Autor | Andrea Schacht |
Titel | Der Bernsteinring |
Serie | Ring-Trilogie Band 2 |
Seitenzahl | 445 |
Verlag | Blanvalet |
ISBN | 978-3-442-36033-8 |
Bewertung |
Inhalt
Köln, ca. 2002: Nachdem Anahita Kaiser und ihre Halbschwester Rose die Geschichte der Keltin Annik zusammen gesetzt haben, die ihr Vater ihnen episodenhaft erzählt hat, müssen sie erkennen, dass diese sehr viele Parallelen zu ihrem eigenen Leben bereit hält. Und so hält Anita die Augen offen, in der Hoffnung, dem mysteriösen Valerius wieder zu begegnen.
In der Zwischenzeit analysieren die jungen Frauen ein Stundenbuch, das über Umwege in den Besitz ihres Vaters gelangt ist und das ebenfalls irgendwie in Verbindung zu ihnen zu stehen scheint.
Köln, 1486: Anna Dennes ist als Tochter einer Kurtisane ohne große Zukunftsaussichten. Doch durch die Hilfe eines Gönners wird sie in einem Damenstift aufgenommen. Ihre Liebe zu dem älteren Mann bleibt allerdings unerwidert…
Meine Meinung
Als ich vor vielen Jahren auf die Ring-Trilogie von Andrea Schacht gestoßen bin, habe ich mir alle drei Bände sofort gekauft und diesen Kauf nie bereut. Inzwischen habe ich die kurzweilige Reihe mehrfach gelesen und jedes Mal genossen.
Dieser zweite Band schließt mit der Rahmenhandlung der Gegenwart direkt an die des ersten Bandes an. Zwar gibt es eine kurze Zusammenfassung über die Ereignisse aus dem ersten Band, über weitere Details wird man nach und nach informiert, nämlich immer dann, wenn es für die weitere Handlung nötig ist. Dennoch würde ich nicht empfehlen, den zweiten Band zu lesen, ohne den ersten zu kennen, auch wenn die Handlung der Vergangenheit, die den Großteil des Romans ausmacht, in sich abgeschlossen ist, denn dann verpasst man einfach zu viel.
Die Handlung in der Vergangenheit ist dagegen in sich abgeschlossen und beschreibt das Leben einer jungen Frau Ende des 15. Jahrhunderts in Köln. Anna Dennes würde gerne einem Damenstift beitreten, wo sie ein ruhiges Leben führen, zeichnen und lesen kann. Als Tochter einer Kurtisane steht ihr dieser Weg jedoch nicht offen. Doch dann findet sich plötzlich ein reicher Gönner, der eine Geschichte erfindet, die Anna dennoch ein solches Leben ermöglicht.
Die Geschichte verläuft eher gemächlich, tatsächliche Spannung entwickelt sich erst gegen Ende hin. Dennoch weiß der historische Teil des Romans zu fesseln, gibt es doch so manche Wendung, die überraschen kann. Zudem ist es spannend, zu sehen, wie die Charaktere, die denen der Gegenwart wie auch denen aus dem ersten Band entsprechen, hier in die Geschichte eingebunden werden, dabei aber doch immer wieder deutliche Unterschiede in Alter, Verwandtschaftsbeziehung, dem äußeren Erscheinungsbild oder der Herkunft zeigen.
Beschrieben wird ein Zeitraum von rund zwölf Jahren. Dabei wird das Leben in der Stadt Köln sehr anschaulich dargestellt, der Umbruch vom Mittelalter zur Renaissance ist deutlich spürbar, und auch die Entdeckung der Neuen Welt spielt zumindest nebensächlich eine Rolle. Dennoch sollte man nicht erwarten, viel über historische Großereignisse zu erfahren, dafür ist aber der Alltag umso bildlicher beschrieben.
Diese Geschichte aus der Vergangenheit wird immer wieder durch die Rahmenhandlung der Gegenwart unterbrochen, in der berichtet wird, wie sich die jungen Frauen Rose und Anita mit einem geheimnisvollen Stundenbuch beschäftigen, kräftig unterstützt durch Roses Halbschwester Cilly. Daneben versucht Anita, Informationen über den geheimnisvollen Valerius zu erhalten, der kurzzeitig in ihr Leben getreten, dann aber wieder verschwunden ist. Und auch das Leben nach den Operationen, die nach Anitas schrecklichen Unfall nötig sind, will geplant werden…
Die Rahmenhandlung beschreibt einen Zeitraum von einigen Monaten, wobei immer wieder längere Passagen ausgelassen oder nachträglich zusammengefasst werden. Sie ist sehr kurzweilig beschrieben. Aus der Ich-Perspektive wird erzählt, welche Fortschritte Anita in jedem der oben erwähnten Bereiche macht. Dabei ist die junge Frau nicht auf den Mund gefallen, nicht selten haben mich ihre Aussagen zum Schmunzeln gebracht.
Nicht ganz offensichtlich ist, wie die jungen Frauen nur anhand einiger Bilder und Sprüche aus einem Stundenbuch, eines Rings sowie weniger Träume eine Geschichte entwickeln können, die nicht nur ihrer Phantasie entspricht, aber dies ist ein eher kleiner Kritikpunkt.
Gestört hat mich dagegen ein wenig, wie schnell Anita, Rose und Cilly die mystischen Aspekte ihres Lebens akzeptieren. Egal ob Horoskope oder eben die Tatsache, dass sie möglicherweise schon einmal gelebt haben, alles wird sehr schnell als gegeben hingenommen und darauf aufgebaut. Dabei spielt dieser Aspekt eine größere Rolle als noch im ersten Band.
Die Charaktere der Vergangenheit wie auch der Gegenwart sind sehr vielschichtig beschrieben, manche sind sympathischer, andere weniger, die meisten zeigen verschiedene Facetten, so dass hier keine starre Schwarz-Weiß-Malerei festzustellen ist.
Die Liebe spielt in beiden Handlungssträngen eine nicht unwichtige Rolle, ist jedoch nie dominant. Auf Sexszenen wird nicht völlig verzichtet, sie sind jedoch alles andere als explizit.
Sprachlich ist auffällig, dass hier, wie schon beim Vorgänger, in beiden Zeitebenen sehr viel mit wörtlicher Rede gearbeitet wird, manchmal mehrere Seiten am Stück, nur sehr selten unterbrochen durch ergänzende Sätze. Gelegentlich kann man da schon mal den Überblick darüber verlieren, wer nun gerade spricht, abgesehen davon sorgt dies aber für eine hohe Lebendigkeit der Geschichte, so dass man geradezu durch die Seiten fliegen kann.
Die Sprache ist modern gehalten, was in der Gegenwart nicht weiter auffällt, in den historischen Passagen aber eher ungewohnt ist.
Auf Zusatzmaterial muss man weitestgehend verzichten, einzig ein amüsantes Personenregister ist neben einem kurzen Vorwort vorhanden.
Fazit
Auch der zweite Band der Trilogie ist wieder sehr unterhaltsam und durch die lockere Schreibweise sehr gut und flüssig zu lesen, so dass das Lesen an sich einfach Spaß macht. Leider ist die Handlung der früheren Zeitebene doch recht unscheinbar und wenig spannend. Im Rahmen der Trilogie ist dieser Roman auf jeden Fall lesenswert, als Einzelband würde ich ihn nicht empfehlen.