein langwieriger Streit ums Erbe.
1176: Ida de Tosney ist ein Mündel der Krone. Als sie Henry das erste Mal begegnet, ist dieser von ihrer Unschuld fasziniert und macht sie zu seiner Mätresse und Mutter seines Bastardsohnes. Doch Ida schämt sich ihrer Position und wünscht sich eine richtige Familie…

Meine Meinung
In Die Rose von Windsor erzählt Elizabeth Chadwick einen Teil der Lebensgeschichte von Roger Bigod und Ida de Tosney, Zeitgenossen und Freunden von William Marshal.
Während William Marshal allerdings als größter aller Ritter in die Geschichte einging, ist Roger Bigod eher eine Randfigur. Er ist immer mal wieder dabei, wenn Geschichte geschrieben wird, aber selten als Entscheidungsträger. Das wird umso deutlicher, als sein Freund gelegentlich durchs Bild läuft und Roger die Show stiehlt, weil er die wichtigere Position inne hat oder etwas miterlebt, von dem Roger nur nachträglich erfährt. Da politisch gesehen ähnliche Themen angesprochen werden, lernt man auch hier wenig Neues, wenn man die Marshal-Bände bereits kennt.
Die Romanhandlung beschreibt weitestgehend Rogers Bemühungen, sein Erbe zu erhalten, und die emotionalen Folgen, die Ida durch ihre frühere Beziehung zu Henry zu tragen hat. Große Spannung sollte man hier nicht erwarten, und auch große Höhepunkte gibt es eher wenige. Zudem spielt sich ein nicht geringer Teil der Geschichte im häuslichen Bereich ab, die Anspannungen, die durch Idas Vorleben entstehen, ziehen sich durch weite Teile des Romans, und die Liebesgeschichte ist schon sehr dominant.
Trotzdem ist es nicht uninteressant, die Ereignisse mal von einer anderen Perspektive zu sehen und eben ganz andere bedeutsame Persönlichkeiten dieser Zeit kennenzulernen. Allerdings würde ich empfehlen, diesen Roman nicht direkt im Anschluss an die Marshal-Bücher zu lesen. Auch sollte man sich wirklich für diese Zeit interessieren, Vorkenntnisse schaden nicht, da es insbesondere im späteren Verlauf des Romans große zeitliche Sprünge gibt und viele Ereignisse nur am Rande angesprochen werden.
Die Charaktere sind, wie von Chadwick gewohnt, liebevoll ausgearbeitet. Ida ist eine sehr starke Frau, die es schafft, sich aus dem Einfluss des Königs zu lösen. Einzig in Bezug auf ihren Erstgeborenen sowie ihre frühere Stellung bei Hofe reagiert sie sehr emotional, was man ihr nicht verdenken mag. Roger ist dagegen der starke Stratege, dem es schwer fällt, Gefühle zu zeigen. Er ist juristisch bewandert, verfügt aber auch über kämpferische Fähigkeiten. Leider sehen wir beide Seiten kaum in Aktion, sondern meist nur erwähnt oder in kurzen Beschreibungen. Auch andere Charaktere sind sehr lebendig beschrieben. Nur Huon, Rogers Halbbruder, kam mir ein wenig zu einseitig vor, aber damit kann ich gut leben.
Seit diesem Roman stammen die Übersetzungen der Romane von Elizabeth Chadwick von Nina Bader. Dies hat zur Folge, dass endlich die Königsnamen nicht mehr ins Deutsche übertragen werden, einer meiner größten Kritikpunkte an bisherige Romane der Autorin. Auch sonst habe ich an der Übersetzung, die die einfache und klare Sprache Chadwicks gut ins Deutsche transportiert, nichts auszusetzen.
Viel Zusatzmaterial darf man mal wieder nicht erwarten, einzig ein Nachwort ist enthalten, in dem insbesondere auf die Quellenlage eingegangen wird. Eine Karte, um die Position der einzelnen Erbgüter, um die Roger mit seinen Halbbrüdern streitet, wäre allerdings schon hilfreich gewesen.

Fazit
Ein eher leiser Roman, der im Schatten der Marshal-Bücher von Elizabeth Chadwick steht. Ich habe ihn trotzdem gerne gelesen, würde ihn aber nicht als Einstieg in diese Zeit empfehlen.

Axel S. Meyer – Das Buch der Sünden

AutorAxel S. Meyer
TitelDas Buch der Sünden
Seitenzahl780
VerlagRoRoRo
ISBN978-3-499-25380-5
Bewertung

Inhalt
Paris, Ostern 845: Als Wikinger die Stadt überfallen, Odos Vater getötet und seine Mutter vergewaltigt und verschleppt wird, schwört der achtjährige Junge Rache an Ragnar Loðbr​œk, dem Anführer der Nordmänner.
Sechzehn Jahre später treffen in dem Kloster, in dem Odo Aufnahme gefunden hat, neue Berichte über die Gräueltaten der Heiden ein, in denen Odo das Wirken des Teufels zu erkennen glaubt. Als ihm dann ein Dokument in die Hände fällt, das ihn in seinem Glauben bekräftigt, zieht Odo nach Haithabu, um dort den Teufel zu bekämpfen.
In Haithabu lebt der siebzehnjährige Helgi, der für die Schmiedearbeit seines Vaters wenig Begeisterung aufbringen kann. Doch dann geschehen schreckliche Dinge…

Meine Meinung
Der Autor Axel S. Meyer hat sich in den letzten Jahren mit seinen Wikingerromanen einen Namen gemacht. Dies ist sein erster Roman.
Nachdem ich den Prolog gelesen hatte, hatte ich eine Vorstellung davon, was mich erwarten würde, nämlich eine Geschichte über den jungen Odo, der als Sympathieträger Rache nehmen will und dabei das eine oder andere Abenteuer erlebt. Ich glaube nicht, dass ich mich je stärker über den Inhalt geirrt habe…
Die ersten hundert Seiten handeln nur von Odo. Zu Beginn, als Kind, das so schlimme Dinge erleben muss, erscheint er tatsächlich noch als Sympathieträger. Doch schon bald entwickelt sich der Roman in eine ganz andere Richtung, durch seine Handlungen wird der junge Mönch, der den Wahn hat, die Welt retten zu müssen, nicht nur immer unsympathischer, sondern sogar immer böser, und ich war mir nicht sicher, ob ich ein Buch mit einer so negativ beschriebenen Hauptperson überhaupt weiterlesen wollte. Doch als dann nach etwa hundert Seiten Helgi auf den Plan trat, der immer mehr die Hauptrolle übernahm, während Odo die Rolle des Antagonisten übernahm, war zumindest mein Interesse wieder geweckt.
Helgi ist ein junger Träumer, der für Rúna, die Sklavin seines Nachbarn schwärmt. Seine Taten haben auch schon mal negative Folgen, auch wenn er nichts Böses im Sinn hat. Grundsätzlich ist er einfach der nette Junge, der mal eben so in eine bedrohliche Situation gerät und mit dem man auch gerne mitfiebert. Ihn umgibt ein Geheimnis, das aber für jeden Leser, der nur ein wenig aufmerksam ist, von Beginn an wenig überraschend sein sollte.
Während Odo nun auf der Suche nach Dämonen ist, versucht Helgi einfach nur, sein Leben zu leben und einen Weg zu finden, Rúna nah zu sein. Doch schon bald entwickeln sich die Dinge ganz anders, als er je erwartet hätte.
Auch mich haben so manche Wendungen überrascht, manche positiv, andere dagegen auf negative Weise, denn nicht alle Teile der Handlung sind in meinen Augen logisch. So hatte ich meine Probleme zum Beispiel mit einem Schmiedewettbewerb zu Beginn von Helgis Geschichte. Der Schmied, der das haltbarste, schärfste Schwert schmiedet, erhält den Auftrag, innerhalb weniger Monate die Waffen für eine ganze Armee herzustellen – eine Aufgabe, die meines Wissens nach von einem einzelnen Schmied gar nicht zu meistern ist und für die man eher ein ganzes Heer von Schmieden benötigt. Dies wäre eigentlich eine Nebensache, über die ich hinweg lesen würde, wäre es für die Handlung nicht ganz so wichtig.
Diese ist, wie man sich vielleicht schon denken kann, eher blutrünstig. Es wird schon mal gekämpft, aber neben den Kampfbeschreibungen gibt es auch weitere brutale Taten, die genauer beschrieben werden.
Der geschichtliche Hintergrund spielt eine eher untergeordnete Rolle. Auch wenn hin und wieder historische Ereignisse oder Personen erwähnt werden, so dienen sie doch weitestgehend nur als Kulisse, vor der die Abenteuer stattfinden.
Meyers Sprache ist nicht zu kompliziert, einzig diverse nordische und slawische Namen hemmen den Lesefluss minimal. Da die Kapitel sehr kurz sind – selten sind sie länger als zehn Seiten, oft sind es sogar nur zwei oder drei – lässt sich der Roman recht schnell und flüssig lesen.
Mit einer Karte und einem historischen Nachwort ist der Roman ausreichend ausgestaltet.

Fazit
Ganz anders, als ich erwartet hatte. Logiklöcher und eine doch eher merkwürdig anmutende Handlung führen dazu, dass mich dieser Roman nicht überzeugen konnte, obwohl der Ansatz mit einem bösen Protagonisten doch recht interessant war.

Neue Adresse

Hallo ihr Lieben!

Vielleicht ist es euch schon aufgefallen, vielleicht aber auch noch nicht, aber seit ein paar Tagen hat mein Blog eine neue Adresse. Ihr findet ihn nun unter https://www.lesezeit-blog.de/.
Die alte URL funktioniert noch, allerdings nur als Weiterleitung. Feeds werden darüber leider nicht mehr empfangen.

Bitte aktualisiert doch eure Lesezeichen und Links in euren Blogrolls, falls ihr weiterhin über meine Beiträge auf dem Laufenden gehalten werden wollt.

Ansonsten werden demnächst noch ein paar weitere kleine Neuerungen folgen, aber dazu mehr, wenn es soweit ist. Weitestgehend bleibt alles beim Alten.

Liebe Grüß
Rissa

David Gilman – Das blutige Schwert

AutorDavid Gilman
TitelDas blutige Schwert
OriginaltitelMaster of War: A Legend Forged In Battle
ÜbersetzerAnja Schünemann
SerieMaster of War Band 1
Seitenzahl588
VerlagRoRoRo
ISBN978-3-499-29076-3
Bewertung

Inhalt
England, 1346: Thomas Blackstone, ein junger Steinmetz, ist der Vormund seines minderjährigen Bruders Richard, dem bärenstarken tauben Dorftrottel. Als dieser des Mordes bezichtig wird, steht auch Thomas‘ Leben auf dem Spiel, ist er doch für die Taten seines Bruders verantwortlich. Die einzige Möglichkeit, ihrer beider Leben zu retten, besteht darin, sich dem englischen Heer als Bogenschützen anzuschließen, denn beide Jungen sind darin sehr geübt.
Doch die Realität des Krieges stellt sich doch ganz anders dar, als Thomas es sich hat vorstellen können, was er schon bald nach seiner Ankunft in der Normandie feststellen muss…

Meine Meinung
Schon seit einigen Jahren ist mir dieser Roman in der englischen Fassung immer wieder begegnet, wenn ich nach Empfehlungen gestöbert habe. Als die Reihe dann in deutscher Übersetzung angekündigt wurde, noch dazu in kurzer Folge, war es für mich schon bald selbstverständlich, dass ich sie mir genauer anschauen würde.
Es fällt schwer, hier nicht ständig Vergleiche zu Romanen von Bernard Cornwell zu ziehen, denn sie drängen sich von Beginn an geradezu auf. Dies ist nicht nur negativ zu sehen, da Gilman wirklich gut schreiben kann und es nicht wie gewollt, aber nicht gekonnt wirkt. Es gibt zu Beginn inhaltliche Parallelen, die sich schon aus dem gewählten Schauplatz ergeben, aber auch die Art, schonungslos und detailreich über Kriegshandlungen zu berichten, haben beide Autoren gemeinsam. Dadurch ergab sich für mich etwa im ersten Drittel das Gefühl, dies oder jenes bereits zu kennen und die Handlung vorhersagen zu können. Doch ab einem entscheidenden Wendepunkt entwickelt sich die Geschichte ganz anders, als ich erwartet hatte, und je weiter die Handlung fortschreitet, umso deutlicher ist ein eigener Stil zu erkennen. Im Gegensatz zu Cornwell schafft es Gilman beispielsweise, eine Liebesbeziehung glaubwürdig darzustellen, ohne dabei aber in schwülstige Beschreibungen zu verfallen.
Man mag bezweifeln, dass die Handlung ab dem beschriebenen Wendepunkt wirklich glaubwürdig ist. In meinen Augen ist es weit hergeholt, was dort mit Blackstone geschieht, ich halte es aber nicht für völlig unmöglich, dass ein Mann in dem Alter noch etwas völlig Neues lernt, insbesondere, wenn er eine große Körperbeherrschung besitzt. Außerdem ergeben sich so völlig neue Möglichkeiten, um aus einer anderen Perspektive über den Krieg zu berichten.
Dieser macht den Großteil der Handlung aus, erst die Schlacht von Crécy, über deren Ablauf ich durch diverse andere Romane bereits informiert war, aber eben auch Dinge, die mir weniger bekannt waren, wie beispielsweise die Haltung der Normandie zum französischen König.
Auch wenn Richard ebenfalls ein Blackstone ist, wird schnell klar, dass Thomas die alleinige Hauptperson des Romans ist. Nur er wird hier regelmäßig bei seinem Nachnamen gerufen und benannt.
Thomas ist der beste Bogenschütze des Dorfes, der sein Können zurückstellt, um seinem Bruder diesen Titel zukommen zu lassen. Er ist noch sehr jung, gerade einmal sechzehn Jahre alt, als er in den Krieg zieht, wirkt aber wesentlich älter, da er schon sehr früh schwer arbeiten und Verantwortung übernehmen musste, was ihn sowohl körperlich wie auch geistig und emotional hat reifen lassen. So hatte ich die meiste Zeit über beim Lesen einen wesentlich älteren Mann vor Augen, und nur in Momenten, zu denen seine Jugend zur Sprache kam, wurde mir dies wieder vor Augen gerufen.
Neben Thomas und Richard gibt es noch sehr viele weitere Charaktere. Leider sind die wenigsten individuell ausgearbeitet, oft werden sie nur mit Name und Rang beziehungsweise Funktion eingeführt, tauchen dann über viele Seiten nicht mehr auf, nur um dann plötzlich doch wieder eine Rolle zu spielen. Da es kein Personenregister gibt, habe ich so gelegentlich die Akteure durcheinander gebracht – was aber in den meisten Fällen gar keine so große Rolle spielt.
Die Ausstattung des Romans ist mit historischen Nachbemerkungen und einer farbigen Karte recht spärlich, aber ausreichend.

Fazit
Ein unterhaltsamer Auftakt einer Romanreihe mit einer spannenden Handlung, die stellenweise etwas weit hergeholt scheint.

Elizabeth Chadwick – Die Erbin der Festung

AutorElizabeth Chadwick
TitelDie Erbin der Festung
OriginaltitelShadows and Strongholds
ÜbersetzerNathalie Lemmens
SerieFitzWarin Band 1
Seitenzahl638
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-36346-9
Bewertung

Inhalt
England, 1148: Fulke FitzWarin, der von allen nur Brunin genannt wird, wird im Alter von zehn Jahren zur Ausbildung in den Haushalt von Joscelin de Dinan, einem Freund seines Vaters, gegeben, ganz entgegen der Tradition, ist er doch der älteste Sohn und Erbe. Dort erfährt Brunin all das, was er in seiner eigenen Familie nicht bekommt: Anerkennung, Unterstützung und vor allem Liebe.
Doch in England herrscht Krieg, Lords bekämpfen sich untereinander, Allianzen sind unbeständig, und Frieden ist nicht in Sicht – eine Einladung für manchen Ritter, persönliche Fehden auf dem Schlachtfeld auszutragen…

Meine Meinung
Die Erbin der Festung ist einer der ersten Romane Elizabeth Chadwicks, in denen historisch belegte Personen die Hauptrolle spielen. Es handelt sich hierbei um ein Prequel zu dem einige Jahre zuvor erschienenen Roman Die Braut des Ritters, in dem es um Brunins Sohn und Erben geht. Beide Romane basieren auf einem mittelalterlichen Gedicht, das die historische Abfolge und Fakten nicht allzu genau nimmt, doch Mrs Chadwick hat daraus das beste gemacht und eine plausible Geschichte erzählt, die so oder ähnlich geschehen sein könnte.
Im Mittelpunkt der Handlung steht der junge Fulke FitzWarin, der aufgrund seiner dunklen Haut von allen nur Brunin genannt wird. Es wird beschrieben, wie er, der in seinem eigenen Zuhause nur Ablehnung erfahren hat, sich in seiner Ziehfamilie einlebt, Freundschaften schließt, seine Ausbildung zum Ritter und die erste Liebe erlebt. Auch wenn es die eine oder andere kämpferische Szene gibt, so ist der Roman die meiste Zeit über eher leise gehalten. Gelegentlich wird es ein wenig romantisch, ohne dass es jedoch in irgend einer Form kitschig wird.
Doch auch die Politik wird hier nicht völlig vernachlässigt. Trotz der eher vage gehaltenen zeitlichen Einordnung einzelner Ereignisse sind es doch der Krieg und im späteren Verlauf König Heinrichs Entscheidungen, die die Romanhandlung in gewisse Bahnen lenken, auch wenn sie für weite Teile der Geschichte eher im Hintergrund ablaufen.
Vorwissen über diese Zeit wird nicht benötigt, alles Nötige wird zu gegebener Zeit mitgeteilt und ist klar verständlich, aber wie immer schadet es auch nicht, wenn man sich bereits ein wenig auskennt.
Eine große Stärke des Romans sind die Charakterzeichnungen. Flache, eindimensionale Charaktere sucht man hier vergebens.
Brunin ist ein ruhiger, in sich gekehrter Junge, der es gewohnt ist, von seiner Großmutter beleidigt und von seinen Brüdern, die ihm um das Erstgeborenenrecht beneiden, geärgert zu werden. Hawise, Joscelin de Dinans Tochter, ist das ganze Gegenteil, temperamentvoll, wild und ungestüm und ganz begierig darauf, mit dem neuen Knappen Freundschaft zu schließen. Doch auch Marion, eine Ziehtochter Joscelins, die als Kind stark traumatisiert wurde, spielt eine wichtige Rolle und ist in ihrer verdrehten Art sehr glaubwürdig beschrieben.
Auf Brunins ärgste Gegenspieler trifft man hier schon auf den ersten Seiten, doch auch wenn sie von Beginn an als Antagonisten zu erkennen sind, sind auch sie sehr gut ausgearbeitet. Während Gilbert de Lacy wegen eines Erbstreits gute Gründe hat, Brunin abzulehnen, liegt die Motivation seines Knappen Ernalt in der Freude an der Quälerei Schwächerer.
Wie von Chadwick gewohnt ist an der Sprache nichts auszusetzen, auch die Übersetzung ist gelungen, wenn man von der Übersetzung der Königsnamen absieht.
Außer einem Nachwort zum historischen Kontext gibt es leider kein Zusatzmaterial, was aber für die Zeit der Veröffentlichung nicht ungewöhnlich ist.

Fazit
Eine spannende, überhaupt nicht kitschige Liebesgeschichte zweier historisch belegter Personen vor dem Hintergrund der Anarchy, die ich jedem empfehle, der sich nur im Entferntesten für diese Zeit interessiert.