Autor | Peter Prange |
Titel | Die Principessa |
Seitenzahl | 499 |
Verlag | Knaur |
ISBN | 978-3-426-63923-8 |
Bewertung |
Inhalt
Rom, 1623: Clarissa Whetenham, eine junge Katholikin, befindet sich kurz vor ihrer geplanten Hochzeit auf einer Bildungsreise durch Europa. In Rom kommt sie bei ihrer Cousine Olimpia Pamphili unter, obwohl ihr als Engländerin der Besuch der Ewigen Stadt eigentlich verboten ist.
Durch eine Begegnung mit dem englischen Botschafter ist ihr eine Rückkehr in die Heimat verwehrt, was ihr nur Recht ist, denn so hofft sie, die arrangierte Heirat doch noch abwenden zu können.
Schon bald trifft die junge Frau, die von allen nur Principessa genannt wird, auf zwei faszinierende junge Männer und begnadete Künstler, die kaum unterschiedlicher sein könnten: Lorenzo Bernini und Francesco Castelli…
Meine Meinung
In diesem ersten Band der ursprünglichen Weltenbauer-Trilogie nimmt sich Peter Prange der Architektur und Bildhauerei zur Zeit des Barocks an. Im Mittelpunkt steht hier der Streit zwischen den bekannten Künstlern Lorenzo Bernini und Francesco Castelli, der besser unter dem Namen Francesco Borromini bekannt ist. Als Bindeglied zwischen den beiden Männern dient mit Clarissa Whetenham ein fiktiver Charakter, jedoch passt sie hier sehr gut ins Bild.
Sämtliche Charaktere, ob nun fiktiv oder historisch, werden sehr gut dargestellt. Nicht wenige von ihnen machen eine Wandlung durch, die glaubwürdig beschrieben ist. Auch Stereotype findet man hier nicht.
Dabei ist Clarissa zunächst eine leicht naive junge Adelige, die künstlerisch interessiert ist und über eine ausgezeichnete Bildung verfügt. Im Lauf der Jahre reift sie heran, ihre Einstellungen ändern sich, doch bleibt sie weitestgehend sympathisch, ihre Entscheidungen nachvollziehbar, auch wenn sie mir manches Mal nicht gefallen haben.
Dagegen konnte ich mich so manches Mal über Lorenzo Bernini aufregen. Der Künstler ist extrem von sich selbst eingenommen und zögert auch nicht davor zurück, den Ruhm einzuheimsen, der eigentlich anderen gebührt. Dennoch hat er auch seine positiven, liebenswerten Seiten, die erklären, weshalb die Freundschaft zwischen ihm und Clarissa Bestand hat.
Auch Francesco Borromini ist kein einfacher Charakter, er ist aufbrausend und in sich gekehrt, seine Kunst sehr speziell, weshalb er viel Kritik einstecken muss. Von seinen Visionen lässt er sich jedoch nicht abbringen.
Die Personenkonstellation lässt vermuten, dass hier auch die Liebe eine große Rolle spielt. Dies ist jedoch eher eingeschränkt der Fall, einen romantischen Liebesroman sollte man hier nicht erwarten.
Vielmehr werden hier wohl überwiegend die Leser angesprochen, die künstlerisch und architektonisch interessiert sind und möglicherweise auch schon einige der angesprochenen Gebäude in Rom besucht haben. Wer sich dafür aber weniger begeistern kann, könnte sich hier möglicherweise langweilen, weil die Arbeit der Künstler sehr ausführlich beschrieben wird und dabei auch diverse Fachbegriffe verwendet werden.
Den Mächtigen Roms wird ebenfalls viel Aufmerksamkeit gewidmet, sind es doch die Päpste, die die Künstler fördern oder aber vernichten können. Doch nicht jeder Papst nutzt seine Macht für edle Zwecke, viel zu häufig spielt auch Eitelkeit und Einfluss eine große Rolle.
Auffallend ist, dass der Roman nahezu ausschließlich in Rom spielt. Clarissa verlässt die Stadt zwar hin und wieder, doch werden diese Zeiten, meist mehrere Monate oder sogar Jahre, dann einfach übersprungen. Wie es der jungen Frau in dieser Zeit ergangen ist und was die anderen Charaktere in der Zwischenzeit erlebt haben, wird dann nur kurz angerissen. So werden recht ereignislose Monate problemlos übersprungen, gerne hätte ich aber an mancher Stelle mehr erfahren. Dies hätte aber wohl den Rahmen des Romans gesprengt.
Der Schreibstil hat mir dagegen nicht ganz so gut gefallen, er ist sehr förmlich und gestelzt. Dies wird dadurch verstärkt, dass die Charaktere sich untereinander siezen, was mir schon ein wenig merkwürdig vorgekommen ist, denn im deutschen Sprachgebrauch war diese Anrede zu dieser Zeit noch nicht üblich. Da ich aber nicht weiß, wie es in der italienischen Sprache aussah, habe ich es einfach so hingenommen und mich nach einiger Zeit auch daran gewöhnt.
Zusätzlich ist das Buch noch mit einer Karte Roms sowie einer Erklärung über die Zeitabläufe, wie sie heute bekannt sind, ausgestattet.
Fazit
Dafür, dass ich keine allzu hohen Erwartungen an diesen Roman hatte, bin ich positiv überrascht worden. Auch wenn ich wenig von Architektur verstehe und mir so einige Beschreibungen nicht gerade bildlich vorstellen konnte, hat mich der Roman schon nach wenigen Seiten fesseln können.
Oh, das lese ich ja jetzt erst – klingt überraschend reizvoll. Vor allem angesichts der Tatsache, dass ich im April nach Rom fahren – äh, fliegen werde. :-)
Das mit dem Siezen ist mir auch schon bei mehreren Romanen untergekommen inzwischen, und es irritiert mich jedes Mal wieder. Verstehe ich gar nicht, wie man das machen kann – ehrlich gesagt: Selbst, wenn ich jetzt rausfinden würde, dass das doch früher üblich gewesen wäre, ich würde „Ihr“ vorziehen, weil das die Leser erwarten und es zum historischen Flair beiträgt. Und wenn ich es herausfinden und doch „Sie“ benutzen würde, dann würde ich es zumindest groß im Nachwort erläutern. So muss man ja annehmen, dass da schlampig recherchiert wurde. Wobei das „Ihr“ ja nicht mal was Ungewöhnliches ist, ein Großteil aller anderen historischen Romane nutzt die Anrede ja schließlich problemlos und vermutlich, ohne überhaupt nochmal nach Anredeformen zu recherchieren. Ich sage ja: Ich verstehe es nicht.
Wenn ein Roman in Deutschland ab Anfang des 19. Jahrhunderts spielt habe ich mit dem Siezen keine Probleme. Da hat das Sie so langsam den Pluralis Majestatis abgelöst. Bei den ersten historischen Romanen, die ich über diese Zeit gelesen habe, war ich da auch irritiert, aber man gewöhnt sich daran.
Hier aber hatte ich den Eindruck, dass es nicht so recht passen will. Trotzdem hat mir der Roman gefallen, eine möglicherweise falsche Anredeform alleine macht ja nicht den ganzen Roman aus. Und nachdem ich mich erst einmal an diese Distanz gewöhnt hatte, war ich auch schon richtig in der Geschichte drin.
In Rom war ich auch schon einmal, wenn auch nur für einen Tag vor mehr als meinem halben Leben. Die Stadt ist einfach nur faszinierend, und ich wünsche dir schon jetzt viel Spaß dabei, sie zu erkunden!
Man kann es auch im 18. Jahrhundert schon verwenden, dann wohl eher als ehrerbietige Anrede unter feinen Leuten. Aber im 17. oder gar 16. Jahrhundert, wo ich es gerade vorfinde in dem Roman, den ich gerade lese, hat das „Sie“ nichts zu suchen. Da kann man eher mal „Erzen“. Und ja, ich habe das für meinen eigenen Roman tatsächlich recherchiert. Exakt wissen kann man das alles nicht so genau, weil man natürlich nur schriftliche Quellen hat, wo manches u.U. nochmal anders verwendet wurde als im alltäglichen mündlichen Gebrauch, aber dass das Siezen erst Ende des 18. Jahrhunderts modern wurde, darüber herrschte Einigkeit in der Literatur, die ich da gelesen habe.
Regelrecht stören tut mich die Verwendung von „Sie“ in früheren Zeiten aber auch nicht, solange der Roman sonst gut ist. :-)