Archiv des Autors: Rissa

Bernard Cornwell – Das letzte Königreich

AutorBernard Cornwell
TitelDas letzte Königreich
OriginaltitelThe Last Kingdom
ÜbersetzerMichael Windgassen
SerieSaxon Chronicles Band 1
Seitenzahl475
VerlagRoRoRo
ISBN978-3-499-24222-9
Bewertung

Inhalt
Northumbria, 866: Als Drachenboote an der Küste gesichtet werden, stellen sich die Angelsachsen den Wikingern entgegen. Unter ihnen ist Uhtred, Aldermann der Bebbanburg, der von einem Sieg ausgeht und deshalb seinen zehnjährigen Sohn, der ebenfalls Uhtred genannt wird, mit in den Krieg ziehen lässt.
Doch die Engländer geraten in eine Falle, die Verteidiger werden von den Dänen besiegt, der junge Uhtred, der in der Schlacht großen Mut bewiesen hat, gefangen genommen. Doch der Junge fühlt sich bei Earl Ragnar wohl, ist dieses Leben doch so ganz anders als das, was er bisher geführt hat. Nur eines ärgert ihn: Sein Onkel nennt sich nun Aldermann, ein Titel, der einzig ihm zusteht…

Meine Meinung
Das letzte Königreich ist der Auftakt zu einer längeren Romanreihe, deren Ende zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abzusehen ist. Der Ich-Erzähler Uhtred berichtet hier sehr subjektiv über die Ereignisse in seiner Jugend und wertet diese gelegentlich in seinem Rückblick. Dabei erkennt man schon sehr früh, wie hier die Prioritäten gesetzt werden: Die Demonstration von Stärke durch Muskelkraft oder durch Siege im Krieg ringen Uhtred Bewunderung ab, Lesen und Schreiben sowie die christliche Religion, die Barmherzigkeit anstelle von Kampfesmut belohnt, stoßen ihn ab. Romantik kann man hier kaum erwarten, treten insgesamt doch eher wenige Frauen auf, meistens werden sie nur dann genauer beschrieben, wenn sie für die Entwicklung von Uhtreds Lebensweg verantwortlich sind. Dafür gibt es die eine oder andere längere Beschreibung von Schlachten, die zwar nicht ganz so exzessiv ausfallen wie in einigen anderen Büchern Cornwells, dafür aber nicht weniger blutig beschrieben werden. Die Sprache ist direkt, manches Mal auch fast obszön, auch wird mit Schimpfwörtern nicht gespart, doch passt dies zu dem Charakter der Hauptperson.
Zu Beginn des Romans ist Uhtred ein kleiner Junge von gerade einmal zehn Jahren. Obwohl mit dem Tod seines Vaters und mit Sklavenarbeit verbunden, ist das Leben bei den Dänen für ihn aufregend und seinem alten Leben vorzuziehen. Und so ist es kein Wunder, dass er sich bald den Dänen näher fühlt als den Angelsachsen, er spricht ihre Sprache, zieht ihre Götter dem Christentum vor und wird später sogar von Ragnar als Ziehsohn anerkannt. Dennoch ist seine Loyalität nicht unerschütterlich.
Andere Charaktere werden zwar anschaulich, aber nicht allzu ausschweifend beschrieben, was für eine Ich-Erzählung eigentlich die Regel ist. Dies wird dadurch unterstützt, dass Uhtred immer wieder von anderen Personen umgeben ist und selten jemand über einen längeren Zeitraum an seiner Seite bleibt.
In diesem Roman werden, durch die subjektive Beschreibung Uhtreds gewertet, die Eroberung weiter Teile Englands durch die Wikinger und die ersten Jahre Alfreds des Großen als König von Wessex beschrieben. Sehr oft ist der junge Mann Teil des Geschehens und nicht bloß außenstehender Beobachter. Zwischen den großen Ereignissen wird das Leben der Menschen, Däne wie Engländer, beschrieben, wobei hier nicht allzu sehr auf Details eingegangen wird. Die Darstellung halte ich für überwiegend glaubwürdig, auch wenn Uhtred so manches Mal sehr viel Glück hat. Dabei gibt es hier nicht den einen großen Spannungsbogen, vielmehr hangelt sich die Geschichte von Wendepunkt zu Wendepunkt mit kleineren Höhepunkten zwischendurch und einem etwas größeren gegen Ende.
An Zusatzausstattung weist dieses Buch eine Karte sowie Erläuterungen zu Ortsnamen auf, die hier zeitgenössischen Schreibweisen entsprechen. Auch ein Nachwort, unter anderem zum historischen Kontext, ist enthalten und bietet einige weiterreichende Informationen.

Fazit
Der Auftakt zu Cornwells Saxon Chronicles hat mir ausgesprochen gut gefallen, er ist spannend, informativ und herrlich subjektiv. Romantik sollte man nicht erwarten, und große Gefühle gibt es vor allem dann, wenn Uhtred seine Liebe für den Kampf deutlich macht. Wer sich für die Zeit Alfreds des Großen und die Wikinger in England interessiert, dabei aber keine Probleme mit blutigen Beschreibungen hat, darf hier gerne genauer hinschauen.

Robyn Young – Die Blutsfeinde

AutorRobyn Young
TitelDie Blutsfeinde
OriginaltitelRequiem
ÜbersetzerNina Bader
SerieBrethren-Trilogy Band 3
Seitenzahl703
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-36659-0
Bewertung

Achtung: Enthält Spoiler zu Die Blutschrift und Die Blutritter!

Inhalt
Frankreich, 1295: Nach dem Fall von Akkon treibt den Tempelritter William Campbell nur noch eines: Die Rache an König Edward, dem Will die Schuld am Tod einiger geliebter Menschen gibt und der in das Geheimnis der Anima Templi, der geheimen Bruderschaft innerhalb des Tempels, eingeweiht ist. Doch außer Will weiß niemand, wie sehr Edward tatsächlich in finstere Machenschaften verwickelt ist, schließlich hat er über Jahre hinweg seine eigenen Geheimnisse verborgen gehalten.
Doch dann bittet Edward die Templer, ihn in seinem Kampf gegen die Schotten zu unterstützen, einen Kampf Christen gegen Christen in Wills Heimat. Als der Orden zustimmt, muss Will eine wichtige Entscheidung treffen…

Meine Meinung
Die ersten beiden Bände um den fiktiven Tempelritter William Campbell, der zudem auch noch Mitglied einer geheimen Bruderschaft ist, konnten mich beim Lesen mitreißen, beide habe ich nicht nur ein Mal mit Begeisterung gelesen. Dieser dritte Band dagegen hat mir zwar immer noch gefallen, kann aber nicht vollständig mithalten.
Geschichtlich gesehen beschreibt der Roman eine interessante Zeit, zum einen die letzten Jahre der Tempelritter, zum anderen die schottischen Unabhängigkeitskämpfe unter William Wallace und Robert Bruce, und Will, als Templer schottischer Herkunft, steckt hier mitten drin. Und genau darin liegt auch eine der Schwächen des Romans: Der Versuch, die Brücke zwischen beiden Ereignissen zu schlagen, gelingt der Autorin nicht vollständig, weil unweigerlich Vieles auf der Strecke bleiben muss. So bekommt man viele Dinge nur nebenbei mit, wer sich mit der Zeit beschäftigt hat, kann die Lücken mit Ereignissen füllen, wer sich jedoch nicht auskennt, wird sich möglicherweise häufiger fragen, wie es jetzt dazu gekommen ist.
Will Campbell ist inzwischen nahezu fünfzig Jahre alt, ein gestandener Mann und erfahrener Kämpfer, und trotzdem ist er noch immer ein Hitzkopf wie zu seiner Jugend. Und so lässt er sich zu einer unüberlegten Tat hinreißen, die sein weiteres Leben in eine ganz andere, unerwartete Richtung lenkt. Trotzdem ist er noch derselbe wie in den Vorgängern, er versucht auf seine eigene Weise, Unheil abzuwenden und kann sich nicht von der politischen Spielwiese zurückziehen. Nicht wenige seiner Entscheidungen waren mir hier zu übertrieben, scheint er doch alleine gegen zu viele Mächtige kämpfen zu wollen.
Intrigen, Spionage und politische Verwirrungen kommen in diesem Roman nicht zu kurz, Will ist mal hier, mal da beschäftigt, und immer wieder steht er auch in Kontakt zu alten Freunden. Die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Szenen sind dabei nicht immer klar, besonders wenn man ohne Vorkenntnisse dieser Zeit an diesen Roman herangeht, könnte es sehr verwirrend werden.
Mehr als ein Mal gerät Will in Gefangenschaft, für meinen Geschmack zu oft, zudem er meist nur durch viel Glück entkommen kann.
Die geheime Bruderschaft Anima Templi, deren Kopf Will zwischenzeitlich war und die er bald verlässt, spielt in diesem Roman eine wichtige Rolle. Wer die vorherigen Bände nicht kennt, könnte möglicherweise seine Schwierigkeiten mit dieser Geheimgesellschaft haben, wird doch kaum auf die ersten beiden Bände Bezug genommen. Aus diesem Grund würde ich nicht empfehlen, diesen dritten Band für sich zu lesen.
Der Schreibstil ist angenehm, die Übersetzung von Nina Bader wie gewohnt gut zu lesen. Allzu blutige Beschreibungen findet man hier nicht vor, doch sollte man sich bewusst sein, dass auch hier Krieg ein wichtiges Thema ist, selbst wenn ein Großteil der Handlung sich eher auf der politischen Ebene abspielt. Romantik wird man dagegen kaum vorfinden, auch wenn hier und da kleinere Andeutungen erkennbar sind.
Der Roman wird durch etliche Zusatzmaterialien abgerundet. So findet man vorne eine Europakarte, die grob die wichtigsten Orte darstellt, hinten im Buch sind zudem ein Personenregister, ein Glossar und ein Literaturverzeichnis zu finden. Ein Nachwort zum historischen Kontext liefert einige Hintergründe nach und erläutert, wo die Autorin von Tatsachen abgewichen ist.

Fazit
Auch wenn mich dieses Buch nicht so sehr packen konnte wie wie Vorgänger, habe ich es gerne gelesen. Im Gegensatz zu diesen wird es hier um einiges politischer, die Zusammenhänge sind nicht immer klar erkennbar, zudem sind mir manche von Wills Handlungen nicht ganz überzeugend dargestellt. Für diejenigen, die sich für die letzten Jahre der Templer interessieren, möglicherweise ein ansprechender Roman, jedoch sollten die Vorgängerbände bekannt sein, um Zusammenhänge verstehen zu können.

Robyn Young – Krieger des Friedens

AutorRobyn Young
TitelKrieger des Friedens
OriginaltitelRenegade
ÜbersetzerNina Bader
SerieInsurrection Trilogie Band 2
Seitenzahl638
VerlagBlanvalet
ISBN978-3-442-37247-8
Bewertung

Achtung: Diese Rezension enthält kleinere Spoiler zu Rebell der Krone!

Inhalt
Irland, 1299: Robert Bruce ist von seinem Amt als Hüter Schottlands zurückgetreten, um sich auf die Suche nach dem Stab des Malachias zu begeben. Er will verhindern, dass dieser König Edward in die Hände fällt, denn einer Prophezeiung zufolge würde dies eine Einigung der britischen Reiche unter englischer Herrschaft bedeuten, dabei ist die Unabhängigkeit Schottlands Roberts größter Wunsch.
Während die Suche selbst erfolgreich verläuft, endet die Reise für Robert selbst nicht ganz so glimpflich, denn er wird gefasst und von Richard de Burgh, dem Earl of Ulster, gefangen gehalten.
In der Zwischenzeit befindet sich Edward wieder einmal auf Kriegszug in Schottland.

Meine Meinung
Der zweite Band dieser Trilogie setzt einige Monate nach Ende des ersten ein, so dass die Geschichte nahezu nahtlos weitererzählt wird. Auf Rückblicke auf den ersten Band wird weitestgehend verzichtet, Personen werden höchstens ganz kurz vorgestellt, nicht so ausführlich, wie es in Rebell der Krone der Fall war. Auch wenn ein sehr umfangreiches Personenregister die Orientierung erleichtert, würde ich nicht empfehlen, mit diesem Band in die Geschichte um Robert Bruce einzusteigen.
Wie schon im letzten Band wird Robert überwiegend sympathisch beschrieben, dennoch tut er Dinge, die mir nicht gefallen haben oder die ich aus meiner Sicht schwierig nachvollziehen kann, die aber im Rahmen des Romans logisch erscheinen. Er ist ein Mensch seiner Zeit, er hat das große Ziel im Auge und setzt dafür viel aufs Spiel. Robyn Young schafft es, Robert Bruce lebendig werden zu lassen und findet Motive für sein Handeln wie beispielsweise gelegentliche Wechsel der Seiten. Er hat Ecken und Kanten, und besonders im Umgang mit Elizabeth de Burgh zeigt er seine negativen Seiten.
Auch manch andere Charaktere werden vielschichtig und glaubwürdig beschrieben, doch aufgrund der Fülle an Personen kann einfach nicht jede vollständig charakterisiert werden, so dass einige eher oberflächlich dargestellt werden. Insbesondere König Edward wird hier überwiegend negativ beschrieben, ist er doch der Aggressor, der für Unfrieden in Schottland sorgt, doch ist die Darstellung nicht so einseitig, dass sie vollständig aus der Luft gegriffen wirkt.
In Krieger des Friedens wird ein Zeitraum von etwa sechs Jahren abgedeckt, in denen der Freiheitskampf der Schotten mal mehr, mal weniger erfolgreich war. Dadurch kommt es zu einigen Kämpfen, die zwar ausführlich, aber nicht bis ins Detail beschrieben werden. Dennoch sollte man nicht allzu zart besaitet sein, denn ganz kann auf blutige Darstellung von Gewalt nicht verzichtet werden.
Lücken in der Überlieferung werden wie im Vorgängerband gekonnt genutzt, um eine spannende Geschichte zu erzählen, auch wenn dadurch Abweichungen in der eigentlichen Abfolge der Ereignisse in Kauf genommen werden müssen. Die Darstellung ist dennoch glaubhaft und hat dazu geführt, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen wollte.
Der Schreibstil in der Übersetzung von Nina Bader ist gewohnt gut und flüssig, einzig die Häufung an erweiterten Partizipien hat mich manches Mal leicht irritiert, aber man gewöhnt sich daran.
Das Buch weist einiges an Zusatzmaterial auf: Neben dem oben erwähnten Personenregister und einem Nachwort zum historischen Hintergrund gibt es noch ein Glossar sowie zwei Karten.

Fazit
Eine gelungene, spannende Fortsetzung zu Rebell der Krone, die ich Interessierten an schottischer Geschichte empfehlen möchte und die sich trotz der Fülle an Personen auch als Einstieg in dieses Thema eignet.

Vielen Dank an den Blanvalet-Verlag und das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!

Emma Campion – Die Vertraute des Königs

AutorEmma Campion
TitelDie Vertraute des Königs
OriginaltitelThe King's Mistress
ÜbersetzerJens Plassmann
Seitenzahl768
VerlagHeyne
ISBN978-3-453-54533-5
Bewertung

Inhalt
London, 1355: Die Kaufmannstochter Alice Salisbury ist noch ein junges Mädchen, als sie mit dem wesentlich älteren Janyn Perrers, einem Händler mit lombardischen Wurzeln, verheiratet wird. Obwohl diese Ehe arrangiert ist, ist Alice mit ihrem Ehemann sehr glücklich. Doch mit dem sich verschlechternden Gesundheitszustand Isabellas, der Mutter König Edwards III., steigt auch die Gefahr, denn Janyns Familie hütet ein großes Geheimnis, dessen Inhalt Alice unbekannt ist. Um seine junge Frau zu schützen, schickt Janyn sie an den Hof Königin Philippas. Doch Alice möchte nicht von ihrer Familie getrennt sein, geht sie doch ganz in ihrer Rolle als Mutter und Geschäftsfrau auf. Und dann schenkt der König der jungen Frau mehr Beachtung, als er eigentlich sollte…

Meine Meinung
Über die historische Alice Perrers ist wenig bekannt, weder wie alt sie war, als sie in den Dienst des Königshauses getreten ist, noch ob Perrers ihr Mädchenname war oder sie bereits verheiratet war oder welchem Stand sie entstammt. Hier gibt es die unterschiedlichsten Vermutungen. Die Geschichtsschreibung stellt die junge Frau nicht besonders positiv dar, häufig wird sie als machthungrige Person ohne Anstand beschrieben. Mit diesem Roman versucht Emma Campion, sie zu rehabilitieren, indem sie davon ausgeht, dass eine junge Frau im 14. Jahrhundert kaum selbst über ihr Leben entscheiden kann, dass Alice‘ Lebensweg erst von den Eltern, dann von dem Ehemann und später von König und Königin bestimmt wird.
Das hat zur Folge, dass Alice sehr passiv dargestellt wird. Sie kann nicht anders, als alles mit sich geschehen zu lassen, was sie als Ich-Erzählerin gelegentlich noch einmal betont. Dies wird mitunter ziemlich anstrengend, sieht man doch, wie sie immer tiefer in den Strudel hineingerät und nicht in der Lage ist, sich herauszumanövrieren.
Die Gründe, aus denen Emma an den Hof der Königin geschickt wird, erscheinen mir etwas weit hergeholt, wenn auch nicht völlig absurd. Dabei weiß Alice die ganze Zeit, dass es ein Geheimnis gibt, das die Mutter des Königs betrifft, es wird immer wieder davon geredet, doch aufgelöst wird es erst recht spät. Dabei nimmt es über einen nicht geringen Teil des Romans eine wichtige Rolle ein, was mich irgendwann sehr gestört hat. Als dies endlich geklärt war, war der Roman wesentlich weniger anstrengend zu lesen, doch geht es ab diesem Zeitpunkt wirklich hauptsächlich um Alice und ihren Stand am Hof. Politische Ereignisse werden nur erwähnt, wenn sie die junge Frau selbst betreffen, und werden nicht selten nur oberflächlich gestreift. Vorwissen über diese Zeit, über Edwards Mutter Isabella, über Edward und seine Kriege, würde ich auf jeden Fall empfehlen, auch wenn es für die Handlung um Alice selbst nur am Rande wichtig ist.
Obwohl Alice hier selbst als Ich-Erzählerin agiert, hatte ich Schwierigkeiten damit, mir ein Bild von ihr zu machen. Sie stellt sich selbst zu sehr als armes, missverstandenes Mädchen hin, als die perfekte Frau, die immer gehorcht, als dass sie völlig glaubwürdig herüberkommt. Einige der anderen Charaktere waren gut beschrieben, so dass ich sie mir vorstellen konnte, sowohl vom Aussehen als auch vom Charakter her, viele andere sind dagegen sehr schwer fassbar, da sie, wie es bei Romanen in dieser Perspektive nicht ungewöhnlich ist, eher oberflächlich beschrieben werden.
Die Sprache ist zweckmäßig, der Roman ist leicht zu lesen. Einzig irritierend fand ich, dass Titel als Namenszusatz in englischer Sprache belassen wurden, also beispielsweise vom Duke of Lancaster oder von Queen Philippa die Rede ist, doch dann wieder von Herzog und Königin gesprochen wird. Besser hätte mir die konsequente Übersetzung der Titel gefallen.
Ergänzend zu dem Roman findet sich ein recht kurz gefasstes Personenregister, welches die historischen Personen auflistet, zwei grobe Karten über Alice‘ Besitzungen sowie ein Nachwort, in dem die Autorin auf die Person Alice Perrers und ihren Ruf eingeht.

Fazit
Eine andere Sicht auf Alice Perrers, die weitestgehend einen schlechten Ruf hat. Leider kann die sehr passive Darstellung der jungen Frau nicht vollständig überzeugen.

In histfic we kill them because they died.

Vielleicht ist es euch auch schon einmal so ergangen: Ihr lest einen historischen Roman, fiebert mit den Haupt- und Nebencharakteren mit, und plötzlich und unerwartet stirbt eine der liebgewonnenen Figuren. Ihr seid entsetzt und fragt euch, warum es gerade diese Person treffen musste, doch dann schlagt ihr bei Wikipedia nach und stellt fest, dass der Autor gar nicht anders konnte, schließlich handelt es sich um eine historische Person, die nun einmal genau zu diesem Zeitpunkt unter diesen Umständen gestorben ist.

Die Autorin Patricia Bracewell hat dies neulich auf ihrer Facebook-Seite so beschrieben:

Patricia Bracewell

Eigentlich habe ich diese Einstellung immer für selbstverständlich gehalten, denn historische Romane sollen zwar in erster Linie unterhalten, aber eben auch die Vergangenheit, ob nun mit fiktiven oder historischen Charakteren, so abbilden, wie sie hätte sein können. Dazu gehört dann eben, dass Personen ums Leben kommen, wenn ich es eigentlich gar nicht lesen will, und andere, verhasste Charaktere allen Widrigkeiten zum Trotz länger leben und wirken als es mir gefällt. Doch neben dem Datum und den Umständen des tatsächlichen Todes gehört für mich zur Darstellung historischer Charaktere auch dazu, dass auch sonstige wichtige Lebensdaten in etwa stimmen, sofern sie bekannt sind.

Aber haben die Autoren tatsächlich keine Wahl?

In den letzten paar Jahren habe ich mehrere Romane gelesen, deren Autoren sich recht große Freiheiten in der Darstellung der Ereignisse nehmen. Manchmal sind historische Nachbemerkungen vorhanden, in denen dann auf Änderungen eingegangen wird, in anderen Fällen bin ich durch eigene Recherche auf Unstimmigkeiten gestoßen.
Kleinere Anpassungen aus dramaturgischen Gründen sehe ich dabei recht gelassen, denn ich will mich schließlich unterhalten lassen und einen Roman, keine geschichtliche Abhandlung lesen, und irgendwo muss ein Autor ja auch gewisse Freiheiten haben. Aber gelegentlich passiert es auch, dass jemand, der eigentlich längst tot sein sollte, quicklebendig durch einen Roman hüpft. In den beiden Fällen, die mir spontan einfallen, wäre dies allerdings nicht einmal notwendig gewesen, die Rollen hätte auch irgend eine andere Person ausfüllen können, ob nun fiktiv oder real. Muss man also, nur um noch einen großen Namen nennen zu können, die Glaubwürdigkeit des Romans riskieren? Denn in dem Fall wird ja die Vergangenheit nicht mehr so abgebildet, wie es tatsächlich gewesen sein könnte, denn diese Person hätte definitiv nicht anwesend sein können.
In einem anderen Fall haben die Autoren eine wichtige Nebenperson gegen Ende des Romans getötet, obwohl diese noch lange über diesen Zeitpunkt hinaus gelebt hat. Zudem hat in diesem Fall sehr wenig Material über die historischen Persönlichkeiten die Jahrhunderte überdauert, so dass ich es noch trauriger finde, dass dieses nicht dazu genutzt wurde, eine glaubwürdige Geschichte zu erzählen.

Auch wenn ich traurig bin, wenn eine geliebte Person im Roman sterben muss, weil dies nun einmal in der Realität so passiert ist, so sehe ich dies wesentlich lieber, als wenn Autoren den Tod ignorieren und dadurch die Geschichte verändern.

Wie seht ihr das? Räumt ihr den Autoren hier große Freiheiten ein oder bevorzugt ihr es so dicht an der Realität wie möglich?