Autor | Ken Follett |
Titel | Sturz der Titanen |
Originaltitel | Fall of Giants |
Übersetzer | Dietmar Schmidt und Rainer Schumacher |
Serie | Jahrhundert-Trilogie Band 1 |
Seitenzahl | 1022 |
Verlag | Bastei Lübbe |
ISBN | 978-3-404-16660-2 |
Bewertung |
Inhalt
Europa, Januar 1914: In vielen Ländern des Kontinents brodelt es, viele Menschen sind unzufrieden, Großbritanien und das Deutsche Reich liefern sich ein Wettrüsten und Russland und Österreich interessieren sich für den Balkan. Um eine bessere Einschätzung zu gewinnen, wie hoch die Chancen stehen, dass es bald zu einem Krieg kommen könnte, trifft sich König George V. auf Ty Gwyn, dem walisischen Landsitz der Familie Fitzherbert, mit einer Gruppe junger Männer aus verschiedenen Nationen, die intime Einblicke in die Regierungsgeschäfte ihres Landes besitzen.
Noch während der König sich in Wales aufhält, kommt es in den Kohlegruben der Fitzherberts zu einem Unglück, bei dem viele Männer sterben. Wie wird der König sich in dieser Situation verhalten? Und werden die Prognosenüber den Krieg zutreffen?
Meine Meinung
Ken Follett ist im Genre der historischen Romane für seine umfangreichen Erzählungen bekannt, und da ich sehr gerne lange in Geschichten eintauche, habe ich inzwischen auch schon ein paar Romane des Autors gelesen. Doch während mich unter anderem seine Kingsbridge-Bücher von der Handlungszeit her doch sehr ansprechen, ist mein Interesse am zwanzigsten Jahrhundert längst nicht ganz so groß. Und so hat der Auftakt von Folletts Jahrhundert-Trilogie mehrere Jahre darauf gewartet, von mir gelesen zu werden.
Schon nach wenigen Kapiteln zeigt sich, dass es sich hier um einen typischen Roman aus Folletts Feder handelt. Es gibt eine ganze Reihe von Hauptpersonen, die, je nach Handlungszeit und entsprechenden Ereignissen, mal mehr und mal weniger gleichmäßig betrachtet werden und über diverse Länder Europas sowie Amerika verteilt sind, aber irgendwie doch alle in Beziehung zueinander stehen. Sie alle vorzustellen nimmt im Buch recht viel Raum ein, dennoch ist man sofort mitten in der Geschichte drin, auch wenn das erste Kapitel, das drei Jahre vorher spielt, eher eine Art Prolog darstellt.
Dadurch, dass Menschen aus den verschiedenen Ländern betrachtet werden, erhält der Leser ein recht umfassendes, wenn auch vereinfachtes Bild über die Ursachen und den Ablauf des Ersten Weltkriegs. Nachdem ich das Buch beendet hatte, hatte ich das Gefühl, mehr aus diesen gut tausend Seiten gelernt zu haben als aus dem Geschichtsunterricht in der Schule. Egal ob Schlieffen-Plan, die jeweiligen Gründe für den Kriegseintritt der Länder, die den Krieg letzten Endes zum Weltkrieg gemacht haben, die Revolutionen in Russland und die dortige Entwicklung von der Monarchie zur Sowjetrepublik, um nur ein paar Beispiele zu nennen, wird hier leicht verständlich und zudem noch spannend vermittelt, daneben werden aber auch andere politische Themen wie das Wahlrecht in England angesprochen. Aber egal, worum es gerade geht, eine der Hauptpersonen steckt immer irgendwie mitten in den wichtigen Ereignissen drin, und auch wenn dies vielleicht doch etwas weit her geholt scheint, ist es mir nicht negativ aufgefallen.
Bei einigen vorherigen Romanen Folletts war die Einordnung der Charaktere in gut und böse recht starr, man wusste gleich mit dem ersten Auftritt, wie man sie einzuordnen hatte. Hier ist das nicht so extrem der Fall. Auch wenn mir manche Charaktere sympathischer waren als andere, so hat sich diese Einstellung erst nach und nach entwickelt. Der walisische Earl Fitz beispielsweise kam mir zu Beginn eigentlich recht nett vor, doch je weiter die Handlung fortschreitet, umso mehr bin ich von dieser anfänglichen Einstellung abgewichen. Ähnlich ging es mir auch bei anderen Charakteren, es gab eigentlich niemanden, dessen Handlungen mir immer gut und richtig vorkamen. Dabei handelt niemand grundlos böse oder grausam, die Handlungen sind immer durch die Umstände oder eigene Interessen begründet. Dennoch gibt es einige doch eher stereotype Charaktere wie den leichtlebigen Lew Peschkow oder die adlige Suffragette Maud. Bei der Fülle an Charakteren hat mich das aber nicht weiter gestört.
Der Schreibstil ist, wie von Follett gewohnt, schnörkellos und leicht verständlich, und auch die Übersetzung ist mir nicht negativ aufgefallen – bei Übersetzerteams nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit.
Für einen Roman mit einem solchen Umfang, der sich zudem mit der politischen Situation so vieler verschiedener Länder befasst, sind in meiner Ausgabe erstaunlich wenig Zusatzmaterialien enthalten. Einzig ein Personenregister zu Beginn erleichtert den Überblick, ein sehr kurzes Nachwort zum Thema historische und fiktive Charaktere dient hier als Ergänzung. Erwartet hätte ich aber auf jeden Fall noch mindestens eine Karte, vielleicht auch eher zwei, um die Orte der Kriegsschauplätze, der Märsche der Armeen und die Landesgrenzen vor oder nach dem Krieg besser nachvollziehen zu können.
Fazit
Ich weiß nicht, warum ich diesen Roman so lange vor mir her geschoben habe, denn der Roman ist spannend und lehrreich, und es gibt weit weniger starre Charaktere, als ich im Vorfeld vermutet hätte. Wer ein einfaches, umfassendes Bild über diese Zeit erhalten will, sollte einen Blick auf diesen Roman werfen. Der zweite Band der Reihe wird bestimmt nicht mehr lange ungelesen in meinem Regal stehen bleiben.
Hey Rissa,
Eine schöe Rezension zum Buch, die auch meine Meinung in vielen Teilen wiederspiegelt. Das mit dem Zusatzmaterial finde ich auch immer schade. Für die ersten beiden Teile der Jahrhumdert-Saga hat Ken Follett das nicht gemacht, aber zu Edge of Eternity (Kinder der Freiheit) findest du bei YouTube Videos, die ein bisschen was zum Buch und seiner Recherche erzählen. Das nennt sich „On the trail of history“. Für seinen dritten Kingsbridge Roman hat er so ein Video auch gedreht. Ich könnte ihm stundenlang zuhören. Ist aber naürlich auf englisch.
Ich wünsche dir viel Spaß mit den weiteren Bänden dieser Reihe. Teil 2 hat mir auch sehr gut gefallen.
LG, Moni
Hallo Moni,
danke dir! Ich habe wirklich lange gebraucht, mich an das Buch zu wagen, aber am Ende war es dann doch sehr fesselnd, und eben doch deutlich weniger stereoty als erwartet, und auch andere Dinge, die mir weniger gefallen haben, wurden durch die positiven Punkte mehr als ausgeglichen.
Dass es ein wenig mehr Zusatzmaterial zu Kinder der Freiheit gibt ist gut zu wissen, Englisch ist auch kein Problem. Nur warum kann man da nicht einen Teil von verschriftlichen und ins Buch packen? Ich habe gerade mal in meine Ausgabe von Kinder der Freiheit geschaut, auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob es keinen Hinweis auf das Video im Buch selbst gibt. Schade, denn bestimmt werden doch einige interessierte Leser in der Lage sein, ein solches englisches Video zu verstehen. Oder man hätte aushandeln können, dass man das Video mit deutschen Untertiteln versieht…
LG, Rissa
Hey Rissa,
Das kann gut sein, dass es da keinen Hinweis gibt. Die Videos gehörten wohl zum MArketing für die englische Ausgabe. Bei Ken Follett gibt es nie solch Zusatzmaterial, was ich sehr schade finde. Hab jetzt aber auch gerade ein Buch von Lübbe hier, wo es kein Nachwort gibt bei einem historischen Roman. Werde ich dem Autor auf jeden Fall nochmal per mail schreiben, vielleicht gibt es sowas dnn ja bei einer weiteren Auflage oder im Taschenbuch. Wen es nicht interessiert, der liest es halt nicht, aber ich möchte eigentlich immer ein bisschen was zur Recherche erfahren, welche Besonderheiten sind dabei aufgekommen, welche Dinge sind Fiktion und welche Fakt.
LG, Moni
Guten Abend Rissa,
Ich wünsche Dir auch ganz viel Spaß mit dem zweiten Teil. Den fand ich sogar noch einen Tacken besser als den ersten.
Viele liebe Grüße
Chrissi