Autor | Patricia Bracewell |
Titel | Die Normannin |
Originaltitel | Shadow on the Crown |
Übersetzer | Anja Schünemann |
Serie | Emma von der Normandie Band 1 |
Seitenzahl | 633 |
Verlag | RoRoRo |
ISBN | 978-3-499-26944-8 |
Bewertung |
Inhalt
Normandie, 1001: Die fünfzehnjährige Emma ist die jüngste Schwester des Herzogs und als solche eine gute Partie auf dem Heiratsmarkt. Als nun Æthelred, der König der Angelsachsen, durch eine Heirat Verbindungen zur Normandie knüpfen will, ist es an ihr, diesen Pakt zu besiegeln, denn sie ist erwachsener als ihre ältere Schwester und zudem sprachbegabt, eine Eigenschaft, die sie in ihrer neuen Heimat dringend benötigen wird.
König Æthelred ist jedoch wesentlich älter als Emma und hat eigene Kinder in ihrem Alter, Söhne, die ihre Stellung als Thronfolger bedroht sehen, sollte die junge Frau ebenfalls Söhne bekommen. Und auch Elgiva, Tochter des Ealdormans von Northumbria, hasst die Normannin, hat sie sich doch bereits in der Rolle der neuen Königin gesehen…
Meine Meinung
Der Titel des Romans ist leider sehr nichtssagend, beinahe hätte ich diesen Roman deshalb übersehen. Der Originaltitel Shadow on the Crown ist dagegen wesentlich aussagekräftiger und deutet an, worum es hier geht, nämlich um eine junge Königin, deren Stand von mehreren Seiten bedroht wird.
Bei diesem Roman handelt es sich um den Auftakt einer Trilogie über Emma von der Normandie. Emma war eine der großen Frauen im Mittelalter, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten viel bewegt haben. Ihre späteren Jahre sind gut dokumentiert, über ihre Jugend und die Zeit an Æthelreds Seite ist allerdings weniger bekannt.
Patricia Bracewell hat gründlich recherchiert und ein stimmiges Bild einer jungen Königin geschaffen, die in einer neuen Umgebung überwiegend Ablehnung erfährt. Die Verbindung zwischen den Angelsachsen und den Normannen, auf die der spätere Thronanspruch von William I. zurückgeht, die Bedrohung der englischen Küsten durch die Wikinger, die Haltung der Normannen in dem Konflikt, all das sind Themen, die hier angesprochen werden. Politische Zusammenhänge werden einfach dargestellt, so dass man kein Vorwissen benötigt, sie machen jedoch einen nicht geringen Teil der Handlung aus. Lücken in Emmas Biografie und im historischen Ablauf wurden gekonnt gefüllt und mit den Tatsachen zu einer spannenden Geschichte verflochten. Das Ende des Romans bietet mit einem Wendepunkt in Emmas Leben einen passenden vorläufigen Abschluss, es wird auf Cliffhanger verzichtet, trotzdem hat er mich neugierig auf die Fortsetzung gemacht.
Alle paar Kapitel ist ein Ausschnitt aus der Angelsächsischen Chronik abgedruckt, der von dem handelt, was auf den folgenden Seiten beschrieben wird. Dadurch weiß man zwar oft schon grob, was passiert, doch gelegentlich stellt die Autorin dies ganz anders dar, als es die Verfasser der Chronik wahrgenommen haben, so dass diese Ausschnitte meine Neugier nur weiter geschürt haben. Wer aber gänzlich ohne Spoiler weiterlesen möchte, kann diese kurzen Absätze aber auch gut überspringen, da sie eindeutig gekennzeichnet sind.
Die meisten Charaktere werden glaubwürdig dargestellt, ohne dass sie schablonenhaft wirken. Dabei sind die Personen überwiegend historisch belegt, selbst bis hin zu den Nebenrollen.
Emma wird hier als recht erwachsene Fünfzehnjährige beschrieben, die versucht, mit ihrer Situation so gut es geht zurechtzukommen. Sie wird sympathisch dargestellt, so dass ich mit ihr über die Ungerechtigkeiten, die ihr widerfahren, mitgefühlt habe. Anstatt sich aber alles gefallen zu lassen, nimmt sie die Zügel, sofern es ihr möglich ist, selbst in die Hand, ohne dabei aber aus ihrer Rolle zu fallen.
König Æthelred dagegen nimmt hier die Position eines Monarchen ein, der aus Angst, seine Stellung könnte bedroht werden, alle Menschen in seinem Umfeld gegen sich aufbringt. Er war mir von Beginn an unsympathisch, jedoch ist auch seine Haltung in sich stimmig.
Einzig Elgiva, die Tochter eines Ealdormans, war mir als Gegenspielerin Emmas zu schablonenhaft dargestellt, um mich völlig überzeugen zu können.
Der Schreibstil in der Übersetzung ist flüssig zu lesen, so dass die Handlung dadurch gut transportiert wird. Übermäßige Längen habe ich keine festgestellt, hier wurde ein gutes Gespür für das richtige Timing gezeigt. Einige spezielle Begriffe kommen zwar im Roman vor und können den Lesefluss unterbrechen, diese werden jedoch in einem Glossar erklärt.
Daneben gibt es noch ein kurzes Personenregister, das Mitglieder von Adel und Klerus listet, eine Karte Englands, in der die wichtigsten Handlungsorte eingezeichnet sind, sowie ein Nachwort zum historischen Kontext.
Fazit
Hinter dem wenig aussagekräftigen Titel steckt für mich eine der großen Überraschungen dieses Jahres, mit ihrem Debütroman konnte mich Patricia Bracewell voll überzeugen. Wer Bücher von Elizabeth Chadwick mag und sich für diesen Zeitraum der englischen Geschichte interessiert, wird möglicherweise auch mit diesem Roman seine Freude haben.